Wer wählt Rosenkranz?

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Die Aufregung über die eidesstattliche Erklärung der FPÖ-Präsidentschaftskandidatin ist verwunderlich: Wer hätte sich denn etwas anderes erwartet? Für die ÖVP könnte die Sache noch unangenehm werden.

Es hat also nicht gereicht. Die eidesstattliche Erklärung der freiheitlichen Präsidentschaftskandidatin Barbara Rosenkranz wurde durch die Bank als ungenügend, unglaubwürdig, nicht authentisch und dergleichen mehr qualifiziert. Vergebene Liebesmüh’, schlechte Inszenierung, billiger PR-Gag.

Ja, eh – alles richtig. Aber was hat man sich eigentlich erwartet? Das Ritual der Distanzierung vom Nationalsozialismus durch FPÖ-Politiker ist bekannt; Rosenkranz hat es sogar ohne den „Meinetwegen“-Unterschleif Jörg Haiders hingekriegt. Leidenschaftslos im Ton – für charismatische Zungenrede ist sie freilich auch sonst nicht bekannt –, in der Sache, wie auch der kritische ORF-Kommentator zugab, klar und unmissverständlich. So what?

Wie immer sie es angelegt hätte – in freier Rede, die konkreten NS-Verbrechen beim Namen nennende, sich den Fragen der Journalisten stellend – es hätte nicht gereicht, die Reaktionen wären dieselben gewesen. Oder nimmt jemand an, es wäre möglicherweise ein Aufatmen durchs Land gegangen: „Seht her, sie ist geläutert …“ oder „Sie ist doch anders, als wir dachten …“? Eben.

Extrem rechte Grundierung

Das ist nicht weiter verwunderlich, denn eigentlich ist über die FPÖ schon alles gesagt. Natürlich gibt es auch dort, wie in allen anderen Parteien, unterschiedliche Flügel, die im Lauf der Geschichte unterschiedliche Bedeutung hatten: von stramm-rechten Nationalen über Nationalliberale, Österreich- und Heimattümler, Rechtskonservative bis hin zur gestylten Disco-Partie, die offensichtlich der amtierende Parteichef, Bürgermeister-, Kanzler- und Leider-doch-nicht-Präsidentschaftskandidat „HC“ besonders anspricht. Da gibt es weitgehend Ideologiefreie („Flachwurzler“, © Jörg Haider) und tief Verwurzelte, zornige Verlierer und flotte Aufsteiger. Aber als Grundierung dieses schillernden Spektrums blieb und bleibt doch stets extrem rechtes Gedankengut erkennbar.

Deswegen, und weil Frau Rosenkranz gewiss nicht zu den Flachwurzlern ihrer Gesinnungsgemeinschaft gehört, gibt es gute Gründe zur Kritik an ihrer Person. Doch all das konnte man längst wissen.

Darf aber so jemand für das höchste Amt im Staat kandidieren? Natürlich darf sie. Die FPÖ ist, ob es einem behagt oder nicht, ein Faktor in der politischen Szenerie des Landes – weshalb sollte sie keinen Kandidaten für die Hofburg ins Rennen schicken? Ist sie auch für Bürgerliche wählbar? Das ist wahrscheinlich die spannendste Frage an diesem Wahlgang. ÖVP-Chef Josef Pröll und Kardinal Christoph Schönborn sind klar auf Distanz gegangen und haben Rosenkranz für sich persönlich für nicht wählbar erklärt. Viele werden ähnlich denken – aber zu sorglos sollte die ÖVP nicht sein. Denn nicht wenigen Bürgerlichen, Konservativen, auch Katholiken gilt wohl auch Heinz Fischer als nicht wählbar. Jene mit politischem Langzeitgedächtnis wissen, dass Fischer immer eher am linken Rand der Sozialdemokratie zu finden war, wenngleich er auch geschickt genug war, alle parteiinternen Wechselfälle unbeschadet zu überstehen. Und auch in seiner an sich untadeligen Amtsführung als Bundespräsident hat er im Zweifelsfall doch der SPÖ Schützenhilfe geleistet.

Fischers Überparteilichkeit

Das ist auch in Ordnung so, und Fischer selbst würde wohl sagen, er wolle für alle Österreicher da sein, habe aber seine Gesinnung nicht an der Garderobe abgegeben. Aber es bedeutet wohl, dass rechts der politischen Mitte nicht alle die „Überparteilichkeit“ Fischers so mir nichts, dir nichts schlucken werden. In welchem Ausmaß die dann am Wahltag zu Hause bleiben, ungültig wählen – oder doch bei Rosenkranz ihr Kreuz machen, bleibt abzuwarten. Letzteres könnte durchaus ein Ausdruck des Unmuts über die ÖVP sein, keinen Kandidaten aufgestellt zu haben – in der Gewissheit, dass Rosenkranz ohnedies nicht Bundespräsidentin wird. Die üblichen Unverdächtigen werden danach wieder tief besorgt darüber räsonieren, wieso ein Viertel der Wähler rechtsextrem votiert hat.

* rudolf.mitloehner@furche.at

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