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Unsere Staatspolizei

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Der langjährige verdiente Leiter der staatspolizeilichen Gruppe im Bundesministerium für Inneres wurde nun mit der Leitung einer Sektion betraut und scheidet aus seinem bisherigen Wirkungskreis. Er hat unter schwierigsten, und vor allem in der Besatzungszeit auch gefährlichen Verhältnissen, den staatspolizeilichen Sektor aufgebaut und trotz vieler Anfeindungen zu einem bedeutenden Instrument des Staatsschutzes gemacht. Er war stets bemüht, in objektiver Weise dem Staatsganzen, der Republik, zu dienen und wachsam zu sein, wo unserem wiedererstandenen Staate Gefahren drohten. Dies wurde vielfach verkannt und mißdeutet und führte leider auch dort zu Angriffen gegen den treuen Beamten, wo Anerkennung gerechterweise am Platze gewesen wäre. Nun erfolgte unter gleichzeitiger Beförderung zum Sektionschef die Berufung zu anderen und neuen Aufgaben.

Zum Nachfolger in der Leitung der staatspolizeilichen Gruppe wurde der bisherige Polizeidirektor von Linz bestimmt. Dieser genießt den Ruf, ein ausgezeichneter Polizeifachmann zu sein und auch staatspolizeiliche Erfahrungen zu haben. Politisch ist er — im Gegensatz zu seinem Vorgänger — zur zweiten Regierungspartei zu zählen. Sohin gehören nun der Ressortminister und der Leiter gerade dieser für die Staatsführung beachtlichen Gruppe der gleichen politischen Partei an. Hier sei ausdrücklich betont, daß Weltanschauung und Bekenntnis zu einer staatsbejahenden Partei den Beamten weder in seiner Karriere hemmen noch in seiner Amtsführung und Amtsausübung belasten dürfen. Diese Konstellation wird daher zweifellos einen besonderen Prüfstein dafür abgeben, wie weit objektive Weisung und Geschäftsführung gerade in diesem Bereich bei der Behandlung besonders heikler Themen und Probleme, unter Voranstellung des Gesamtinteresses vor dem Parteiinteresse, gewahrt bleiben werden. Hierfür zuständige Stellen, vor allem der Staatssekretär im Bundesministerium für Inneres — seine objektive Amtsführung ist bekannt — werden aber besonders wachsam sein müssen, um einem etwa in einseitigem parteipolitischem Interesse gelegenen Vorgehen frühzeitig und wirksam zu begegnen. Hierbei mag vielleicht nicht zuletzt auch jene Erkenntnis ein wertvoller Helfer sein, daß in der Vergangenheit so manche (licht ganz objektive Handlungsweise von Behörden letzten Endes ungünstige Rückwirkungen gerade für jene Partei auslöste, die aus solchen Seitensprüngen politisches Kapital zu schlagen suchte.

Im Zusammenhang mit diesen nun vor sich gehenden personellen Veränderungen wurden schon beachtliche, warnende Stimmen laut, die Arges für die Zukunft befürchten. Diese Warnrufe stammen zweifellos daher, weil es den Anschein hat, als ob die Personalpolitik bei einzelnen Bundespolizeibehörden schon seit einiger Zeit darauf hinzielte, die mit staatspolizeilichen Aufgaben betraute Gruppe völlig in die Hand sozialistischer Parteigänger zu spielen. Sicher ist es so, daß die einen zu schwarz sehen (in diesem Falk zu „rot”), die anderen die Möglichkeiten der sogenannten Staatspolizei überschätzen.

Die Republik Oesterreich kennt keine Staatspolizei wie etwa die Gestapo unseligen Angedenkens, sie kennt aber auch keine organisatorischen Formen der Art, wie sie in den verschiedensten Staaten gebräuchlich sind. Auch der Aufgabenkreis ist ganz anders umschrieben. Die mit staätspolizeilichen Aufgaben betrauten Organe haben wohl vor allem mit größter Wachsamkeit Umtrieben und Bestrebungen nachzuforschen und aufzuzeigen, soferne diese unsere staatlichen Einrichtungen und damit den Bestand unserer Republik zu gefährden drohen. Damit verbunden ist eine überwiegend informative Tätigkeit, deren vornehmster Zweck es ist, die Regierung, allenfalls aber auch Behörden, über Vorgänge von besonderem Interesse zu unterrichten. Soweit exekutives Eingreifen erforderlich ist, müssen hierzu die Sicherheitsbehörden beziehungsweise Sicherheitsorgane herangezogen werden. Ein solches Einschreiten ist an Hand der derzeit geltenden Bestimmungen — es fehlt ein schon verschiedentlich gefordertes und brauchbares Staatsschutzgesetz — bei manchen mißliebigen und staatspolitisch verwerflichen Vorfällen oft sehr schwierig oder überhaupt nicht möglich. So sind die in Frage kommenden Gesetzesstellen z. B. in keiner Weise ausreichend, um die Tätigkeit ausländischer Spionagegruppen wirksam zu unterbinden.

Abschließend sei noch darauf hingewiesen, daß’ gewisse staatspolizeiliche Aufgaben auch von den allgemeinen Sicherheitsbehörden in ihrem Wirkungskreis wahrgenommen werden. Damit sind auch gleichzeitig die Grenzen auf- eezeigt. die dem Versuch einer allzu einseitigen Orientierung von vornherein gesetzt sind.

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