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Geld für „Hoffnungsindustrien“

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Man arbeitet zur Zeit in Österreich an einem Plan, Geld der Landwirtschaft (und des Gewerbes und des Fremdenverkehrs) in industrielle Gründungen hineinzupum- pen. Befreit man die Ideen von dem Bankchinesisch, in dem sie vorgetragen werden, so stellen sich die Pläne folgendermaßen dar:

In Österreich werde mehr Investitionskapital aufgewendet als in Westeuropa, aber dieses Kapital „versickere“ in Investitionsmaßnahmen der Landwirtschaft, des Gewerbes und des Fremdenverkehrs. Es fehle dort, wo es heute besonders notwendig sei, nämlich bei der Förderung und beim Aufbau von zukunftsträchtigen Hoffnungsindustrien, die allein geeignet seien, die Wirtschaft der Zukunft zu tragen. Es sei daher notwendig, daß solches Versicherungskapital systematisch zur Umstrukturierung der Industrie verwendet werde, was unter anderem für die Landwirtschaft bedeute, daß ein großer Teil der Agrarkredite der Industrie zugeführt werden müßte. Zu diesem Zweck sei der alte Plan einer Investitionsbank zu verwirklichen. Diese Bank habe alle wesentlichen Investitionen zu kontrollieren und dafür zu sorgen, daß Geld und Kapital nach Schwerpunktprinzipien im wesentlichen nur für jene industriellen Neuinvestitionen verwendet werden, die wirtschaftliche Wachstumsmöglichkeiten in sich bergen. Das Ganze ist eine Wiederbelebung jener Wirtschaftsvorstellungen, nach denen gesunde Wirtschaftszweige einem problematischen Wirtschaftszweig finanziell auf die Beine zu helfen haben. Die Landwirtschaft scheint nach den Ernteerfolgen des Jahres 1967, mit denen sie das Handelsdefizit wesentlich verringern konnte, besonders im Blickfeld der Projektanten zu stehen.

Einstweilen sind der Öffentlich keit diese Pläne nicht sehr zum Bewußtsein gekommen, da die Diskussion darüber in dem erwähnten Bankchinesisch und daher unverständlich für die Öffentlichkeit verläuft. In den zuständigen Fachkreisen haben sich jedoch bereits Fronten gebildet, die quer durch alle politischen Lager und Generations- gruppierüngen verlaufen. Daß die Raiffeisengeldorganisationen, das Sparkassenwesen und die Volksbanken nicht zu den Freunden des neuen Planes gehören, ist verständlich, denn diese Geldinstitute würden ja als erste die Gelder ihrer Einleger in irgendeiner Form dem neuen Bankinstitut zur Verfügung stellen müssen und die Kreditwünsche ihrer eigenen Kundschaft in einem hohen Prozentsatz abzulehnen haben. Aber auch sozialistische Geld-, insbesondere Sparkassenfachleute können sich für den Gedanken einer neuen Investitionsbank nicht erwärmen.

Hintergedanke: Planwirtschaft?

Auf der anderen Seite stehen die technokratischen Kreise der Sozialpartner, die im wesentlichen im Beirat für Sozial- und Wirtschaftsfragen der Paritätischen Kommission verankert sind. Die Konjunkturflaute und die strukturellen Schwierigkeiten der österreichischen Wirtschaft bilden den geistigen Treibstoff. Daß im Hintergrund rein planwirtschaftliche Ideen und Ideen für eine völlige Kontrolle der Privatwirtschaft via Investitionsbank bestehen, wird ebenso behauptet wie bestritten. Wenn diese Bank, sofeme sie tatsächlich gegründet wird, lediglich von Bankleuten nach finanzpolitischen Gesichtspunkten gemanagt würde, wäre das Problem geringer. Die Hauptgefahr liegt darin, daß bankfremde politische Kreise sich dieses Instruments bedienen, um rein politische Ziele durchzusetzen.

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