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Der Sdiulterschluß

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Der Parteitag der CSU, gedacht als Jubiläumsfeier einer 25jährigen, selbstbewußten Partei, war im Grunde genommen nichts anderes als eine geglückte Staffage für einen mit Spannung erwarteten, an die Adresse der SPD gerichteten Dialog zwischen Barzel und Strauß.

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Der Parteitag der CSU, gedacht als Jubiläumsfeier einer 25jährigen, selbstbewußten Partei, war im Grunde genommen nichts anderes als eine geglückte Staffage für einen mit Spannung erwarteten, an die Adresse der SPD gerichteten Dialog zwischen Barzel und Strauß.

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Geglückt insofern, als die übrigen Sprecher, Ministerpräsident Goppel, der Fraktionsvorsitzende Huber und der Landesgruppenchef im Deutschen Bundestag, Stücklen neben wenigen und auch nur in Nebensätzen eingestandenen Passiva übereinstimmend sehr viele Aktiva aus der Vita der Nachfolgerin der Bayerischen Volkspartei zu erzählen hatten und weil die rund 600 Delegierten ihre unbedingte Loyalität durch Beifallkundgebungen unter Beweis stellten.

25 Jahre nach ihrer Gründung zeigte sich die Christlich-Soziale Union als geschlossene, beinahe monolithisch wirkende Volkspartei. Das „CSU-Super“, das — nach einer Karikatur im Bayern-Kurier — der den CDU-Sportwagen chauffierende Barzel in München zu tanken hatte, war eindeutig das „Super“ des CSU- Vorsitzenden Franz Josef Strauß.

Dieser hatte zu Beginn des Parteitages unmißverständlich erklärt, daß die 24 jährige Kampfgemeinschaft CDU/CSU erhalten bleiben müsse und es nötig habe, „immer in den wesentlichen Bereichen unserer Sachpolitik gemeinsame Überzeugungen, gemeinsame Lösungen und gemeinsame Formulierungen für die Lösung unserer Aufgaben zu verkünden“.

Aus diesem Grunde werde zunächst eine kleine gemischte Kommission beider Parteien eine gemeinsame Programmbasis erarbeiten. An schließend daran soll für die Vertretung dieser Politik, wohl in der Form eines Schattenkabinetts, eine personelle Besetzung vereinbart werden. Am Ende der — einige Monate beanspruchenden — Prozedur stehe dann das, „worauf das bundesdeutsche Mensch-ärgere-dich nicht-Spiel mit viel sensationeller Übertreibung längst wartet, nämlich die Bestellung der Nummer 1 in dieser Zusammensetzung“. Nicht in offiziellen Reden, wohl aber in zahlreichen den Parteitag flankierenden Interviews ließ Strauß wenig Zweifel daran, daß diese Nummer 1 mit Barzel identisch sei.

Der neugewählte Vorsitzende der CDU war von den Delegierten in der

Münchner Bayernhalle mit herzlichem, wenn auch ziemlich gemäßigten Beifall empfangen worden, als er sich anschickte, ausführlicher denn je das Zusammenwirken von CDU und CSU zu kennzeichnen und Grundzüge eines Programms aufzuzeigen. Ausgangspunkt seines Plädoyers für ein kampfbereites, kameradschaftliches Zusammen der beiden Schwesternparteien, die nicht nur durch die Politik sondern noch mehr durch die gemeinsame Verpflichtung der Christen für den Staat verbunden seien, bildete eine deutliche Abgrenzung von der jetzigen Koalitionsregierung. Diese zerstöre „geschichtslos das europäische Gleichgewicht“ und drohe, die Bundesrepublik im Innern sozialistisch und im Äußern von der Sowjetunion abhängig zu machen. Gelockert würden dagegen die Bindungen zum Westen.

Franz Josef Strauß, unangefochten wie eh und je Nummer 1 der CSU, stellte seine Festrede zum Parteijubiläum unter das Motto: „Quo vadis, Germania?“ Die CSU — so definierte er einleitend — habe seit ihrer Gründung „in Theorie und Praxis eine Politik der Bewahrung und der Reform, der Erhaltung und des Fortschritts, des Ausbaues und der Weiterentwicklung mit einer erstaunlichen Geradlinigkeit verfolgt“ und dabei das „monumentale Gebäude einer säkularen politischen Konzeption errichtet“.

Die CSU sei aber nicht bereit, sich den Stempel „nationalistisch“ aufdrücken zu lassen, und zwar nur deswegen, weil sie in der Vertretung und Verfechtung grundsätzlicher Rechte und Positionen gegenüber der kommunistischen Westpolitik auch heute noch dasselbe denke und sage, was bis 1969 alle politischen Kräfte gesagt hätten. Es sei ebenso oberflächlich wie politisch haltlos, der CDU und insbesondere der CSU vorzuwerfen, sie besäßen zur gegenwertigen Außenpolitik keine Alternative, es sei denn die Fortsetzung des Kalten Kriegs. Der Beweis für die Behauptung, daß die jetzige Regierung eine bessere Alternative zu jenem Weg besitze, den in der Deutschlandfrage 20 Jahre lang alle demokratischen Parteien dieses Landes und das gesamte westliche Bündnis gemeinsam gegangen seien, stünde immer noch aus. In der Substanz gebe es auch keine Alternative, weil sich die sowjetische Westpolitik in ihrer offensiven Zielsetzung und Taktik nicht verändert, sondern gerade in den beiden letzten Jahren verstärkt habe.

Abschließend skizzierte Strauß in Ergänzung zum Wahlprogramm Bar- zels noch strategische Punkte zu dessen Durchsetzung. Bei den Bundestagswahlen werden es die Unionsparteien außer mit SPD und FDP mit fünf anderen mächtigen Gegnern zu tun haben: mit starken Teilen der Massenmedien, mit linksradikalen Organisationen, mit der überwiegenden Mehrheit der Gewerkschaften, mit Kreisen im Ausland, „die die Gefahr für morgen mehr im Deutschland von gestern als im Kommunismus von heute sehen“ und schließlich mit der Sowjetunion, die in einer Kampagne sondergleichen alles unternehmen werde, um die Entscheidungen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Aber — und so beendete Strauß seine anderthalbstündige Rede — „Schulter an Schulter in der geschlossenen Kampfgemeinschaft“ müsse es möglich sein, daß die Unionsparteien, mit besonderer Aufgabenstellung für die CSU, in der Regierungsverantwortung wieder Kontinuität gewährleisten.

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