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Perspektiven für die Polittheatersaison 2003/04.

Vorhang auf!" heißt es demnächst für die Bühnen des Landes - die Saison 20003/04 steht vor der Tür (siehe Dossier S. 21 ff.). Von Interesse ist hier die Begrifflichkeit: "Theatersaison" grenzt das einschlägige Geschehen in zwei Richtungen ab: von den großen internationalen "Festspielen" wie Salzburg, Bregenz, Bayreuth; und vom so genannten "Sommertheater". Von den Festspielen unterscheidet sich die Theatersaison durch den zwangsläufigen Mangel an einer - wie auch immer verstandenen - Exklusivität, an Flair des Besonderen und dergleichen mehr; vom Sommertheater durch - in Summe - größere, nun ja, nennen wir es einmal: Bedeutungsschwere.

Wie überall sind freilich auch hier die Grenzen längst verwischt, ist die Tendenz zur Einebnung der Unterschiede unübersehbar: Was im Juli/August rund um die diversen Ruinen, Schlösser, Klöster geboten wird, muss nicht flach sein - und umgekehrt ist auch auf den großen Bühnen Leichtigkeit weniger denn je verpönt. Vielleicht kann man es am besten mit den Zeitungen vergleichen: Boulevard und Qualitätspresse nähern sich von beiden Seiten einander an.

Oder mit der Politik? Bezeichnenderweise wurde in den Kommentaren und Analysen zur von der SPÖ initiierten Sondersitzung des Nationalrats am 12. August nahezu durchgängig der Begriff "Sommertheater" verwendet - allerdings in seiner pejorativen Bedeutung, konnotiert mit ohne Tiefgang, oberflächlich, fragwürdig heiter bis peinlich. Solch politische Darbietungen gibt es freilich nicht nur im Sommer, die Erfahrungen der letzten Jahre legen es vielmehr nahe, von einer "Sommertheaterisierung" der Politik als solcher zu sprechen. Auch hier also lässt sich die oben beschriebene Nivellierung konstatieren, im Unterschied zu Kunst und Medien indes nur in eine Richtung, nach unten.

Den Abschluss des politischen "Sommertheaters" bilden die in dieser Woche gestarteten ORF-"Sommer"- (was sonst!) -Gespräche, dann hebt sich auch auf der Politbühne des Landes der Vorhang für die Saison 2003/04. Das Programm kennt man einigermaßen, aber mit Spannung sieht das Publikum natürlich den Inszenierungen und schauspielerischen Leistungen in den angesetzten Stücken entgegen.

Etwa bei der Pensionsreform: Wird die Harmonisierung der Systeme, wie die Regierung suggeriert hat, eine Art lockere Draufgabe, nachdem man den Hauptbrocken der "Jahrhundertreform" schon unter Dach und Fach gebracht hat; oder wird sich vielleicht doch dieses Vorhaben als die eigentliche Herkules-Aufgabe darstellen? Wird die VP/FP-Sprachregelung von der "Pensionssicherungsreform" sich als berechtigt erweisen; oder werden auf (möglicherweise gar nicht so) lange Sicht jene Experten Recht behalten, die meinen, das bereits Geleistete sei nur ein "allererster", wenn auch "mutiger Teil" gewesen, wie es dieser Tage Bernd Marin bei den Alpbacher Reformgesprächen (mehr dazu in der nächsten Furche) formuliert hat?

Werden sich die Peinlichkeiten um den Finanzminister, der eben versucht hat, einen desaströsen Rechnungshofbericht über die Umbesetzungen in der Verstaatlichten Industrie in gewohnter Manier schönzureden, fortsetzen?

Wird Alfred Gusenbauer weiter an strategischen Allianzen mit Jörg Haider basteln? Oder wird Gusenbauer, gewiss die intellektuell prägnanteste Persönlichkeit an der SP-Spitze seit Kreisky, mangels Erfolgen bald "allein zu Hause" sein? Rückblickend wird sich die von ihm eingeleitete Wiederbelebung des Verhältnisses zur FPÖ zweifellos als taktisch richtig erwiesen haben, aber in der Politik braucht es eben auch Glück und Gespür - mit beidem war der SP-Chef bislang nicht sonderlich gesegnet.

Aus all dem ergibt sich die vielleicht spannendste Frage: Wird die "Charmeoption" Schwarz-Grün abseits der Bühne, an den Kantine-Tischen und in den Künstlergarderoben, weiter entwickelt? Bei anhaltender Krise der FPÖ und einer SPÖ, deren Zustand selbst 150-prozentige Großkoalitionäre wie Erwin Pröll an ihren Prinzipien zweifeln lässt (Kurier-Interview vom letzten Sonntag)? Das könnte vielleicht für jenen Kick sorgen, denn die Politstaatsbühne derzeit so dringend bräuchte.

rudolf.mitloehner@furche.at

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