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Theologen hatten Bedenken. Doch die Volksfrömmigkeit forderte Bilder: In der Ost-wie in der Westchristenheit setzte sich kein Bilderverbot nachhaltig durch.

Die Ablehnung von Bildern jeder Art ist eine der deutlich sichtbaren jüdischen Wurzeln des frühen Christentums. Das Judentum zur Zeit Christi war durch eine sehr strikte Haltung in dieser Frage gekennzeichnet. Auch die christlichen Theologen lehnten in den Anfängen jede bildliche Darstellung Gottes ab; dies verhinderte in der Frühzeit ein Entstehen christlicher Bildkunst als solcher. Ein wichtiges Argument war meist der Verweis auf die entsprechenden Stellen des Alten Testaments. Künstler waren schlecht angesehen, ihre Aufnahme unter die Taufwerber gestaltete sich schwierig. Tertullian, der Ende des 2./Anfang des 3. Jahrhunderts wirkte, schlägt vor, Künstler sollten sich überhaupt ein neues Betätigungsfeld suchen und handwerklichen Tätigkeiten wie dem Tünchen der Wände nachgehen.

Schlechtes Künstler-Image

In den apokryphen Apostelakten des Johannes kommt diese Haltung sehr deutlich zum Ausdruck. Der neubekehrte Lykomedes lässt heimlich ein Bild des Apostels malen. Als dieser davon Kenntnis erhält und das mit einem Kranz geschmückte Bild sieht, bemerkt der Apostel: "Ist es einer von deinen Göttern, der da gemalt ist? Ich sehe ja, dass du noch heidnisch lebst."

Heidentum und Bilder sind für das frühe Christentum so eng verbunden, dass ein bekränztes Bild mit einem vor ihm stehenden Altar als heidnisch empfunden wird, selbst wenn es einen christlichen Inhalt hat. Euseb, der Anfang des 4. Jahrhunderts wirkte, berichtet, er habe einer Frau Bilder des Paulus und Christi weggenommen, um den Anschein heidnischer Götzenverehrung zu vermeiden - hier wird nebenbei auch die vermeintliche besondere Nähe von weiblichem Geschlecht und Häresie deutlich. Umgekehrt empfinden Heiden das Fehlen von Bildern im Christentum in dieser Zeit als abwegig.

Eine christliche Bildkunst scheint dann vor allem von der Grabkunst ausgegangen zu sein, so finden sich auf römischen Sarkophagen die ältesten Stufen christlicher bildlicher Darstellungen. Gerade deswegen wird man einmal mehr dazu geneigt sein, dies als Entwicklung von unten anzusehen, der volksfromme Wunsch nach bildlichen Darstellungen findet schrittweise Aufnahme in das kirchliche Leben.

Entwicklung von unten

Von Seiten der Theologen werden immer wieder Bedenken geäußert. Der erste Schritt sind oftmals symbolische Darstellungen, es sei nur auf den Fisch oder den guten Hirten verwiesen. In der Auseinandersetzung zwischen Befürwortern und Gegnern von Bildern zeigt sich im vierten Jahrhundert eine Loslösung von den jüdischen Wurzeln, nicht mehr die Argumentation um die Geltungskraft des Bilderverbotes steht im Vordergrund, es geht vielmehr um die mit philosophischen Mitteln begründete Nichtdarstellbarkeit Gottes. Weil er unbegreiflich und unbeschreibbar sei, könne er auch nicht in ein Bild gefasst werden. So die Gegner der Bilder.

Die Befürworter hingegen verweisen darauf, dass er in Christus Mensch geworden sei und dass dieser deswegen dargestellt werden dürfe. Bei Asterius von Amaseia finden sich Ende des 4. Jahrhunderts Ansätze, die am Vorabend der Reformation eine besondere Betonung erfahren sollten: Sozialpolitisches Denken prägt seine Polemik gegen Christen, die dem Luxus frönen und Bilder mit Darstellungen aus den Evangelien auf ihren Gewändern tragen, während sie die lebendigen Bilder Gottes, Kranke, Witwen und Waisen vernachlässigen.

Im Westen entwickelte sich die Bilderverehrung eher zurückhaltend, bei Augustinus finden sich kritische Äußerungen. Papst Gregor der Große nimmt Anfang des 7. Jahrhunderts eine vermittelnde Haltung ein, indem er die Zerstörung von Heiligenbildern durch Serenus von Marseille verurteilt, das Anliegen jedoch mit ihm teilt: Eine Verehrung der Bilder sollte dadurch verhindert werden. Diese hätten jedoch, so der römische Bischof, einen belehrenden Charakter für Analphabeten.

Im 4. Jahrhundert waren christliche Bilder im Osten weit weniger verbreitet als im Westen, die Polemiken des Epiphanius von Salamis, der Ende des 4. Jahrhunderts auf Zypern wirkte, sind anders nicht verständlich. Gleichzeitig wird durch diese Ausführungen die Existenz von Bildern auch im Osten für das Ende des 4. Jahrhunderts belegt. In Folge kommt es gegen Ende des 6. Jahrhunderts im Osten zu einer grundsätzlichen Wandlung des christlichen Bildes und seiner Deutung. Etwas pointiert möchte man formulieren, dass das Bild hierbei zur Ikone wird. Abbild und Urbild stehen in engstem Zusammenhang, die Verehrung des Bildes verehrt den Dargestellten und vermag dabei dessen Hilfe zu vermitteln. In diesen Vorstellungen wirkt antikes Denken weiter.

Das Bild wird zur Ikone

Diese veränderte Sicht der Bilder drückt sich auch in den sich entfaltenden Frömmigkeitsübungen aus, Bilder werden als Amulette am Körper getragen, Bildern werden Kirchen errichtet und vor diesen Bildern werden Lichter aufgestellt, man verbrennt Weihrauch und so weiter. Im sechsten Jahrhundert finden sich die ersten Bezeugungen von christlichen Bildern, die nicht von Menschenhand gemalt sein sollen. Aus dieser Zeit gibt es dann auch Berichte über wundertätige Bilder, die Ikone vermag so den von einem Heiligen ausgehenden Segen in ähnlicher Weise wie die Reliquien über seinen Tod hinaus zu vermitteln.

Von diesen Bildern ist vieles im nachfolgenden Bilderstreit zerstört worden. Dieser beginnt damit, dass Kaiser Leon III. im Jahr 726 das Christusbild vom Tor des Palastes in Konstantinopel abnehmen lässt, wenige Jahre später erlässt er ein Gesetz: Alle Bilder müssen beseitigt werden. Im Jahr 754 wird ein Konzil abgehalten. Die Beschlüsse sind eindeutig: Herstellung und Verehrung von Bildern sind häretisch. Gegen diese Beschlüsse regt sich vor allem unter den Mönchen großer Widerstand. Dieses Konzil wurde durch das im Jahr 787 tagende zweite Konzil von Nicäa als Pseudosynode für ungültig erklärt. Infolge gab es noch Versuche, Bilder zwar zuzulassen, ihre Verehrung jedoch zu verunmöglichen.

Wie ist diese Situation zu werten? Man wird wohl nicht behaupten können, dass die Gegner der Ikonenverehrung, die so genannten Ikonoklasten, den verlorenen Zustand der Urkirche wieder herstellen wollten. Vielmehr scheint die Ikonenverehrung in dieser Zeit noch auf einzelne Bereiche und Regionen begrenzt gewesen zu sein, so dass die Ziele der Ikonoklasten am ehesten als Reform zu deuten sind, die Entwicklungen in einzelnen Gebieten unterbinden sollte. Diese scheiterte jedoch, und in der Folge setzte sich die bildliche Darstellung Christi und heiliger Personen sowie die Verehrung dieser Bilder in der Orthodoxie durch.

Bilder in Ost und West

Für den Westen ist der Bilderstreit des Ostens der Anstoß, sich mit der Frage nach den bildlichen Darstellungen und ihrer Verehrung auseinanderzusetzen. Als direkte Reaktion auf die Situation des Ostens ist die römische Synode des Jahres 731 zu werten: Auf dieser verhängt Papst Gregor III. die Strafe Exkommunikation für die folgenden Vergehen: Das Abnehmen, die Entweihung oder Zerstörung von Bildern.

Allerdings ist die westliche Sicht der Bedeutung von Bildern zurückhaltender. Gerade im fränkischen Raum regt sich starker Widerstand gegen Bilder, letztendlich siegt jedoch im neunten Jahrhundert die Volksfrömmigkeit. Als Bibel der Analphabeten schmücken biblische Bilderzyklen mittelalterliche Kirchen - schließlich wurde die lateinische Liturgiesprache vom Volk nicht mehr verstanden.

Erneut regt sich schwere Kritik an den bildlichen Darstellungen am Vorabend der Reformation. Savonarola kämpft gegen Bilder, sie sind ihm Zeichen des kirchlichen Luxus und Zeugen mangelnder Innerlichkeit des kirchlichen Lebens. Die verschiedenen kirchlichen Reformbewegungen, die sich in Folge oftmals als Ketzer außerhalb der katholischen Kirche fanden, lehnten die Bilder als Zeichen einer feudalen Kirche ab, nicht jedoch aus grundsätzlichen Überlegungen, die das religiöse Bild an sich betreffen würden.

Luther nüchtern, Zwingli strikt

Luther nimmt gegenüber den Bildern eine sehr nüchterne Haltung ein; er lehnt jede Bildverehrung ab. Bilder seien nicht heilsnotwendig aber auch nicht verboten, dürfen nicht Anlass zu Werkfrömmigkeit geben, haben aber sehr wohl eine pädagogische Funktion: Bilder illustrieren die Botschaft der Bibel. Die Schweizer Reformatoren hingegen vertreten eine strikte Haltung und berufen sich hierbei wieder auf das Alte Testament. Da aus der Sicht von Zwingli jedes in einer Kirche zu findende Bild eine wie auch immer geartete kultische Verehrung nach sich zieht, ist für ihn ein Bild in einer Kirche nicht vorstellbar.

Diese Haltung charakterisiert bis heute die reformierte Kirche, die in dieser Frage der altkirchlichen Situation wohl am nächsten kommt, während Bilder gerade auch in der Gegenreformation in der katholischen Kirche eine sehr wichtige Rolle spielten - dabei trat oftmals das biblische Bildprogramm in den Hintergrund und Heiligenbilder in den Vordergrund.

Der Autor forscht als APART-Stipendiat der Österreichischen Akademie der Wissenschaften an der Nationalbibliothek.

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