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Steuergunst, ade! Scheiden tut weh

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Steuergunst ade, scheiden tut weh: Für geschiedene Ehegatten fällt mit Jahresende durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes die bisherige Steuerbegünstigung.

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Steuergunst ade, scheiden tut weh: Für geschiedene Ehegatten fällt mit Jahresende durch Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes die bisherige Steuerbegünstigung.

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Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 18. März, das der Regierung am 23. April zugestellt wurde, jene Regelung des Einkommenssteuergesetzes als gleichheitswidrig aufgehoben, nach der Leistungen des gesetzlichen Unterhalts an den geschiedenen Ehegatten steuerlich begünstigt werden (Paragraph 34, Absatz 3).

Konkret gelten ab Silvester 1982 „Leistungen des gesetzlichen Unterhalts an den geschiedenen Ehegatten" allein nicht mehr als zwangsweise erwachsen.

Die Folge: Die Unterhaltszahlungen können nicht mehr als außergewöhnliche Belastung steuermindernd geltend gemacht werden.

„Die. abgabenrechtlich unverhältnismäßige Begünstigung des geschiedenen im Vergleich zum nicht geschiedenen Ehegatten", die die Verfassungsrichter festgestellt haben, brachte einen Steuergewinn, der längst kein Pappenstiel mehr war: Der Unterschied, ob man mit dem unterhaltsberechtigten (nicht berufstätigen) Partner gut verheiratet oder von ihm geschieden ist, machte bisher bei einem gehobenen Durchschnittseinkommen rund 30.000 Schilling im Jahr aus.

Berechnende Steuerzahler wußten vereinzelt diese Steuergunst sogar optimal zu nützen: Die leicht gemachte einvernehmliche Scheidung bringt (vor allem dann, wenn der gemeinsame Haushalt weiterbesteht) enorme finanzielle Vorteile (FURCHE 26/ 1981).

Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes kann zwar als grundsätzliche Entscheidung für Ehe und Familie gewertet werden, ebenso ausschlaggebend war freilich auch die undifferenzierte Besserstellung von Geschiedenen gegenüber Verheirateten, die getrennt leben: Ihre doppelte Haushaltsführung wurde vor dem Steuerrecht, trotz Vergleichbarkeit der wirtschaftlichen Situation, ebenfalls nicht als außerordentliche Belastung anerkannt.

Trotzdem war die Entscheidung für die Verfassungsrichter nicht leicht. Hätten sie aus der (eingangs) zitierten Formulierung des Einkommensteuergesetzes nur das Wort „geschiedene" aufgehoben, wäre der Inhalt völlig verändert: Dann wären grundsätzlich alle Unterhaltsleistungen an Ehegatten zu steuermindernden Abzugsposten geworden.

„Wir hätten echt Gesetzgeber gespielt", beschreibt Verfas-. sungsrichter Peter Jahn die knifflige Entscheidung. So aber müssen Regierung und Parlament eine Lösung finden.

Möglichkeit Nummer eins: Der Gesetzgeber tut nichts, trifft keine neue Regelung. Dann kann sich Finanzminister Herbert Salcher 1983 über zusätzliche Budgeteinnahmen freuen, die ihm durch den Wegfall der Steuerbegünstigung für Geschiedene zukommen.

Möglichkeit Nummer zwei: Salcher räumt allen Unterhaltspflichtigen gleiche Steuervorteile ein, also auch Verheirateten. Da dies einen Steuerentfall von jährlich rund 15 Milliarden Schilling ausmachen würde, hat der Finanzminister bereits abgewunken.

Zwischen diesen Extrempositionen könnten andere Lösungen gesucht werden. Zum Beispiel jene, die bis 1974 gegolten hat: Erst bei Wiederverheiratung des Unterhaltspflichtigen kann eine Steuerbegünstigung in Anspruch genommen werden.

Im Lichte des jüngsten Erkenntnisses wäre das aber erst recht wieder problematisch: die Unterscheidung zwischen Geschiedenen und Verheirateten mit getrenntem Haushalt wäre nicht gegeben. Ganz zu schweigen davon, daß damit die Gleichbehandlung von Geschiedenen mit Verheirateten in guter Ehe erneut unterlaufen würde.

Vielleicht bietet sich daher jetzt das als Lösung an, was die von Salcher-Vorgänger Hannes Androsch nach den letzten Nationalratswahlen ins Leben gerufene Steuerreformkommission nach einjähriger Arbeit zur Diskussion gestellt hat (siehe Kasten nebenan): Jedem Steuerzahler soll pro Unterhaltsberechtigtem ein steuerlicher Freibetrag zustehen.

Das würde dem Grundsatz Rechnung tragen, „daß die Unterhaltslasten bei aufrechten wie bei geschiedenen Ehen gleich zu behandeln sind".

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