Wenn das Volk begehrt

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Auch die drei jüngsten Volksbegehren dürften politisch weitgehend folgenlos bleiben. Dabei gäbe es in zwei Fällen gute Gründe für eine weiterführende Volksabstimmung.

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Auch die drei jüngsten Volksbegehren dürften politisch weitgehend folgenlos bleiben. Dabei gäbe es in zwei Fällen gute Gründe für eine weiterführende Volksabstimmung.

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Entgegen ihren Bekundungen dürfte es dieser Bundesregierung mit dem Ausbau der direkten Demokratie nicht wirklich ernst sein. Das hat sich schon bei Bildung dieser Koalition gezeigt, als man einerseits eine fast prohibitiv wirkende Grenze von 900.000 Unterzeichnern eines Volksbegehrens festgelegt hat, ab der dann eine (den Gesetzgeber bindende) Volksabstimmung zu erfolgen hätte (von den 42 bisherigen Volksbegehren seit 1964 waren das genau drei!); und als man andererseits die Einführung dieses Schrittes auf 2022, also ans Ende dieser Legislaturperiode, gelegt hat. Die an sich ja eher spröde Materie geriet freilich bald in Vergessenheit, nun aber haben drei in der ersten Oktoberwoche abgehaltene Volksbegehren das Thema wieder auf die politische Tagesordnung gerückt.

Durchaus aus guten Gründen. Denn es ist ziemlich offensichtlich, dass sich die Anliegen von zweien der drei Volksbegehren nachgerade exemplarisch dafür eignen würden, dem Volk zur Abstimmung vorgelegt zu werden: nicht nur das generelle Rauchverbot in der Gastronomie (wie bereits etliche VP-Bürgermeister gefordert haben), sondern auch die Frage eines gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Mehr als ein Achtungserfolg

Das Ergebnis des Volksbegehrens zu Letzterem ist ja die eigentliche Sensation der Eintragungswoche. Als Initiatorin eine Partei, die CPÖ (Christliche Partei Österreichs), die weit unter der politischen Wahrnehmungsschwelle liegt; dazu eine im Vergleich zu den beiden anderen Begehren minimale Berichterstattung, insbesondere aus naheliegenden Gründen seitens der noch immer größten Medienorgel des Landes, des ORF: angesichts dieser Rahmenbedingungen sind die 320.000 Unterschriften weit mehr als ein Achtungserfolg. [Kleiner Exkurs: Man wundert sich ja schon länger, dass eine liberalkonservative Regierung offensichtlich beim Thema ORF ziemlich nahtlos an die Politik früherer SP-geführter Regierungen anknüpft. Außer großen Inszenierungen (Stichwort: Medienenquete) war da noch nicht viel. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Medienminister angeblich selber nicht fernsieht und sich daher noch kein Bild vom ORF machen konnte. Aber wie der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl so richtig -allerdings bezogen auf "Don't smoke" - sagte: "Wenn ein Thema politisch nicht zum Heben ist, muss man den Publikumsjoker nehmen." Könnte auch für das Thema "zwingende ORF-Gebühren" (Volksbegehrenswortlaut) gelten. Ende des Exkurses.]

radikalfeministische gesinnungsprosa

Der Erfolg des ORF-Begehrens wird auch deutlich im Vergleich zu den 482.000 Stimmen für das breit getrommelte und sich aller Sympathien des medialen Mainstreams erfreuende Frauenvolksbegehren. Im Unterschied zu den beiden anderen bietet sich hier keine weiterführende Volksabstimmung an: Es gibt kein konkret fassbares Anliegen, was man zur Entscheidung vorlegen könnte. Vielmehr handelt es sich um radikalfeministische Gesinnungsprosa, die jenseits antiheteronormativer ÖH-Zirkel und befreundeter Milieus nicht wirklich mehrheitsfähig sein dürfte.

Dass diese Mischung aus soziotechnokratischen Umverteilungs-und Genderphantasien dennoch fast eine halbe Million Unterstützer fand, mag man wohlwollend damit erklären, dass vermutlich nur wenige den ganzen Text gelesen hatten, man dafür aber das gute Gefühl haben konnte, auf der "richtigen Seite" zu stehen. Dazu haben natürlich auch die üblichen Unverdächtigen aus bürgerlichen und katholischen Kreisen beigetragen, die sich positiv zum Frauenvolksbegehren geäußert haben (wie sich insbesondere die gesellschaftspolitischen Forderungen mit katholischen Prinzipien vereinen lassen, wäre eine eigene Geschichte, aber christlich geht ja bekanntlich anders ).

rudolf.mitloehner@furche.at |

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