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Ringen um gültige Form

19451960198020002020

Nicht wenig Schwierigkeiten waren zu überwinden und umfangreiche Vorarbeiten notwendig, bis es möglich wurde, die große Ausstellung mit Werken des Bildhauers Anton Hanak im Säulenhof des österreichischen Museums für angewandte Kunst zu eröffnen. Sie findet bis zum 31. August im Rahmen der „Wochen der Bildhauer“ (Sommer 69) statt und ist nach 1945 der erste Versuch, sein Werk in einem bisher nie gezeigten Umfang zu präsentieren und zu würdigen. Von den 37 in ihr vertretenen Plastiken aus Mamor, Gips, Ton und Metall befanden sich jene, die in einem Abstellraum des ehemaligen Ateliers im Prater gelagert waren, zum Teil durch Kriegseinwirkung in desolatem und beschädigtem Zustand und mußten erst restauriert werden. Eigentumsverhältnisse mußten geklärt und Transportschwierigkeiten überwunden werden, um sie schließlich dort placieren zu können, wo sie nun — vielleicht etwas gedrängt — stehen, im feierlichen Ensemble Ferstels, das von Anfang an als Ausstellungsraum für Großplastiken vorgesehen war.

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Nicht wenig Schwierigkeiten waren zu überwinden und umfangreiche Vorarbeiten notwendig, bis es möglich wurde, die große Ausstellung mit Werken des Bildhauers Anton Hanak im Säulenhof des österreichischen Museums für angewandte Kunst zu eröffnen. Sie findet bis zum 31. August im Rahmen der „Wochen der Bildhauer“ (Sommer 69) statt und ist nach 1945 der erste Versuch, sein Werk in einem bisher nie gezeigten Umfang zu präsentieren und zu würdigen. Von den 37 in ihr vertretenen Plastiken aus Mamor, Gips, Ton und Metall befanden sich jene, die in einem Abstellraum des ehemaligen Ateliers im Prater gelagert waren, zum Teil durch Kriegseinwirkung in desolatem und beschädigtem Zustand und mußten erst restauriert werden. Eigentumsverhältnisse mußten geklärt und Transportschwierigkeiten überwunden werden, um sie schließlich dort placieren zu können, wo sie nun — vielleicht etwas gedrängt — stehen, im feierlichen Ensemble Ferstels, das von Anfang an als Ausstellungsraum für Großplastiken vorgesehen war.

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Umgeben werden sie von siebzig Handzeichnunger^ meistens Studienblätter für die plastische Arbeit, darunter die zeichnerischen Vorarbeiten zur Plastik Der letzte Mensch“, die sich über den Zeitraum von 1917 bis 1927 hinzogen. Mit ihren schriftlichen Zusätzen — Anmerkungen und pathetischen Gedanken — geben sie in ihrer eigenwilligen Orthographie einen interessanten Einblick in die Empfindungswelt des Bildhauers und die Entstehung der Plastik. Dazu kommen aus den Beständen des Hanak-Archives noch schriftliche und photographische Dokumente, die die biographische Seite der Ausstellung repräsentieren. Anton Alois Hanak wurde am 22. März 1875 in Brünn geboren, das

heißt 35 Jahre nach Rodin (1840 bis 1917), 28 Jahre nach Adolf von Hiidebrand (1*847 bis 1921), 18 Jahre nach Max Klinger (1857 bis 1920), 14 Jahre nach Aristide Maillol (1861 bis 1944) und fünf Jahre nach Ernst Bariach (1870 bis 1938). Zu seiner Generation gehören an deutschen Bildhauern noch Fritz Klimsch, Hugo Lederer und Georg Kolbe. Als Bildhauer begann Hanak mit vierzehn Jahren bei einem Holzbildhauer in Wien, um nach Beendigung der Lehrzeit und Wanderschaft zuerst an der Wiener Staatsgewerbeschule und dann drei Jahre an der Akademie der bildenden Künste zu studieren. Die erste ausgestellte Plastik, das Bildnis Frohwent aus dem Jahre 1898, ist eine durchaus naturalistische Arbeit etwa im Sinne Tilgners. Nach einer Italienreise vom November 1904 bis Mai 1905 zeigt sein Torso aus dem Jahre 1906 eine großzügigere plastische Auffassung, bei der aber noch sinnliche Elemente überwiegen. Der „Jüngling“ von 1909 betont Flächen und Form stärker, während „Das Gebet“ von 1910 in seinen weichen Gipsfarmen Verwandtschaft mit den Arbeiten von Klimsch aufweist. Im „Giganten“ aus

demselben Jahr ist die plastische Durchführung wieder gesteigert, im Kopf sind deutlich ornamental dekorative Züge festzustellen. Das weitere Werk entwickelte sich in einer deutlichen Spannung zwischen repräsentativer Feierlichkeit und Pathos einerseits und einer sehr illusionistischen Sinnlichkeit andererseits, die noch 1933 eine Portrait-büste zeitigte, die an Medardo Rosso erinnert. Zu oft wurden in Hanaks Verlangen nach Ausdruck die Figuren mit einer Bedeutung befrachtet, die die Form, die später manchmal Rodins Kunst der Buckel und Höhlen nachahmte, nicht aushielt, was sich auch in übermodellierten und naturalistischen Köpfen und Gesichtern zeigt und die Gestalten eigenartig labil erscheinen läßt. In seinem unablässigen Ringen um gültige Form verrät das Werk einen Zwiespalt, der es nicht nach europäischen Maßstäben messen läßt. Einer der begabtesten jüngeren Zeichner — Othmar Zechyr — zeigt in der Galerie Basilisk in der Schönlaterngasse großformatige Blätter, in denen nicht das Was — phantastische Landschaften und Maschinen —, sondern das Wie entscheidend ist. Was Zechyr hier mit seinen sehr rein gehandhabten Mitteln leistet, ist nicht nur der dauernde Versuch, sich das Material dienstbar zu machen, sein Formenrepertoire beständig zu erweitern und abzuwandeln, sondern auch der Spiegel einer leidenschaftlichen inneren Welt der Explosionen und des Feuers, die unablässig nach Ausdruck sucht. Man dürfte nicht fehlgehen, wenn man ihn als Geheimtip betrachtet und ihm jede Unterstützung und Förderung ange-deihen läßt.

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