Sternschnuppe - © Foto: Pixabay

Weihnachten und Epiphanie: Zwei Feste im Wettstreit

19451960198020002020

Weihnachten und Epiphanie, im Westen am 25. Dezember bzw. am 6. Jänner gefeiert, konkurrierten einst miteinander. Eine Spurensuche nach den Ursprüngen des Christi-Geburts-Festes.

19451960198020002020

Weihnachten und Epiphanie, im Westen am 25. Dezember bzw. am 6. Jänner gefeiert, konkurrierten einst miteinander. Eine Spurensuche nach den Ursprüngen des Christi-Geburts-Festes.

Werbung
Werbung
Werbung

Augustinus, der wohl bekannteste Kirchenvater, der wie kein anderer die abendländische Theologie prägen sollte, war ab 395 Bischof der nordafrikanischen Stadt Hippo. Eine seiner Epiphanie-Predigten hat Anlass zu vielen Spekulationen über das Weihnachtsfest und seine Entstehungsgeschichte gegeben. Die kirchliche Situation, die für das Verständnis der Predigt notwendig ist, ist rasch erklärt. Anfang des vierten Jahrhunderts war es unter Kaiser Diokletian zu einer letzten großen Verfolgung der Christen gekommen, die in unterschiedlicher Stärke fast ein Jahrzehnt anhielt (von 303 bis 311 n. Chr.). Mit dem Toleranzedikt von Mailand (313 n. Chr.) wurde dann das Christentum den heidnischen Religionen gleichgestellt. Am Rande sei bemerkt, dass einer Zeitrechnung, die über viele Jahrhunderte hinweg Verwendung fand, das erste Regierungsjahr des Diokletian (284 n. Chr.) als das Jahr 1 zugrundelegt wurde. Diese Zeitrechnung nannte man "Zeitrechnung der Märtyrer".

Augustinus vs. Donatisten

Auch Kirchenfunktionäre sind nur Menschen und so konnte es nicht ausbleiben, dass ein Teil von ihnen in der großen diokletianischen Verfolgung nicht standhaft blieb. Ein glaubenseifriger Bischof mit Namen Donatus weigerte sich nach dem Ende der Verfolgungen, die Sakramente anzuerkennen, die von solchen abgefallenen Geistlichen gespendet wurden. Bereits um das Jahr 312 kam es aus diesem Grund in Nordafrika zur Kirchenspaltung, die Donatisten hatten zeitweilig die Mehrheit der nordafrikanischen Gläubigen hinter sich, bis sie im fünften Jahrhundert - wohl auf Betreiben der Kirche - staatlicherseits verboten wurden. Erst der staatliche Eingriff führte dazu, dass diese Gemeinschaft verschwand.

In seiner Bischofskirche in Hippo hielt Augustinus nun eine vielbeachtete und häufig diskutierte Epiphaniepredigt, in der er auf die Anhänger des Donatus Bezug nimmt. Diese stünden, so führt Augustinus aus, nicht in Einheit mit den Kirchen des Ostens, wenn sie das Epiphaniefest nicht feierten. Findige Wissenschaftler bauten darauf einen Indizienbeweis auf: Weil die Anhänger des strengen Donatus Epiphanie nicht feiern, muss dieses Fest erst nach der Trennung der Donatisten von der Großkirche entstanden sein. So weit, so einleuchtend und auch unspektakulär.

Doch noch ein Weiteres könne man aus der Predigt ableiten: Von Augustinus sind mehr Weihnachtspredigten als Epiphaniepredigten erhalten. Allerdings wirft er in keiner Weihnachtspredigt den Donatisten vor, dass sie dieses Fest nicht feiern. Also, so die Argumentation, müssen diese Weihnachten gefeiert haben. Folglich sei das Weihnachtsfest bereits vor der nordafrikanischen Kirchenspaltung etabliert gewesen. Nur selten regt sich jedoch eine mahnende Stimme, dass es sich hierbei um einen reinen Indizienbeweis handelt.

Weihnachten: falscher Tag?

Solange man bei der Betrachtung dieser Frage nur die liturgische Entwicklung in Nordafrika berücksichtigt, wirkt das Argument halbwegs glaubwürdig. Ein Blick in die östlichen Gebiete des römischen Reiches - auf die Augustinus ja ausdrücklich in seiner Epiphaniepredigt hinweist - ändert die Situation allerdings deutlich. Leider sind keine Predigten der donatistischen Geistlichen aus Hippo erhalten. Vielleicht könnte man sonst lesen, dass diese genau den gleichen Vorwurf an Augustinus erhoben - nämlich nicht in Einheit mit den Kirchen des Ostens zu stehen -, weil Augustinus mit seinen Gläubigen Weihnachten feierte.

Zu der Zeit, als Augustinus seine Predigt hielt, wurde weder in Armenien noch in Alexandrien Weihnachten gefeiert. In Jerusalem gedachte man zu dieser Zeit am 25. Dezember des Jakobus und des David. Von einer Weihnachtsfeier findet sich in Jerusalem keine Spur zu dieser Zeit. Hieronymus, der bekannte Bibelübersetzer, folgt zwar in Betlehem zu dieser Zeit der westlichen Tradition, die stolzen Jerusalemer berufen sich jedoch auf ihre eigene Überlieferung. Wo, wenn nicht hier, müsse man den richtigen Geburtstag Jesu kennen. Schließlich wurde Jesus ja nicht im Westen, sondern unweit von Jerusalem geboren. Sicherlich ein gutes Argument. Das Geburtsfest Jesu wird in dieser Zeit in Jerusalem zu Epiphanie begangen. Das westliche Weihnachtsfest liegt, so meinen die Jerusalemer, schlicht und einfach auf dem falschen Tag - und Augustinus tut ganz offensichtlich gut daran, sich in dieser Sache nicht zu äußern.

So rasch verändert sich ein Indizienbeweis in der kirchengeschichtlichen Argumentation, wenn der Blick auf die größeren Zusammenhänge fällt. Man wird festhalten müssen, dass zur Zeit des Augustinus Epiphanie als Fest in der ganzen Kirche gefeiert wurde - sonst hätte er diesen Vorwurf nicht gegen die Donatisten erheben können. Diese haben sicherlich kein Epiphaniefest und mit größter Wahrscheinlichkeit auch kein Weihnachtsfest gefeiert. Es spricht also alles dafür, dass die beiden Feste erst nach der diokletianischen Verfolgung entstanden.

Des Westens, des Ostens

Bereits die Argumentation der Jerusalemer Kirche an der Wende vom vierten zum fünften Jahrhundert zeigt, dass Weihnachten und Epiphanie ursprünglich konkurrierende Feste waren. Beide Feste sind wohl zur gleichen Zeit und unabhängig voneinander entstanden - Weihnachten als das Geburtsfest im Westen, Epiphanie als das Fest des Ostens. Um so erstaunlicher ist, dass die älteste Nachricht über eine Feier des Epiphaniefestes aus dem Westen stammt. Der Historiker Ammianus Marcellinus berichtet, dass Kaiser Julian Apostata im Jahr 361 in Gallien das Epiphaniefest besucht habe. Die Begründung des Historikers für den Gottesdienstbesuch des Kaisers lautet: Er habe dadurch seinen Abfall vom Glauben geheimhalten wollen.

Weihnachten ist heute in fast allen Kirchen als das Geburtsfest Jesu Christi etabliert - einzig die armenische Kirche hält noch immer an der alten Überlieferung des Ostens fest und feiert an Epiphanie die Geburt des Heilands und zugleich seine Taufe.

Epiphanie ist zwar als Fest in allen Kirchen vorhanden, doch ist der Inhalt des Festes aufgrund der historischen Entwicklung nicht einheitlich. Im Westen ist es der Tag der Heiligen Drei Könige. Bereits in den alten Jerusalemer Lektionaren vom Anfang des fünften Jahrhunderts findet sich die Erzählung vom Besuch der Magier (Mt 2,1-12) als zentrale Lesung des Epiphaniefestes. Im Rahmen der Übernahme des Weihnachtsfestes wurde diese Lesung im Osten Teil der Liturgie des übernommenen Festes, während im Westen der Besuch der Magier zentraler Inhalt des Epiphaniefestes wurde. Die Taufe Jesu wird seit dieser Zeit im Osten zu Epiphanie gefeiert.

Gregorianisch vs. Julianisch

Wenn heute trotzdem nicht in allen Kirchen Weihnachten zur gleichen Zeit gefeiert wird, liegt dies an Kalenderunterschieden. Durch die Gregorianische Kalenderreform aus dem Jahr 1582 wurden Ungenauigkeiten des Julianischen Kalenders beseitigt. Zehn Tage (5. bis 14. Oktober 1582) fielen aus, um die entstandene Abweichung zu korrigieren. Der neue Kalender wurde jedoch zuerst vor allem von mehrheitlich katholischen Ländern übernommen; einige orthodoxe Kirchen verwenden noch immer diesen Kalender. Es handelt sich um die orthodoxen Kirchen von Georgien, Russland und Serbien. Bei diesen liegt dann das Weihnachtsfest entsprechend später - gleiches gilt jedoch auch für Epiphanie.

Die Anfänge beider Feste liegen im Dunkel der Geschichte verborgen und doch bestätigt sich noch heute, was der Kirchenvater Johannes Chrysostomus (349 bis 407) bei der Weihnachtspredigt sagt, die er anlässlich der Einführung des Weihnachtsfestes in Antiochia hielt: Im Sturm hat dieses Fest die Herzen der Gläubigen erobert.

Der Autor ist Theologe und Mitarbeiter an der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien.

BUCHTIPP: WEIHNACHTEN - Eine Spurensuche

Von Hans Förster

Kadmos Kulturverlag, Berlin 2002

140 Seiten, geb., e 13,20

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung