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Sagekommando am Werk

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Noch immer nicht ausgestanden hat die Oberösterreichische SPÖ den trotz aller parteiamtlichen Leug-nungsversuche vorhandenen Personalkonflikt an ihrem Kopf. Immer mehr Teile des Rumpfes und übrigen Parteikörpers wollen auf die Erneuerung an der Spitze nicht mehr länger warten.

Nicht nur das Stürmer- und Drän-ger-Grüppchen der Landes-Jusos will mit einem Köpferollen den Schlußstrich unter die für die Sozialisten so schmerzliche Wahlniederlage in Oberösterreich am 21. Oktober des Vorjahres ziehen. Mit gezielten Indiskretionen aus obersten Parteigremien formieren sich SPÖ-Gruppen jetzt mehr oder weniger zum Kampf Mann gegen Mann. Ein Parteischauspiel in aller Öffentlichkeit, in dem ständig Regisseure und Akteure wechseln, das von polemisch bis peinlich die große Aussagenskala hinauf- und herunterspielt, in dem es aber eines nicht zu geben scheint: ein Ende.

Die Oberösterreicher müssen angesichts der Abstinenz von Bruno Kreisky wohl oder übel mit ihren Schwierigkeiten allein fertig werden.

Sympathisanten wünschen ihnen dies möglichst rasch, denn auch dieses Land wählt 1975 den Nationalrat mit. Das heißt, daß eine unbestrittene Führung und ein nicht angefeindeter Apparat eine Organisationslawine zu bewältigen haben und neuerlich daran gemessen werden, wie sie ihre politischen Zielsetzungen in Wählerstimmen umzusetzen vermögen.

Es ist aber mit Sicherheit zu beurteilen, ob aus diesem oder aus einem anderen, nämlich persönlichen Grund, ständig an zumindest drei Sesseln von sozialistischen Spitzenpolitikern gesägt wird. Die Sägekommandos sollen dem Vernehmen nach aus dem BSA kommen, dessen Chef, Landesrat Hartl, seinerzeit bei der Kür des SP-Spitzenkandidaten seinem Widersacher Fridl unterlag. Der dann in der Wahl glücklose Fridl, der Landeshauptmannstellvertreter blieb, wurde daher als erster kritisch „abgeklopft“. Auch Landes-parteiobmann Hillinger blieb aber nicht ungeschoren. Er, der seinerzeit Hartl unterstützt hatte, konnte mit dem ihm von der Partei aufgewähl-ten Fridl nicht zusammenfinden. Das äußerte sich sogar bis in die letzten Tage des Landtagswahlkampfes hinein, als Hillinger sehr lange brauchte, um von ihm selbst stammende Äußerungen, an dem Landeshauptmannamt interessiert zu sein, zu dementieren. Viele Genossen haben ihm das nicht vergessen, und jene, die es doch taten, wurden durch Untersuchungsmaterial von Ifes-Meinungsforschern jüngst wieder an diese „personelle Verunsicherung“, die Hillinger zum Vater hatte, erinnert. In das Schußfeld der Parteikritiker geriet aber auch Landessekretär Habringer, der als Hauptwahlleiter der SPÖ für die Niederlage mitverantwortlich war, aber trotz allem eine Beförderung nach der verlorenen Schlacht erhielt. Er wurde zweiter Landtagspräsident.

Das Trio Hillinger-Fridl-Habrin-ger kommt nicht mehr aus dem Gespräch. Neuesten Stoff dafür lieferte eine vom Parteipräsidium in Auftrag gegebene Umfrage unter den Parteitagsdelegierten, an die 400 Personen insgesamt, mit der sich die Führung ein Bild der Kadermeinungen über die Wahlniederlage verschaffen wollte. Ein Dozent der Linzer Hochschule sollte die Arbeit durchführen. Ohne von seinen Auftraggebern aber dazu aufgefordert worden zu sein, bezog er in sein Ratespiel auch gleich personelle Fragen mit ein. Das brachte das präsidiale Zornfaß zum Überlaufen. Üble BSA-Intrigen wurden vermutet, und noch ehe irgendwer Parteifeuerwehr spielen konnte, waren die Zeitungen schon wieder voll damit. Darauf beschloß das SPÖ-Präsidium — und die Bezirksobmänner beschlossen gleich mit, „alle Gerüchte, Spekulationen und darauf basierende Zeitungsmeldungen als unbegründet und falsch zurückzuweisen“.

Die Zurückweisung scheint nichts gefruchtet zu haben. Denn schon einige Tage danach wurde dem Trio „in Zusammenhang mit in gewissen Zeitungen angestellten Spekulationen“, wie der Parteipressedienst nebulos formulierte, volles Vertrauen ausgesprochen. Die Angegriffenen sprachen sich also gleich selbst gegenseitig das Vertrauen aus und igelten sich ein. Man darf auf die nächsten Schritte — egal aus welcher Richtung — gespannt sein.

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