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Sanierung auf Zeit

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Schon das Jahr 1980 war, so die „Neue Zürcher Zeitung", ein „unruhiges Jahr für den österreichischen Geldapparat". Diese Unruhe verstärkte sich im Jahr darauf: Ziemlich genau fünfzig Jahre nach dem Zusammenbruch der Wiener Bodencreditänstalt geriet die zweitgrößte verstaatlichte Bank des Landes, die österreichische Länderbank AG, in eine sehr schwierige Lage. Schuld daran waren riskante Kreditengagements bei Unternehmen, die noch vor wenigen Jahren als Prototypen wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und innovativer Dynamik herumgereicht wurden. Dazu gehörten die „Klimatechnik" ebenso wie die Firma Eumig.

Für das Jahr 1980 war die Länderbank nicht mehr in der Lage, Dividenden zu zahlen; 1981 stieß die Länderbank auf fast unüberwindliche Schwierigkeiten, eine ausgeglichene Halbjahresbilanz vorzulegen. Der alte, paritätisch besetzte Vorstand strich die Segeln, der neue und wiederum paritätisch besetzte Vorstand antichambrierte beim Notenbankpräsident Stephan Koren, beim Bundeskanzler, im Finanzministerium und beim ÖVP-Ob-mann Alois Mock.

Zunächst wollte Notenbankpräsident Koren in einer Nacht-und-Nebel-Aktion die im Parlament vertretenen Parteien auf einen gemeinsamen und geräuschlosen Beschluß zur Existenzsicherung der Länderbank vergattern. Die ÖVP fand sich dazu nicht bereit, was den früheren VP-Klubobmann Koren zur Drohung mit seinem Parteiaus-Iritt bewegte.

Dennoch wurde der kritische Zustand der Länderbank in einem parlamentarischen Unterausschuß mit dem neuen Vorstand diskutiert, dennoch wurde die Novelle zum Garantiegesetz 1977 (denn hinter diesem unauffälligen Namen verbirgt sich die Unterstützungsaktion für die Länderbank) im Plenum des Parlaments am I. Juli mit hinlänglicher Offenheit beraten und zuletzt einstimmig beschlossen.

Im nachhinein weiß man, daß die relativ offene Diskussion über die Lage der Länderbank an einer Vertrauenskrise dieses Geldinstitutes letztlich vorbeigeführt hat. Die Schwierigkeiten waren in der Öffentlichkeit einigermaßen bekannt, eine Nacht-und-Nebel-Aktion, wie Koren und die SPÖ sie vorgehabt hatten, hätte neuen Gerüchten Nahrung gegeben und schließlich tatsächlich zu erheblichen Vertrauensverlusten bei Sparern und Investoren nicht nur in Österreich geführt. Dies wurde fürs erste verhindert und daran kommt der Opposition ein großes Verdienst zu.

Zunächst hofften der neue Länder-bankvorstand und Finanzminister Herbert Salcher, mit einer Entlastung von rund drei Milliarden Schilling das Auslangen finden zu können. Im parlamentarischen Unterausschuß wurde dieser Optimismus relativiert. De> österreichische Geldapparat, so hieß es, könne nicht alle Jahre wieder ähnliche Beistandsaktionen verkraften, also wurde der Zuschuß auf vier Milliarden Schilling hinaufgesetzt.

Ob damit wirklich alle Probleme in der Länderbank bereinigt sind, steht freilich in den Sternen. Das Problem Eumig lastet wie ein schwerer Stein um den Hals des neuen Vorstands. Selbst eine neuerliche Halbierung der Zahl der Mitarbeiter dUrfte den schwer defizitären Betrieb in seiner jetzigen Struktur kaum retten.

Schmalfilmkameras, auf die Eumig spezialisiert ist, dürften in den nächsten Jahren von Videokameras aus dem Markt gedrängt werden. Diese Entwicklung hat Eumig verschlafen; die Schließung des Werkes in Fürstenfeld bald nach den Landtagswahlen in der Steiermark ist nicht auszuschließen. Ob Eumig freilich damit zu retten ist, darf bezweifelt werden.

Nirgendwo in der westlichen Welt, so die „Neue Zürcher Zeitung", ist der staatliche und der parteipolitische Einfluß auf die Wirtschaft größer als in Österreich: Die verstaatlichte Länderbank ebenso wie politische Pressionen, Eumig und die Vereinigten Edelstahlwerke (ebenfalls ein Länderbank-Kunde) zu retten - koste es, was es wolle -, stehen für diese Feststellung. Im Kreditmanagement hat die Länderbank gewiß einige schwere Fehler begangen, doch ein Teil dieser Fehler ist ebenso bestimmt auf schlechte Empfehlungen von Regierungsseite etwa bei Kreditengagements zu rück zu fuhren.

In den Konkurs der Klimatechnik ist auch eine Wiener Tochter der britischen Midland-Bank, die Credex, eingebunden. Dieses Institut war bei ihrer Kreditvergabe zu fast 70 Prozent auf die Klimatechnik ausgerichtet. Diese Einseitigkeit spricht aller bankenpolitischen Vorsicht Hohn.

Dennoch erwirkte die Midland-Bank bei der Bundesregierung eine erhebliche Abdeckung ihrer Verluste. Vordergründig hieß es, der gute Ruf des österreichischen Kreditapparates sei andernfalls in Gefahr, doch für das großzügige Staatsgeschenk an die Credex gibt es noch eine andere, weit realistischere Erklärung.

So soll ohne große Diplomatie gedroht worden sein, Österreichs Bonität auf den internationalen Kapitalmärkten offen zu diskutieren. Auf dieses Risiko wollte sich die Bundesregierung und die Nationalbank verständlicherweise nicht einlassen, hätte doch am Ende Österreich seinen Ruf als erstklassiger Schuldner beziehungsweise das sogenannte „Triple-A-Certificate" verloren.

Die Sanierungsaktion für die Länderbank signalisiert schließlich, daß die fetten Jahre des Kreditgewerbes vorbei sind, jene Jahre, als die Bankiers gelassen immer neue Siegesmeldungen verbreiteten. Wachsende Risiken und fallende Erträge, ein hoher Wertberichtigungsbedarf und niedrige Zinsspannen, Umschuldungsaktionen nach dem Muster Polen drohen den Finanzierungsund Risikorahmen nicht nur der österreichischen Banken zu sprengen.

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