Dieser FURCHE-Text wurde automatisiert gescannt und aufbereitet. Der Inhalt ist von uns digital noch nicht redigiert. Verzeihen Sie etwaige Fehler - wir arbeiten daran.
Handbuch für den Kirchenbau
KIRCHEN. Grundlagen, Planung, neue Kirchenbauten. Willy Wey res, Otto Bartning und zahlreiche andere Mitarbeiter. Verlag Callwey, München. 450 Seiten, gegen 500 Photos, rund 1000 Zeichnungen,
KIRCHEN. Grundlagen, Planung, neue Kirchenbauten. Willy Wey res, Otto Bartning und zahlreiche andere Mitarbeiter. Verlag Callwey, München. 450 Seiten, gegen 500 Photos, rund 1000 Zeichnungen,
Grundrisse und Details. Preis 78 DM
Das große Arbeitsbuch legt einen Querschnitt durch die gegenwärtigen Bemühungen um den Kirchenbau. In umfassenden Abschnitten wird einleitend eine theologische Grundüberlegung geboten, sodann ein knapper historischer Ueberblick, ein Werkheft, mit den Anleitungen zur Disponierung des Raumes und schließlich ein Bildteil, der über die gegenwärtige weltweite Baubewegung unterrichtet. Diese Einteilung wiederholt sich in den beiden Büchern für katholischen und protestantischen Kirchenbau, dem der Band ein drittes praktisches Werkbuch anschließt, das von den Maßen für das Kirchengestühl bis zur Stadtplanung reicht. Damit ist schon der weite Umfang der Interessentenschaft angedeutet, an die sich das Werk wendet. Die theologische Grundlegung bestimmt der Wunsch, „den Kirchenbau zunächst geistig hinreichend zu fundieren“ (S. 94). Leider entspricht gerade dieser Teil wegen seiner hemmenden Polemik und seiner verschachtelten und zum Teil unglücklichen Formulierungen nicht ganz dem Anspruch des Buches. Gerade hier hätte man nicht vorn Entwurf eines einzelnen Bearbeiters ausgehen dürfen und das in Tagungen und Publikationen bisher Erarbeitete sichtend einbauen müssen, um/die gültigen Formulierungen zu finden. Abgesehen von diesem schmerzlichen Mangel ist das Grundanliegen, das die theologische Einleitung eröffnet und durch das gesamte Buch weiter entfaltet, überaus wichtig und ernster Diskussion wert. In einer Zeit, in der unser ganzes Leben durchwirkt und mitbestimmt erscheint „von Effekten und Lenkungen, die aus fremdem Willen kommen, und uns zu dessen Objekt zu machen suchen“ (S. 90), droht auch im Kirchenbau eine entsprechende Gefahr. Die psychologischen Gesichtspunkte sowie die als Schlagworte gefährlichen Grundsätze vom „Funktionieren“ und der „Funktion“ des Raumes führen leicht zu einem Zerrbild der Aufgaben im Sakralbau. Zudem werden neuerdings die Grundrisse in ihrer Bedeutung überbewertet, Es besteht die „Gefahr, in der funktionsgerichteten Grundrißlösung den eigentlichen Schlüssel - zu einer neuen Epoche des Kirchenbaues zu sehen“ (S. 84). Das Buch vertritt die Forderung, „daß der ganze Raum auf das volle Leben des Gottesdienstes und der Andacht hin angelegt wird, nicht etwa nur aufs Zuschauen“. Mehr noch: Das Gesetz der Zweckgebundenheit sei überhaupt zu durchstoßen, „soll der Mensch hier doch, jetzt und später, über sich hinauskommen" (S. 83). Der Bau soll die Befähigungen des Menschen zur Begegnung mit Gott erschließen, die dann aber als freie Tat zu leisten ist (S. 12). Das erreicht nur der große und genügend auf die innere Vielfalt des Kultes hin angelegte Raum, das „kontrapunktische Raumgefüge“ (S. 8 8), nicht die zweckdienliche oder psychologische „Ausrichtung“. Alle Gesichtspunkte von der Konstruktion bis zur liturgischen Funktionsrichtigkeit müssen sich der „Imagination“ des großen Kultraumes unterordnen. Die Polemik der Autoren gegen die untergeordneten Gesichtspunkte droht freilich in diesem Zusammenhang ihre für die konkrete Baugestalt oft entscheidende Rolle allzusehr zu schmälern. Der Tatsache zeitgebundener Formen und ihres Verhältnisses zu den sich überzeitlich bewährenden Schöpfungen wird die Abhandlung nicht gerecht, ebensowenig den Möglichkeiten, Gott auf dem Wege der Analogien und nicht nur als dem „ganz Anderen“ gegenüberzutreten. Die Frage nach dem Sakralcharakter wird dementsprechend zu einseitig mit dem Begriff „Abgrenzung“ festgelegt. Im übrigen kommen viele große Anliegen zu Wort. Hier konnte nur auf das Grundanliegen eingegangen werden. Mehr noch als durch Worte spricht das große Werk durch seine Bilder. Mit den vorzüglichen Abbildungen und Planerläuterungen zu den leitenden Ueberlegungen vermag es gerade auch als Schaubuch tief in die Aufgaben und Entwicklungen des Kirchenbauens hineinzuführen. Die Mitarbeit bewährter Fachleute hat entscheidenden Anteil am Gelingen dieses vielseitigen Buches.
Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.
In Kürze startet hier der FURCHE-Navigator.
Steigen Sie ein in die Diskurse der Vergangenheit und entdecken Sie das Wesentliche für die Gegenwart. Zu jedem Artikel finden Sie weitere Beiträge, die den Blickwinkel inhaltlich erweitern und historisch vertiefen. Dafür digitalisieren wir die FURCHE zurück bis zum Gründungsjahr 1945 - wir beginnen mit dem gesamten Content der letzten 20 Jahre Entdecken Sie hier in Kürze Texte von FURCHE-Autorinnen und -Autoren wie Friedrich Heer, Thomas Bernhard, Hilde Spiel, Kardinal König, Hubert Feichtlbauer, Elfriede Jelinek oder Josef Hader!