6813454-1972_47_07.jpg
Digital In Arbeit

Schweiß und Fleiß

19451960198020002020

Uniformen spielen im Moskauer Stadtbild eine weitaus größere Rolle als in einer westlichen Großstadt. Rotarmisten in Stiefeln und Uniformbluse, Offiziere der verschiedenen Waffengattungen in Feldgrün oder -grau begegnen einem immer und überall. Während noch Anfang der sechziger Jahre Kriegsspielzeug für Kinder verpönt war, sind heute knatternde Maschinenpistolen aus Kunststoff das beliebteste Bubenspielzeug.

19451960198020002020

Uniformen spielen im Moskauer Stadtbild eine weitaus größere Rolle als in einer westlichen Großstadt. Rotarmisten in Stiefeln und Uniformbluse, Offiziere der verschiedenen Waffengattungen in Feldgrün oder -grau begegnen einem immer und überall. Während noch Anfang der sechziger Jahre Kriegsspielzeug für Kinder verpönt war, sind heute knatternde Maschinenpistolen aus Kunststoff das beliebteste Bubenspielzeug.

Werbung
Werbung
Werbung

Zwei Wochen vor dem 19. November hat die CSU als letzte der großen Parteien in der Münchner Bayernhalle ihren Wahlparteitag abgehalten. Barzel, der zum Schluß seiner Ausführungen sogar einen etwas längeren Beifall erhielt als später Strauß, nannte es das entscheidende Problem, ob Deutschland bei den Wahlen in den Sozialismus, in Klassenkampf und Diktatur abgleite, oder ob es aus den stabilen Prinzipien der Union erneuert werden könne. „Wo“, so fragte er hauptsächlich an die Adresse der Jugendlichen, „ist auf der Welt soviel an Sozialem erreicht worden wie in den 20 Jahren sozialer Marktwirtschaft mit Ludwig Erhard?“ Im Hinblick auf den Grundvertrag mit der DDR erklärte der Oppositionsführer, er sei völlig ohne Information über das Vorgehen der Regierung. Die Union werde Punkt für Punkt prüfen und sich vorbehalten, „die Thematik eventuell neu zu behandeln“.

Der frühere Außenminister Schröder bezichtigte die Regierung Brandt der weltpolitischen Verengung, die von der ODU/OSU bereits in gewissen Punkten durchbrochen worden sei. „Wäre ich“, so erklärte Schröder selbstbewußt, „im Juli wicht in China gewesen, so wäre Scheel im Oktober sicher nicht dorthin gefahren.“

Der CSU-Vorsitzende Strauß, der als Letzter das Wort ergriff, wertete das gemeinsame Auftreten der-Unionspolitiker als Demonstration einer echten politischen Gestinnungsgemeinschaft. Am 19. November falle eine Entscheidung, die in ihrer Tragweite bedeutender sei als alle früheren Wahlen, außer 1949, und die für die anderen freien Länder Europas ein Signal darstelle. Es handle sich um den Scheideweg zwischen sozialer Marktwirtschaft und marxistischer Planwirtschaft, zwischen demokratischer Verantwortung und imperativem Mandat. In der ganzen Bundesrepublik sei nur noch eine Partei der Mitte übriggeblieben, die CDU/CSU, die noch als einzige imstande sei, Leute von links und rechts zu sammeln und ihnen eine politische Heimat zu geben.

Wie gewohnt, beschäftigte sich der designierte Finanzminister einer CDU/CSU-Regierung ausführlich mit Wirtschaftsfragen, insbesondere mit der finanziellen Stabilität, die „nur mit Schweiß und Fleiß“ wieder zurückgewonnen werden könne. Wirtschafts- und Finanzminister Schmidt sei entweder ein volkswirtschaftlicher Ignorant oder ein demagogischer Lügner, wenn er ohne diese Stabilität sichere Arbeitsplätze verheiße.

Der Parteitag der CSU war somit eine verbale Summierung der Wahlkampfparolen der CDU/OSU in einem werbewirksamen optischen Rahmen. Man vermißte, wie schon oft, das bei der gegnerischen SPD beinahe im Überfluß vorhandene Engagement der mittleren und unteren Partaikader, die hier beinahe ausschließlich rezeptiv einen auf den neuesten Stand gebrachten Wahlkampfleitfaden zur Kenntnis nahmen. Und es war beinahe symptomatisch1, daß der kürzlich verstorbene Exponent einer kritisch-konstruktiven Distanz zur Parteispitze, Baron von Guttenberg, mit keinem Wort in der Bayernhalle erwähnt wurde.

Fortschrittlich zeigte sich die CSU dagegen auf einem Gebiet, auf dem sie schon früher ein gutes Gespür besessen hat — auf dem Gebiet der politischen Public Relations. Nach amerikanischer Wahlkampfmaniier hatte sie mit Roberto Blanco, Roy Black, dem Orchester Max Greger und den Münchner Hot Dogs eine Show inszeniert, die mehrmals das dicht gedrängte Publikum von den Stühlen riß. Und als der CSU-Vorsitzende zum Schluß an ein Dutzend mit der Union sympathisierender Olympioniken — darunter den Ruderer Held, den Geher Kannenberg und den Ringer Dietrich — Blumensträuße verteilte und dabei einen für das durch Nebel an der Teilnahme verhinderte „Goldmädchen“ Heide Rosendahl reservierte, war die Wahlkampfschau perfekt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung