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Der Sturz in das Weltall

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Prof. Sänger in Stuttgart ist Spezialist für Düsenmotoren an Flugzeugen. Darüber hinaus hat er sich weitreichenden Projekten mit Atomantrieben verschiedener Art gewidmet, Protonenraketen und so weiter. Allerdings hat er mit seinen Ideen weder bei den theoretischen Physikern noch bei den Raketenkonstrukteuren in Amerika und Rußland Anklang gefunden. Seinem bis in ferne Zeiten weisenden Gedankengefüge fügt er nun militärische, politische und wirtschaftliche Aspekte zu. Seine Grundidee ist es, daß die künftige Weltraumtechnik auf Erden und im Raume alle Kriege überflüssig machen wird. Er meint, daß die Technik, die zur Entwicklung der amerikanischen und der viel besseren russischen Erdsatelliten geführt hat, nur friedliche Möglichkeiten bietet. Dabei sind sie in Wahrheit auch bestens geeignet, nicht nur als transkontinentale, sondern globale Atomkopfraketen verwendet zu werden. Mehr darüber zu sagen, führt hier zu weit. Daß Sänger von Todesstrahlen (durch Photonenscheinwerfer) spricht, von touristischen Besuchen im Sonnensystem, Emigrationen von der überfüllten Erde nach erst noch ausfindig zu machenden fernen Planetensystemen und so weiter, mag seine Ideen kennzeichnen.

Prof. Sänger hat diese Gedankengänge bereits vor etwa Jahresfrist in einer maschinegeschriebenen Broschüre veröffentlicht. Ihr hoher Preis (mehr als 200 S) verhinderte natürlich die Verbreitung. Jetzt hat er seine Ausführungen gleich zweimal vorgelegt, nämlich in dem, Rowohlt-Bųęhlęin und in dem des Verlages Frick. Beide Darstellungen sind in ganz ungewöhnlichem Maße identisch. Offenbar haben die beiden Verlage bei Abfassung von Verträgen mit dem Autor nicht die bei wissenschaftlichen Werken übliche Konkurrenzklausel angewandt.

Völlig anderer Art ist das zweite hier zu besprechende Buch. Fünf Autoren sind ohne ein einführendes Vorwort eines Herausgebers zusammengestellt, wobei die einzelnen Artikel sich zuweilen überschneiden. Da die Manuskripte offenbar spätestens im Sommer des letzten Jahres, zum Teil viel früher fertiggestellt wurden, konnte leider natürlich nicht die neueste Entwicklung, insbesondere die russische Mondrakete, berücksichtigt werden.

Der erste Aufsatz des früher deutschen, jetzt amerikanischen Luftwaffenmediziners Dirings- h o f e n zeigt in ansprechender, nüchterner Art, unter welchen in Wahrheit u n menschlichen Bedingungen Versuche zu Weltraumflügen mit Menschen zunächst stattfinden würden. Erfreulich ist das hohe ärztliche Ethos, vor allem im letzten Teil der Arbeit. Verfasser der zweiten Arbeit ist Fesenkov, gewiß einer der hervorragendsten russischen Astrophysiker. Seine recht allgemein gehaltenen Ausführungen sind aber sehr enttäuschend. Man bat den Eindruck, daß Fesenkov lange vor dem Start des ersten Erdsatelliten den Aufsatz in irgendeiner populären sowjetischen Zeitschrift geschrieben hat und jetzt mit der deutschen Veröffentlichung einverstanden ist. Jedenfalls kommt der Stolz der Russen, die Sputniks, in ihm nicht vor.

Den umfangreichsten und besten Teil des Buches hat Professor Dr. Hecht (Wien) geliefert, mit den Unterabschnitten: Geschichtliches zur Verwirklichung der Weltraumfahrt, Grundlagen der Raketen- und Erdsatellitentechnik, Geophysikalische Grundlagen und’Forschungsaufgaben der künstlichen Erdsatelliten (Meßsatelliten), Die Verwirklichung der Erdsatellitenprojekte. Unser Kollege ist von Beruf Chemiker und international anerkannte Kapazität unter anderem auf dem Gebiet der Mikroanalyse. Private Neigungen führten ihn zu den Problemen der Weltraumfahrt und damit zur Astronomie und Geophysik. Man muß seiner Darstellung, soweit sie die Sternenkunde betrifft, das Zeugnis geben, daß er sich (an Hand der populären Literatur) zu einem guten Liebhaberastronomen entwickelt hat. Hoffentlich können die Geophysiker das gleiche von seinen Ausführungen sagen. Ffätte er mich gebeten, so hätte ich ihm gerne geholfen (zum Beispiel betreffs Sonnenfackeln, Zodiakallicht, Meteoritentheorien, Problematik des Mondfluges usw.). Letzterer ist übrigens erfreulicherweise nur ganz kurz behandelt, und erst recht Reisen zu Mars und Venus.

Der vierte Beitrag, von dem hochstehenden Journalisten Dr. Robert Jungk, behandelt im Anschluß an ein Gespräch mit Wernher von Braun die Frage „Der Weltraum und das Gewissen”. Die Aeußerung des deutschen Atomphysikers Max Born, daß wir es bei der modernen Raketentechnik mit einem Siege des Verstandes, aber nicht der Vernunft zu tun hätten — einer Meinung, der sich vor einiger Zeit ein zweiter Nobelpreisträger, der englische Philosoph Bertrand Russell, dem Sinne nach angeschlossen hat —, diese Aeußerung hat doch in den Kreisen der Weltraumenthusiasten zu erheblichem Nachdenken Anlaß gegeben, was auch in den anderen Artikeln des Buches immer wieder anklingt. lieber den letzten Beitrag dieser Aufsatzsammlung, den von Prof. Sänger, ist oben schon alles Nötige gesagt worden.

DAS LINZER LANDESTHEATER 1803-1958. Von Heinrich Wimmer. Oberösterreichischer Landesverlag, Linz. Schriftenreihe des Instituts für Landeskunde von Oberösterreich, herausgegeben von Dr. Franz Pfeffer. 204 Seiten.

Die reichillustrierte Monographie wurde aus Anlaß des im Dezember 1958 abgeschlossenen Theaterumbaues herausgegeben: zur Popularisierung und Würdigung einer erst jüngst ins Blickfeld der Oeffentlichkeit gerückten, lokalen, nichtsdestoweniger aber bedeutenden und einflußnehmenden Theatefgeschichte, von der die österreichische Theatergeschichtsschreib’ung bis jetzt kaum Notiz genommen hat.

Es ist ein höchst instruktiver und sehr reichhaltiger Ueberblick, der uns da gegeben wird. Er beginnt mit der Baugeschichte des Hauses und führt durch die, nach den (56) Direktionsperioden gegliederte Chronik: von den Anfängen 1803 über die erste Glanzzeit (1824 bis 1849 unter Josef Pellet, Heinrich Börnstein und Eduard Neufeld) und die als „zweite Glanzzeit” angegebene, von 1884 bis 1918 reichende Periode, bis in-die Jahre unserer jüngsten Vergangenheit nach dem zweiten Weltkrieg, die im Zeichen der Direktionen Pruscha, Brantner, Walleck stand und unter der Leitung Fred Schroers in eine wirkungsreiche Zukunft zu weisen scheint.

Sehr bemerkenswert eine Tabelle aller am Linzer Landestheater erstaufgeführter Werke (darunter eine stattliche Anzahl von Ur- und deutschsprachigen Erstaufführungen); schließlich der als Quellenmaterial dienende Bildteil, der alle prominenten Ensemblemitglieder der Vergangenheit zeigt und mit Carl Blasel, Sebastian Stelzer, Rudolf Forster, Fritzi Massary, Leon Epp, Judith Holzmeister, Amalie Hybl-Bleibtreu (Hedwig Bleibtreus Mutter) und Richard Anton Tauber (Richard Taubers Vater) recht klangvolle Namen aufzuweisen hat.

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