Sexualisierung ist nicht Fortschritt
Die Entwicklung seit dem Zweiten Weltkrieg war stark geprägt vom Willen, die wiedererlangte Freiheit zum Fortschritt der Menschheit zu nützen. Unter dem Eindruck der weltweiten Greuel waren darüber hinaus die internationalen Deklarationen oder Konventionen über die Menschenrechte von der Forderung nach Achtung der Menschenwürde beherrscht. Die erstaunlichen Aufbauleistungen brachten rasch einen ungeahnten Wohlstand mit sich. In diesem begann jedoch die Freiheit von äußerer Unterdrückung immer mehr in eine Freiheit zu hemmungsloser Befriedigung individueller Wünsche und Ansprüche umzuschlagen. Der zunächst mit dem Ziel eines menschenwürdigeren Lebens angestrebte Fortschritt geriet dadurch in die Schere zwischen den Grenzen der Ausbeutbarkeit der menschlichen Umwelt einerseits und der unersättlichen Konsumexpansion anderseits. Diese mußte ihrerseits immer wieder neue Ansprüche hervorruf en, die sie als Motor des „Fortschritts“ benötigte. Welche bedrohlichen Folgen diese Entwicklung für die Menschheit inzwischen gezeitigt hat, ist immerhin soweit bekannt, daß der Ernst der Lage nicht mehr geleugnet werden kann. Die Probleme des Umweltschutzes sind zu einem Existenzproblem der Menschheit geworden. Wehn Hemmungslosigkeit platzzugreifen beginnt, erfaßt sie gewöhnlich auch den sexuellen Bereich. Niemand kann heute übersehen, welches Ausmaß die Flut der Sexualisierung der freien westlichen Welt seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht hat. Sie erfaßt heute alle Lebensbereiche.
Die Entwicklung seit dem Zweiten Weltkrieg war stark geprägt vom Willen, die wiedererlangte Freiheit zum Fortschritt der Menschheit zu nützen. Unter dem Eindruck der weltweiten Greuel waren darüber hinaus die internationalen Deklarationen oder Konventionen über die Menschenrechte von der Forderung nach Achtung der Menschenwürde beherrscht. Die erstaunlichen Aufbauleistungen brachten rasch einen ungeahnten Wohlstand mit sich. In diesem begann jedoch die Freiheit von äußerer Unterdrückung immer mehr in eine Freiheit zu hemmungsloser Befriedigung individueller Wünsche und Ansprüche umzuschlagen. Der zunächst mit dem Ziel eines menschenwürdigeren Lebens angestrebte Fortschritt geriet dadurch in die Schere zwischen den Grenzen der Ausbeutbarkeit der menschlichen Umwelt einerseits und der unersättlichen Konsumexpansion anderseits. Diese mußte ihrerseits immer wieder neue Ansprüche hervorruf en, die sie als Motor des „Fortschritts“ benötigte. Welche bedrohlichen Folgen diese Entwicklung für die Menschheit inzwischen gezeitigt hat, ist immerhin soweit bekannt, daß der Ernst der Lage nicht mehr geleugnet werden kann. Die Probleme des Umweltschutzes sind zu einem Existenzproblem der Menschheit geworden. Wehn Hemmungslosigkeit platzzugreifen beginnt, erfaßt sie gewöhnlich auch den sexuellen Bereich. Niemand kann heute übersehen, welches Ausmaß die Flut der Sexualisierung der freien westlichen Welt seit dem Zweiten Weltkrieg erreicht hat. Sie erfaßt heute alle Lebensbereiche.
Durch Fernsehen, Rundfunk, Film, Presse, vor allem aber durch die pornographischen Magazine, verschafft sie sich Zutritt in jede Familie. Sie ist, wie die genannte Erklärung der Glaubenskongregation sagt, auch „in den Bereich der Erziehung eingedrungen“ und hat „die allgemeine Mentalität vergiftet“ (Z. 1). Sie hat auch vor dem Religionsunterricht nicht halt gemacht. Irregeleitete Priester und Laien glauben nicht selten, den Jugendlichen beweisen zu müssen, daß sie nicht veralteten „Tabus“ nachhängen. Die Sexualisierung wird nahezu unwidersprochen im Namen einer neuen Freiheit als Fortschritt gepriesen. Wer zu widersprechen wagt, wird als unverbesserlicher „Gestriger“ der öffentlichen Verachtung preisgegeben.
Es können hier natürlich die vielfältigen Fragen nicht im einzelnen erörtert werden, die sich aus den Beziehung der menschlichen Sexualität zu Freiheit, Fortschritt und Menschenwürde ergeben. Diese Fragen sind besonders in den letzten Jahren mehrfach von kompetenter Seite behandelt worden. Zuletzt hat der internationale Kongreß über „Medizin und Ideologie“ im Februar 1976 in Innsbruck neueste Erkenntnisse zu diesen Problemen zusammengetragen, die außerordentlich zu denken geben müßten. Diesen Fragen gilt auch das römische Dokument. Hier können nur einige Gesichtspunkte hervorgehoben werden, die geeignet sind, die Bedeutung dieses Dokuments erkennen zu lassen.
Daß hemmungsloses Ausleben sexueller Leidenschaft nichts mit Freiheit, nichts mit einem Fortschritt zu einem menschenwürdigeren Leben und damit nichts mit Menschenwürde zu tun hat, vielmehr diese in einer Versklavung unter Leidenschaften
zerstört, ist bereits in der Antike klar erkannt worden. In einer Zeit, in der sich das römische Weltreich auch auf einem Wege des Fortschritts, aber eines Fortschritts zum Verfall befand, hat etwa der römische Historiker Tacitus seinen Zeitgenossen in seiner „Germania“ einen Sittenspiegel vorgehalten, in dem er von den Germanen sagt: „Preisgegebener Keuschheit gewährt man wahrlich keine Verzeihung; nicht durch Schönheit, nicht durch Jugend, nicht durch Reichtum fände eine solche einen Mann. Denn hier lacht niemand über Laster, und verführen und sich verführen lassen heißt dort nicht Zeitgeist“ (Germ. 19). In Rom siegte jedoch der „Fortschritt“ jenes „Zeitgeistes“, und Rom ist untergegangen in den Stürmen der germanischen Völkerwanderung.
Obwohl man heute weiß, daß die keine Grenzen beachtende Ausbeutung des menschlichen Lebensrau-
mes zu einer Selbstzerstörung der Menschheit führen kann, werden Konsequenzen aus dieser Erkenntnis nur zögernd gezogen. Auch die Einzelexistenz ist durch hemmungslosen Konsum und Genuß bedroht, dennoch werden ihr immer neue Möglichkeiten des „Genießens“ schmackhaft gemacht, um die Nachfrage großer Produktionszweige zu sichern. In dieser Entwicklung konnte es nicht ausbleiben, daß skrupellose Geschäftemacher auch die Chancen rasch erkannten, die in der Entfesselung sexueller Leidenschaften liegen. Um diesen Nachfragesektor auszubauen, kam es zu einer gigantischen „Kommerzialisierung des Lasters“, wie das römische Dokument es ausdrückt. Bei diesem „Geschäft“ werden vor allem die unerfahrenen Kräfte der Jugend von sprupellosen „Kapitalisten“ in einer Weise ausgebeutet, wie dies durch alle Zuhälter der Menschheitsgeschichte zusammengenommen bisher nicht geschehen ist. Ausgerechnet ein sozialistischer Justizminister, der besonders -gegen Ausbeutung sein müßte, fühlt sich nun berufen, die letzten rechtlichen Schranken dieser schamlosen Ausbeutung zu beseitigen, indem das Gesetz gegen Schmutz und Schund aufgehoben werden soll.
Lenin hat in seiner berühmt gewordenen Rede von 1920 über die „Aufgaben der Jugendverbände“ seine Auffassung über die Moral und Sittlichkeit der „Bourgeoisie“ dargelegt. Seit mehr als fünfzig Jahren ist es durch unzählige Publikationen bekannt, daß eines der wesentlichen Mittel zum „Sturz der Kapitalisten“, das heißt zur Zersetzung der Widerstandskraft der nichtkommunistischen Welt, die Zerstörung der „bourgeoisen“ Moral und Sittlichkeit ist, die eine objektive menschliche Ordnung annimmt. In einem anderen Zusammenhang, nämlich mit den Problemen um die „Demokratisierung“ der Hochschulen, hat Ernst Topitsch 1970 treffend
bemerkt: .....nur eine geradezu
kriminelle Wirklichkeitsblindheit kann glauben, daß die östliche
Machtpolitik die Möglichkeiten ungenutzt ließe, die ihr... mit so verlockender Arglosigkeit angeboten werden“. Das gilt für die Sexualisierung ganz gewiß ebenso. Im Jahre 1968, dem Jahr der großen studentischen Revolten, kam mir ein Dokument über eine kommunistische Aktivistenschulung an der Columbia University in New York in die Hand. In diesem Dokument werden die Förderung von Sex und Suchtgiftkonsum zu den beiden Hauptstoßrichtungen kommunistischer Aktivität zur Unterwanderung der Universitäten und der Gesellschaft mit dem Ziel der Zersetzung der Widerstandskraft des amerikanischen Volkes erklärt. Diese Taktik knüpft freilich an alte Erfahrungen an. Der chinesische Staatsphilosoph Sun Tsu hat es bereits um 500 v. Chr. als „höchste Kunst“ bezeichnet, „den feindlichen Widerstand kampflos zu brechen“. Die erste der 13 Regeln, die diesem Ziel dienen, lautet: „Zersetzt alles, was im Lande eurer Feinde gut ist“, die 11.: „sendet Huren aus, um das Werk des Verfalles zu vollenden“. Alle anderen Regeln sind ebenso aktuell. Es kann heute keinen Zweifel mehr darüber geben, daß diese Taktik überall in der freien Welt außerordentlich erfolgreich gewesen ist und deren moralische Kraft weitgehend gebrochen hat. Welche politischen Folgen daraus schon in sehr naher Zukunft entstehen können, ist für jeden klar, der die Entwicklung in den letzten Jahren aufmerksam verfolgt hat. Auf diesem Hintergrund erweisen sich die Verfechter sexueller Schrankenlosigkeit im günstigsten Fall als jene nützlichen Idioten, die der Ausbreitung der kommunistischen Weltherrschaft dienen. Im Namen einer pervertierten „Freiheit“ und eines „Fortschritts“ zum Verfall werden wahre Freiheit, echter menschlicher Fortschritt und die Menschenwürde gleichermaßen verraten.
Auf diesem Gesamthintergrund ist nun die „Erklärung zu einigen Fragen der Sexualethik“ zu sehen. Das Dokument geht davon aus, daß es „keine wahre Förderung der Würde des Menschen geben“ kann, „wenn nicht die wesentliche Ordnung seiner Natur gewahrt wird“ (Z. 3). Diese Ordnung ist, wie auch der hl. Apostel Paulus in Rom. 2, 14 ff. sagt, dem Menschen nicht nur durch „die göttliche Offenbarung“ zugänglich. Vielmehr weist „auch die philosophische Erkenntnis dadurch, daß sie echte Erfordernisse der Menschheit“ aufzeigt, „notwendig auf die Existenz unveränderlicher Gesetze hin, die in die konstitutiven Elemente der menschlichen Natur eingeschrieben sind und die in allen vernunftbegab-: ten Wesen als identisch erscheinen“ I (Z. 4). Das wird heute in zunehmendem Maße wieder erkannt und auch anerkannt. Diese Erkennt-; nis liegt auch den modernen Men-! schenrechtserklärungen zugrunde. Gerade gegen die Existenz solcher Normen wendet sich aber Lenin in
der zitierten Rede. Er erklärt, daß die marxistische „Sittlichkeit vollkommen den Interessen des proletarischen Klassenkampfes untergeordnet ist“. Die heute zur Mode gewordene Bestreitung solcher Normen bewegt sich daher in den Bahnen der Auffassung Lenins.
Die Einzelheiten der Erklärung können hier nicht ausgebreitet und gewürdigt werden. Jeder müßte sie selbst aufmerksam lesen. Nur dann wird er verstehen, worum es geht. Nur dann wird er auch sehen, daß die weitgehende Ablehnung dieser Erklärung nicht in ihrem „unglücklichen Wortlaut“ begründet sein kann. Sie hat vielmehr einen weder neuen noch unbekannten Grund. Als Johannes der Täufer zu Herodes sagte: „Es ist dir nicht erlaubt, das Weib deines Bruders zu haben“, ließ Herodes ihn zunächst auf Betreiben seiner Frau einkerkern und dann schließlich töten. Der Haß gegen diejenigen, die unliebsame Normen ins Gedächtnis rufen, ist nicht neu. Neu ist aber heute, daß man das, was man selbst will, ungeachtet aller Folgen zur Norm erklären möchte. Man scheut auch nicht davor zurück, von der Kirche zu verlangen, daß sie das „Gesetz Gottes“, das man nicht mehr anerkennen will, diesen Wünschen anpasse. Das wird im Namen von Liebe und Menschlichkeit, der Freiheit und des Fortschritts gefordert. Demgegenüber betont die Erklärung mit Recht: „Es ist eine hervorragende Form der Liebe zu den unsterblichen Seelen, wenn man in keiner Weise Abstriche von der heilsamen Lehre Christi macht“ (Z. 10). Am Schluß wird im Dokument eine feierliche Erklärung des Konzils zitiert, in der es heißt: „Die heilige Synode erklärt: Die Kinder und Heranwachsenden haben ein Recht darauf, angeleitet zu werden, die sittlichen Werte mit richtigem Gewissen zu schätzen und in personaler Wertung zu erfassen und Gott immer vollkommener zu erkennen und zu lieben. Daher richtet sie an alle Staatslenker und Erzieher die dringende Bitte, dafür zu sorgen, daß die Jugend niemals dieses heiligen Rechtes beraubt werde“ (Z. 13).
Dieser Appell ist weitgehend un-gehört verhallt. Unter Mißachtung des Art. 2 des 1. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention hat auch östereich ohne Rücksicht auf die „religiösen und weltanschaulichen Uberzeugungen“ der Eltern eine obligatorische „Sexualerziehung“ in der Schule eingeführt, die in aller Regel, statt den Kindern und Jugendichen zu helfen, das Übel nachweislich vergrößert. In dieser Lage war es in der Tat höchste Zeit, daß seitens der Kirche ein klares Wort gesprochen wurde. Man kann nur hoffen, daß dieses Wort mehr als die bisherigen Appelle beachtet wird. Vor allem kann man nur hoffen, daß die verantwortlichen Erzieher dieses Wort wirklich beherzigen. Dadurch könnte dieses Wort zu einer Wende im fortschreitenden Verfall führen. Es wird jedoch großer moralischer Anstrengungen bedürfen, wahre Freiheit, die Voraussetzungen für einen echten Fortschritt und vor allem die Achtung vor der Unverletzlichkeit der Menschenwürde wiederherzustellen. Nur wenn sie erbracht werden, können diese Werte auch für die Zukunft, ffpsirhprt wprHpn