6693717-1962_49_06.jpg
Digital In Arbeit

Plebiszit fur Strab?

Werbung
Werbung
Werbung

Die Wahlen zum bayrischen Landtag am 25. November gerieten ohne ihr Zutun in eine politische Hochspannung, wie sie die Bundesrepublik Deutschland noch nicht erlebt hatte. Aus Protest gegen das Verhalten des Bundesverteidigungsministers und Landesvorsitzenden der bayrischen CSU, Franz Joseph Strauß, in der Spiegel-affäre, erklärten am 19. November die fünf Bundesminister der FDP ihren Rücktritt. Am 20. parierte die CDU/ CSU nicht ungeschickt diesen Schlag mit dem Rücktritt ihrer Minister, so daß der Affront gegen Strauß aufgefangen wurde. Trotzdem sah alles mit Spannung auf die bayrischen Landtagswahlen, zumal drei Wochen vorher bei den Wahlen in Hessen die CDU eine deutliche Niederlage hatte einstecken müssen. Ein verhältnismäßig kleiner Kreis von CSU-Politikern um den bayrischen Finanzminister Eberhard, und den Generalsekretär dieser Partei, Zimmermann, spitzten in der letzten, spannungsgeladenen Woche vor der Wahl den Wahl kämpf in Anzeigen und Plakaten auf die Person Strauß' zu. Die Wahl schien zum Plebiszit für oder gegen Strauß zu werden.

Der Sieg der CSU — sie blieb mit 47,5 Prozent die stärkste Partei und errang mit 108 von 204 Mandaten die absolute Mehrheit — schien zunächst die Lage des Bundesverteidigungsministers zu verbessern. Die FDP blieb aber trotz dieses Wahlergebnisses bei ihrer Ablehnung, in ein Kabinett zu gehen, in dem Strauß ein Ministeramt innehätte. Strauß mußte daher bald erkennen, daß auch in der CDU nur wenige ernstlich geneigt waren, seinetwegen die Regierungskrise auszudehnen. Zu belastend hatten sich die Skandale, in die er in letzter Zeit verwickelt worden war, für das Kabinett erwiesen, als daß sich jetzt die CDU seinetwegen in eine aussichtslose Verhandlungslage mit der FDP hätte manövrieren lassen. Von Montag bis Donnerstag stand Bonn unter dem Eindruck eines amoklaufenden, machtbesessenen Mannes, deT in unbeherrschten Reden vor der CDU/CSU-Fraktion am Mittwochvormittag den Eindruck erwecken wollte, als sei Adenauer der eigentlich Schuldige an den Vorgängen um das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Adenauer konnte diesen Eindruck in einer Nachmittagssitzung zerstören. Nach sehr erregten Sitzungen am 29. November abends wurde schließlich ein Kommunique veröffentlicht, in dem Strauß diese Anschuldigungen zurücknahm und seine Fehler bedauerte. Sein Verzicht, „in einer künftigen Regierung Adenauer einen Ministerposten einzunehmen“, der schon am Donnerstagabend feststand, wurde dann am folgenden Tag nach vierstündiger Sitzung der Landesleitung der CSU in München bekanntgegeben. Der Wahlsieg seiner Partei hat den Sturz von Strauß nicht aufhalten können. Er hat ihm, allerdings durch seine eigene Unbeherrschtheit, noch nicht einmal einen ehrenvollen Abgang verschafft.

Nur unentwegte Anhänger von Strauß bedauern diesen Sturz. Ein Mann, der sich so unfähig zeigte, sein Temperament zu zügeln, der seit einem Jahr im Licht unerfreulichster Affären stand und sich ausschließlich in dieser Krise als skrupelloser Verächter der rechtsstaatlichen und verfassungsmäßigen Ordnung erwies, kann in einer Demokratie nicht Minister bleiben. Ob sein Rücktritt noch früh genug erfolgte, um ihm ein späteres Comeback zu ermöglichen, wird die Zukunft erweisen. Es wäre zu wünschen, daß dieser hochbegabte Politiker nun seine innere Haltung und sein Maß wieder findet. Die Ereignisse der letzten vier Wochen werden aber noch lange seine bei allen unterlaufenen Fehlern unbestreitbaren Leistungen beim Aufbau der Bundeswehr überschatten.

Damit ist aber auch die bayrische Landtagswahl wieder in die Dimensionen geruckt, die dhr gebühren. Sie war ein landespolitisches Ereignis, das nur durch einen Zufall in die hohe Politik gespielt wurde. Man wird sich daher bei der Analyse des Wahlergebnisses auch an diesen Maßstab halten müssen.

Die CSU gewann gegenüber den Landtagswahlen von 1958 1,9 Prozent, verlor aber, gemessen an den Bundestagswahlen vor einem Jahr 7,4 Prozent oder 650.000 Wähler. Die SFD gewann gegenüber 195 8 4,5 Prozent und übertrumpfte ihr Vorjahrsergebnis sogar um 5,2 Prozent. Die FDP gewann gegenüber 195 8 0,3 Prozent, verlor aber, an den Bundestagswahlen gemessen, 2,9 Prozent. Der Rücktritt ihrer Minister blieb ohne die erhofften positiven Auswirkungen. Von den beiden im Bundestag nicht vertretenen Parteien, BHE und Bayern-Partei, schaffte es nur noch die Bayern-Partei, die Sperrklausel von 10 Prozent in einem Regierungsbezirk zu überspringen. Der BHE, der sich in Hessen als erstaunlich standfest erwiesen hatte, blieb in Bayern auf der Strecke, obwohl er im Landesdurchschnitt die Bayern-Partei um 0,3 Prozent übeitrumpfte. Ihre Prozente (5,1) verhalfen der CSU zur absoluten Mehrheit. Selbst Gegner der CSU werden diese Entwicklung begrüßen, weil diese jene von ehemaligen Nationalsozialisten beherrschte Partei mit ihrer nunmehr in zwölf Jahren Regierungsverantwortung betriebenen skrupellosen Personalpolitik aus dem politischen Leben verdrängt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung