Zwölf Jahrhunderte im Jahrhundertwerk

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Band Eins der Geschichte der bildenden Kunst in Österreich.

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Band Eins der Geschichte der bildenden Kunst in Österreich.

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Hermann Fillitz als Herausgeber und der Münchner Prestel-Verlag, bei dem österreichische Kunst schon des öfteren gut aufgehoben war, nehmen ein "Jahrhundertwerk" in Angriff, oder doch zumindest ein Werk für Jahrzehnte: Die "Geschichte der bildenden Kunst in Österreich".

Der erste der sechs Bände liegt vor: "Früh- und Hochmittelalter". Die Pläne zu diesem Werk reichen in die Mitte der siebziger Jahre zurück. Damals war auch noch die viel zu früh verstorbene Renate Wagner-Rieger dabei. Nun ist es so weit.

Die Darstellung setzt mit dem achten Jahrhundert ein, weil damals auf dem Gebiet des heutigen Österreich die ersten Höhepunkte mittelalterlicher Kunst entstanden. Und von der Geschichte der bildenden Kunst in Österreich statt von der österreichischen Kunst spricht der Titel deshalb, weil der Herausgeber die Epochen, in denen man tatsächlich von einer österreichischen Kunst sprechen kann, eher als Ausnahmen sieht: Im Mittelalter kamen die bestimmenden Strömungen aus Italien, Frankreich und Deutschland, und Österreich hat sie immer aufgenommen, verarbeitet, sich mit ihnen auseinandergesetzt, sie weitergegeben.

Wobei die ersten drei, vor allem aber wohl die beiden ersten Bände von Epochen handeln, in denen diese Aussage in ganz besonderem Maße gilt. Nämlich vom Früh- und Hochmittelalter und von der Zeit der Gotik. Zwar gab es im Mittelalter keine EU, und auch von der Konfliktbewältigung ohne Krieg war man, Heiratspolitik hin oder her, noch weit entfernt. Doch hatte gerade das frühe Europa zumindest geistesgeschichtlich einen Integrationsgrad erreicht, von dem man bis in die jüngste Vergangenheit hinein nur träumen konnte. Nicht zuletzt wohl deshalb, weil Europa für das Christentum und seine künstlerischen Innovationen tabula rasa war, ein Raum, in dem das Neue überall auf einen fruchtbaren Boden fiel - so lange, bis sich genug Eigenes herausgebildet hatte, auf dem man beharren, in dessen Namen man sich Neuem entgegenstemmen konnte. Siehe zum Beispiel die insularen Widerstände gegen die französische Gotik. Aber die Gotik war bekanntlich stärker. Gegenwarts-Assoziationen sind gestattet.

Der erste Band verspricht, soweit absehbar, und wie bei einer so offiziellen Publikation nicht anders zu erwarten, ein akribisch ins Detail gehendes, das keine Einzelinformationen schuldig bleiben und sie hoffentlich zu einem Ganzen verbinden, das auch die großen Linien nicht schuldig bleiben wird. Hoffentlich entwickelt auch der eine oder andere Autor stilistischen Schwung. Der Bildteil des ersten Bandes ist umfangreich, der Druck exzellent, das Register erscheint, nun ja, ausbaufähig.

Jeder Band wird einen eigenen Herausgeber und, wie auch schon der erste, mehrere Autoren haben. Der zweite Band wird die Gotik behandeln (Herausgeber: Günter Brucher), der dritte Spätmittelalter und Renaissance (Artur Rosenauer), der vierte Barock (Hellmut Lorenz), der fünfte die Kunst im 19. Jahrhundert (Gerbert Frodl) und der sechste die Kunst im 20. Jahrhundert (Wieland Schmied), mit dem das Werk im Frühjahr des Jahres 2000 abgeschlossen sein soll. H. B.

GESCHICHTE DER BILDENDEN KUNST IN ÖSTERREICH Band 1: Früh- und Hochmittelalter Herausgeber: Hermann Fillitz Prestel Verlag, München 1998 616 Seiten, 620 Abbildungen (180 in Farbe), Ln., Schuber, öS 1.220,

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