Immanuel Kant - © Foto: Getty Images / Culture Club

Immanuel Kant: Ein Philosoph gegen die Verdüsterung

19451960198020002020

Immanuel Kant hat seine Heimatstadt kaum verlassen – und wurde zum geistigen Weltbürger. Sein Werk ist ein Leitstern der Aufklärung, dessen Leuchtkraft heute relevanter ist denn je.

19451960198020002020

Immanuel Kant hat seine Heimatstadt kaum verlassen – und wurde zum geistigen Weltbürger. Sein Werk ist ein Leitstern der Aufklärung, dessen Leuchtkraft heute relevanter ist denn je.

Werbung
Werbung
Werbung

Als Immanuel Kant am 22. April 1724 im ostpreußischen Königsberg, heute Kaliningrad, als viertes Kind in eine zunehmend verarmende Handwerkerfamilie geboren wurde, ahnte niemand, dass er einmal der bedeutendste Philosoph der Neuzeit werden wird. Ebenso wenig, dass bei seiner Beerdigung Ende Fe­bru­ar 1804 alle Glocken seiner Heimatstadt läuten und ein unüberschaubarer Zug von Menschen, vom höchsten Adel und Militär bis zu einfachen Bürgern und Bürgerinnen, seinem Sarg bei Trauermusik folgen sollte.

Stipendien und die Unterstützung eines Onkels ermöglichten ihm den Besuch von Schule und Universität. Die Gymnasialzeit und der Alltag Kants waren vom Geist des Pietismus beeinflusst, in dem Bibellektüre, Bekehrungserlebnisse und Akte der Nächstenliebe wichtig waren. Seine Mutter starb, als er 13 Jahre alt war. „Ich werde sie nie vergessen“, soll er von ihr gesagt haben: „Sie pflanzte und nährte den ersten Keim des Guten in mir […] und ihre Lehren haben einen immerwährenden heilsamen Einfluss auf mein Leben gehabt.“

Ab 1740 studierte er an der „Albertina“, der Universität Königsberg, und hörte dort vor allem philosophische Vorlesungen. Nach dem Tod des Vaters 1746, gegen Ende seines Studiums, musste er sich um seine jüngeren Geschwister kümmern. Danach arbeitete er als Hauslehrer und ab 1766 als Bibliothekar der Königlichen Schloss­bibliothek, bis er vier Jahre später zum Professor der Logik und Metaphysik in seiner Heimatstadt berufen wurde. Dort lehrte er 41 Jahre lang. Königsberg sollte er dabei kaum verlassen.

Kant wird als kleiner, zierlicher Mann mit hellen blauen Augen beschrieben, der stets elegant und bunt gekleidet war, freundliche Umgangsformen pflegte, unverheiratet blieb, nie auf Reisen ging, sehr gesellig war und sein Leben strikten Regeln unterwarf. So stand er ab dem Alter von 40 Jahren jeden Morgen um fünf Uhr auf. Sein Tagesablauf war so genau getaktet, dass die Königsberger die Uhr nach ihm stellen konnten, da er Punkt 19 Uhr seinen Abendspaziergang antrat.

Freiheit, Frieden, Fortschritt

Für die Philosophiegeschichte ist der schon zu Lebzeiten weltberühmte Professor und Bestsellerautor das, was der französische Denker Jacques Derrida so ausdrückte: „Kant ist die Norm.“ Mit 57 Jahren revolutionierte der Königsberger die Philosophie durch seine „Kritik der reinen Vernunft“ (1781). Das Werk wurde jedoch erst so richtig verstanden, als ihn sein Verleger überredete, die Grundidee vereinfacht darzustellen. Vermittelt durch die populäre Fassung der „Kritik“ mit dem sperrigen Titel „Prolegomena zu einer jeden zukünftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können“ (1783) begann Kants Aufstieg zum Leitstern der europäischen Geistesgeschichte.

In seiner „Kritik“ leistete Kant den philosophischen Aufweis, dass man die Existenz Gottes, das „Sein der Freiheit“ und die Unsterblichkeit der Seele wissenschaftlich weder beweisen noch widerlegen kann. In seinem nachfolgenden Werk „Kritik der praktischen Vernunft“ (1788), ein weiterer Meilenstein der Philosophiegeschichte, zeigt der Professor aus Königsberg, dass Freiheit als regulative Idee eine Annahme ist, ohne die ethische Überlegungen gar keinen Sinn machen würden. Im Originalton von Kant: „Wäre aber keine Freiheit, so würde das moralische Gesetz in uns gar nicht anzutreffen sein.“ Sein Werk ist somit absolut elementar für moralphilosophische Überlegungen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung