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Nachdem das Parlament die große Strafrechtsreform verabschiedet hat, war es das Bestreben der Regierungspartei, als nächsten Hauptprogrammpunkt die Familienrechts-reform durchzuziehen. Die Absicht, verschiedene Reformgesetze noch vor dem Sommer verabschieden zu können, dürfte jedoch höchstwahrscheinlich vereitelt werden, denn immerhin arbeitet der entsprechende Nätionalratsausschuß derzeit an den Begleitgesetzen zum neuen Strafrecht. Anderseits hat sich in der Zwischenzeit die Novellierung des Mietengesetzes als praktisch unaufschiebbar erwiesen (insbesondere auch infolge des großen Drucks der öffentlichen Meinung werden wohl alle Parteien an einer Neuregelung des Mietenrechtes interessiert sein). Weiters wurde bereits von Seiten der Regierungspartei angekündigt, daß man auch noch das ORF-Gesetz sowie das Steuerreformpaket vor der Sommerpause unbedingt durchziehen will.

Immerhin, Teilentwürfe zur Reform des Familienrechts liegen bereits vor, und es hat über diese bereits vereinzelt eine öffentliche Diskussion eingesetzt. (Von der Gesetzestechnik her ist es bedauerlich, daß — zum Unterschied zur Straf-reohtsreform — die Familienrechtsreform nicht als Gesamtreform, sondern in Form von Teilentwürfen erfolgen soll.)

Derzeit liegen drei Gesetzesvorlagen im Nationalrat:

• Gesetz über die Neuordnung des gesetzlichen Erbrechtes der Ehegatten und des gesetzlichen eheliehen Güterstandes;

• Gesetz über die Rechtsstellung des ehelichen Kindes;

• Gesetz über die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe. Ein Entwurf für die Neuregelung

des Eheschließungs- bzw. Ehescheidungsrechts steht derzeit noch aus; die Parteien haben sich bisher über dieses heikle Thema noch nicht herangewagt, denn nicht nur eine — von der Regierungspartei favorisierte — Lockerung des Ehescheidungsrechts würde auf weitgehende Ablehnung in der Bevölkerung stoßen, sondern auch die Erleichterung der Ehescheidung insbesondere bei älteren Frauen würde zu gravierenden Härtefällen führen.

Wesentliche Neuerung ist der Grundsatz der Gleichberechtigung der Ehegatten, der sich wie ein roter Faden durch die vorliegenden Entwürfe zieht. So wird z. B. von der im derzeit geltenden Recht enthaltenen Vermutung, daß das während der Ehe erworbene Vermögen im Zweifel als vom Manne erworben gilt, fallengelassen und durch die Vermutung des gemeinsamen Erwerbes ersetzt; ein durchaus vernünftiger und überfälliger Nachvoll-zug von Faktizitäten.

So werden insbesondere die Paragraphen 91 und 92 ABGB, die „Bastionen männlicher Überlegenheit“ fallen ( 91: „Der Mann ist das Haupt der Familie. In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das Hauswesen zu leiten; es liegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob, der Ehegattin nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen, und sie in allen Vorfällen zu vertreten.“)

Hingegen bringt die Neuformulierung der Definition der Ehe bereits stark den partnerschaftlichen Aspekt zum Ausdruck; in 90 des Entwurfes heißt es: .....bei der Gestaltung

der ehelichen Lebensgemeinschaft haben die Ehepartner aufeinander

und auf die Familie Rücksicht zu nehmen; sie sollen einvernehmlich vorgehen.“

So begrüßenswert dieser Kern der Reform ist, nämlich jene, die Frau bevormundenden Bestimmungen abzuschaffen, so bedauerlich ist es, daß dieser Grundsatz einerseits nicht ganz durchgezogen wurde, anderseits jedoch eine Überbetonung dieses Grundsatzes festzustellen ist und dadurch eine liberalistische und individualistische Tendenz zum Vorschein kommt.

So wird zum Beispiel jeder Hinweis auf die Frau als Mutter vermieden; das heißt, über die Funktionsverteilung in der Ehe wird nichts Konkretes ausgesagt. Es wird in Kauf genommen, daß die Mutter zum Erwerb gezwungen werden kann. Dies ist insbesondere aus dem Grund verständlich, da z. B. bei der „Rechtsstellung des unehelichen Kindes“ eindeutig in erster Linie der Frau als Mutter Pflege und Erziehung des Kindes übertragen werden.

Auch in anderen Fragen wird das „Leitungsrecht“ des Mannes beseitigt, so z. B. bei Entscheidimg über die Wohnsitzwahl, den Schulbesuch des Kindes, Wahnungsanschaffung usw. In der Regierungsvorlage wird nunmehr z. B. die Wohnsitzfrage nicht mehr behandelt, obwohl dem partnerschaftlichen Prinzip die vorgeschlagene Änderung des Katholischen Familienverbandes eher entsprechen würde, nämlich: „der gemeinsame Wohnsitz der Ehegatten ist von diesen einvernehmlich zu bestimmen.“

Weiters wurde auch der Begriff der „Väterlichen Gewalt“ begreiflicherweise gestrichen. Es ist jedoch bedauerlich, daß diese Streichung ersatzlos erfolgte. Die Erklärung dafür kann nur in dem Wunsch nach möglichst „antiautoritärer Erziehung“ liegen, eine Intention, die an der Realität weit vorbeigeht, ist es doch insbesondere beim Kind zweifellos das Elternhaus, das entscheidenden Einfluß auf Erziehung und Bildung ausübt. Wo kein Elternhaus vorhanden ist bzw. die Eltern versagen, ist nicht zuletzt auch die Jugendkriminalität ein trauriger Zeuge.

Generell muß gesagt werden, daß die vorliegenden Entwürfe dort, wo sie bereits gegebenen gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung tragen (also insbesondere bei der zeitgemäßen Regelung des Unterhalts bzw. Vermögensrechtes) zweifellos zu bejahen sind, daß j.edoch dort, wo insbesondere durch eine allzustark betonte „Demokratisierung der Geschlechter“ (bzw. allzu egalitäre Gleichbehandlung) noch Ungereimtheiten ausgeräumt werden müssen.

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