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Republik oder Monarchie? Das Ende einer Illusion

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„Die stärkste Seite der Regierung Fälldin“, sagte ein Mitglied des schwedischen Reichstags, „ist diese miserable Opposition, die nicht weiß, was sie will, und die das, was sie gestern wollte, heute schon wieder vergessen hat.“

Im politischen Programm der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Schwedens, das auf dem Parteikongreß des Jahres 1975 angenommen wurde, steht im ersten von 36 Abschnitten die Forderung nach Einführung der Republik. Noch vor der Parlamentswahl vom September 1976 hatte der Abfall einer sozialdemokratischen Abgeordneten zur Einsetzung einer Kommission geführt, die Möglichkeiten zur Einführung der weiblichen Thronfolge prüfen, also im Grunde genommen vorbereiten sollte. Nun wird die Regierung in den nächsten Wochen den Antrag auf eine Verfassungsänderung vorlegen, die das Recht auf die Thronfolge dem erstgeborenen Nachkommen des regierenden Monarchen zuspricht, gleichgültig, ob es sich um einen Sohn oder eine Tochter handelt.

Bisher war nur ein Sohn des Königs erbberechtigt, und dieser war überdies in der Wahl seiner Gattin nicht frei. Alle einschränkenden Bestimmungen sollen aber nun wegfallen, auch für die Zweit- oder Drittgeborenen. Es liegt auf der Hand, daß eine solche Verfassungsänderung zu einer Stärkung der Monarchie führt.

Nun muß eine solche Verfassungsänderung von zwei aufeinander folgenden Parlamenten beschlossen werden, also von dem jetzt amtierenden, und dem, das im Herbst 1979 gewählt werden wird. Damit ergibt sich für die Sozialdemokratie die Möglichkeit, eine solche Ausweitung der monarchischen Erbrechte zu verhindern, denn alle Wählerbefragungen, die seit Beginn des Jahres 1977 durchgeführt worden sind, weisen darauf hin, daß die Sozialdemokraten bei einer jetzt durchgeführten Wahl mit einer absoluten Mehrheit im Parlament rechnen könnten, sogar dann, wenn es den Kommunisten nicht mehr geüngen sollte, die Vier-Prozent-Hürde zu überspringen.

Doch wie reagierte nun die Sozialdemokratie? Ihr Sprecher erklärte, daß seine Fraktion sich bei der Abstimmung über die Einführung der weiblichen Thronfolge der Stimme enthalten werde. Und er fügte auch gleich hinzu, daß man auch bei der vorgeschriebenen zweiten Abstimmung die gleiche Haltung einnehmen werde.

Auf die im Fernsehen gestellte Frage, ob die Arbeiterpartei die Forderung nach Abschaffung der Monarchie nun durch das Bemühen um ihre Stärkung ersetzt habe, versuchte der Reichstagsabgeordnete Bengts-son, um die Popularität des Königshauses wissend, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, daß diese Frage bedeutungslos sei im Vergleich mit jenen riesenhaften Problemen, vor denen das nächste Parlament sich gestellt sehen werde und daß es überhaupt gleichgültig sei, ob man in einer Republik oder in einer Monarchie lebe. Die Frage, warum man dann die Forderung nach Einführung der Republik an hervorragender Stelle in das Parteiprogramm aufgenommen habe, wurde nicht beantwortet.

Das zusammengeschrumpfte Häuflein der schwedischen Republikaner wird sich nun überlegen müssen, ob man den Vorschlag eines ausländischen Kollegen, die Königskrone doch in das Parteiabzeichen der SAP aufzunehmen, dem nächsten Parteikongreß vorlegen soll oder nicht. Zum Wiederaufleben der republikanischen Illusionen in Schweden wird weder das eine noch das andere beitragen.

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