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Können Kirche und Gewerkschaft Folgen verantworten?

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Geschlossene Geschäfte bei gleichzeitiger Einkaufsgelegenheit über der Grenze wirken sich für die Wirtschaft katastrophal aus.

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Geschlossene Geschäfte bei gleichzeitiger Einkaufsgelegenheit über der Grenze wirken sich für die Wirtschaft katastrophal aus.

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Die Standpunkte für ein Offenhalten am 8. Dezember stellen sich naturgemäß konträr dar. Nur steht fest, und es läßt sich auch an die Tradition vor allem am Land anknüpfen: Einkaufen und Kirchengehen schließen einander nicht aus. Bis in die sechziger Jahre war beispielsweise der „Goldene Sonntag” nicht nur dem Kirchgang vorbehalten. Die Handelsgeschäfte waren wie die Gasthäuser nach dem Besuch der Sonntagsmesse Orte der Kommunikation. Hier traf man sich nach der Messe zum Besorgen der Waren und zum Gespräch mit den Nachbarn, zum Austausch über die Ereignisse in der Gemeinde und Verwandtschaft.

Die Zeiten ändern sich und damit auch Gesetze, Gewohnheiten und Bedürfnisse. Und heute stellen sich die Probleme anders dar: Einerseits stecken viele Wirtschaftszweige in der Krise, andererseits haben mehr Freizeit und mehr Geld bei den Konsumenten den Wunsch nach erweiterten Einkaufsmöglichkeiten geweckt. Und da wirken sich geschlossene Geschäfte bei gleichzeitiger Einkaufsgelegenheit über der Grenze katastrophal aus. Nicht zuletzt bereiten starke Umsatzeinbräche im Salzburger Handel (im ersten Halbjahr rund 500 Millionen Schilling) und steigende Kosten unseren Handelsbetrieben, die an der Grenze zu Bayern einem besonderen Wettbewerbsdruck ausgesetzt sind, enorme Sorgen.

Ein weiterer Abfluß von Kaufkraft am 8. Dezember ist für den Handel und für die Volkswirtschaft insgesamt (beispielsweise durch den Entfall der Mehrwertsteuer) nicht zu akzeptieren. Die Wertschöpfung muß im Lande bleiben. Noch dazu fällt der 8. Dezember auf einen Freitag und damit auf ein verlängertes Wochenende. Müssen wir unsere Kunden vor verschlossenen Türen stehen lassen, ist dies geradezu eine Aufforderang, ins Ausland oder anderswohin einkaufen zu fahren.

Der heimische Handel respektiert mit seiner vorgeschlagenen Öffnungszeit zehn bis 18 Uhr den Wunsch der Kirche zur Möglichkeit des ungestörten Kirchganges. Wir möchten aber dann die Geschäfte öffnen und die Familien zum gemeinsamen Weihnachtseinkauf einladen. Dafür brauchen wir aber auch die Zustimmung der Gewerkschaft, denn das Öffnen der Geschäfte am 8. Dezember kann nur zu vertretbaren Bedingungen stattfinden. Der Handel muß darauf beharren, daß das Offenhalten am 8. Dezember nicht zur uferlosen Erhöhung der Lohn- und Lohnnebenkosten an diesem Tag führt. Das ist nicht Sturheit von Seiten der Arbeitgeber, sondern betriebswirtschaftliche Notwendigkeit.

Jederzeit akzeptables Angebot

Im übrigen ist jenes Angebot, das der Handel den Gewerkschaften in den bisherigen Verhandlungen gemacht hat, eines, das jederzeit akzeptiert werden kann. Dies zeigen uns schon die Beaktionen der Mitarbeiter in unseren Handelsbetrieben. Die Sektion Handel der Wirtschaftskammer Salzburg hat eine Unterschriftenaktion gestartet, in der sich viele Mitarbeiter des Handels eindeutig dazu bekannten, zu den ”angebotenen Bedingungen am 8. Dezember arbeiten zu wollen. Diese starken Signale von Seiten der Arbeitnehmer können auch die Gewerkschafter nicht außer acht lassen, denn jeder Arbeitnehmer kann sich entscheiden, ob er arbeiten will.

Eine Lösung für den 8. Dezember muß möglich sein, denn weder die Kirche noch die Gewerkschaft könnten letztendlich den volkswirtschaftlichen Verlust und in der Folge den Verlust an Arbeitsplätzen mitverantworten. In diesem Sinne plädiere ich auf Konsens, Verständnis der wirtschaftlichen Notwendigkeiten und Zustimmung zur Möglichkeit des Öffnens am 8. Dezember.

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