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Vom Menschenrechte des Eigentums

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Unter den absolut, also auch gegen den

Staat, zu schützenden Rechten . ist keines so umstritten und gefährdet wie das des Eigentums — selbst in bürgerlichen, nichtkommunistischen Ländern. Wer die Äußerungen der Vertreter Chiles, Dänemarks, Englands in den Debatten über die Formulierung der Menschenrechte hörte, mußte mit Staunen und Beklemmung erkennen, wie sehr das Gefüge bürgerlichen Rechts von wesensfremden Ideen zersetzt wird. Frau Roosevelt war die einzige, die das Problem des Eigentumsschutzes in seiner über das Eigentum hinausreichenden Bedeutung erfaßte. Und kürzlich hat der Kongreß von Upsala neuerlich das Privateigentum „gerechtfertigt“.

Wer die internationale Rechtsprechung und die Erscheinungen, die sie zu beurteilen hat — nüchtern betrachtet, 6ieht sich einer großen Verschwörung der meisten Regierungen gegen das Privateigentum gegenüber. Angriffe darauf werden getadelt, wenn sie vom andern Staate ausgehen; den wirksamen Schutz gibt man aber leichtfertig preis, um damit das Recht des eigenen Zugriffs zu erkaufen. Man will nicht sehen, wie man den Grund wegschwemmt, auf dem das eigene Haus steht. Das gilt nicht für totalitäre Staaten, denn für diese ist die Konfiskation wesenseigen. Wenn sie Konzessionen an das Privateigentum machen, so tun sie es weniger in Erkenntnis einer Lebensnotwendigkeit als zur Täuschung. Es ist die Verbeugung des Lasters vor der Tugend. Anerkennung des Eigentums und seiner Unverletzlichkeit ist ja mehr als Schutz des Eigentums.

Eigentum macht frei. Dem Dienstgeber, den Behörden gegenüber, in der Wahl von Beruf und Aufenthalt, in der Verteidigung seines Rechts und in der Gestaltung seines Lebens ist der freier, der sich auf Ersparnisse, eigene oder seiner Vorfahren, stützen kann als jener, der von der Hand in den Mund lebt — auch wenn beide voll sind. Eigentum entsteht dadurch, daß jemand sich etwas von seinen Einkünften abspart oder abgespart hat und es für spätere, nahe oder ferne Zeiten aufhebt. Damit erkauft er für sich oder seine Nachkommen nicht bloß Sicherheit und Genuß, sondern auch ein Stück Freiheit.

Unfrei macht Eigentum nur dann, wenn es dem Menschen nicht mehr dient, sondern ihn beherrscht. Das geschieht am ehesten auf den obersten und den unter sten Stufen der Wirtschaftspyramide. Der wirkliche Mittelstand, der von drückenden Nahrungssorgen und würgenden Herrschaftssorgen frei ist, der es sich leisten kann, etwas in Bildung, Forschung und Genuß, eigenem und dem der Kinder, zu investieren, ist der Boden, auf dem das Holz wächst, aus dem sich dauernde Staatsgebäude zimmern lassen.

Unsicherheit des Eigentums macht unfrei. Wer um sein Vermögen zittern muß, wer nicht dem Zugriffe des Nächsten wie des Stärkeren, und sei es der Staat, die noch stärkere Schranke des Rechts entgegenstellen kann, kann keines seiner Rechte verteidigen. Das Damoklesschwert der Rechtsunsicherheit ist eine noch wirksamere Waffe als Radio und

Maschinengewehr im Unterjochungskriege gegen den Bürger. Wer sein Vermögen nur von Gottes Gnaden besitzt, wem es offen oder versteckt weggenommen werden kann, der kann kein ehrlicher Wähler, kein aufrechter Beamter kein unbefangener Richter oder Geschworener sein, er muß bestehlen und bestechlich werden. Alle Balken, auf denen das demokratische Gesellschaftsgebäude ruht, werden angefressen und müssen zusammenstürzen. Im Vermögen wird nicht nur das Vermögen, sondern auch die Freiheit geschützt. Nicht nur die Freiheit des Besitzenden, sondern auch der nicht besitzenden Bürger.

Dies zu erkennen, sollte nicht schwer sein und zur Verteidigung des Eigentums aufrufen. Im Kampfe zwischen den beiden großen Ideologien ist die Unterminierung des Eigentums die Fünfte Kolonne der Ideen. Ein Land wie Österreich, das noch eine Säule des Rechtsbewußtseins hat, wie einen Klang, und schon einen Kenner der internationalen Verschwörung gegen das Privateigentum, wie einen S e i d 1 -Hohenveldern, das mit dem Dralle-Urteil Wahles der Rechtsprechung aller Länder den Weg gewiesen hat, steht in der ersten Reihe dieses Kampfes, auch wenn es weniger Güter zu verteidigen hat. Schutz des Eigentums ist Vorbedingung für dessen Wiedererwerbung, Vorbedingung des Wiederaufstiegs, nicht nur in der Entwicklung der materiellen, sondern auch der geistigen und moralischen Güter.

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