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Alle reden vom AKH

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Alle reden vom AKH - leider nur vom AKH! Denn so verständlich es ist, daß die Dimensionen und Ungeheuerlichkeiten diese Affäre nun schon für Wochen in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses rücken, so bedauerlich ist es auch, daß dadurch für die gründliche Erörterung grundlegender Fragen unserer Volkswirtschaft auf Monate hinaus weder Platz noch Zeit vorhanden sein werden.

Und wenn der AKH-Skandal einmal Pause machen sollte (wonach es keineswegs aussieht!), warten die Affären um die steiri-sche Tierkörperverwertungsge-sellschaft und die niederösterreichische Hypobank schon als Pausenfüller.

Wer interessiert sich beispielsweise noch für das neue Mietrecht? Zugeschüttet von den AKH-Wirren wird Österreich

ein „neues" Mietengesetz bekommen, das neue Ungerechtigkeiten schafft, ohne die alten zu beseitigen, und das abermals die anstehenden Probleme in Altbauten nicht löst.

Wer spricht noch über die drohende Entindustrialisierung Österreichs? Wer kümmert sich noch um die besorgniserregende Strukturschwäche unserer Wirtschaft?

Im Trubel ums Schmieren und um die politische Verantwortung ist fast völlig untergegangen, daß unser Einfuhrüberschuß im ersten Halbjahr um 60 Prozent(!) auf die Rekordmarke von 47 Milliarden Schilling geklettert ist und die Devisenvorräte der österreichischen Nationalbank nur mehr den Importbedarf eines Monats decken.

Angesichts dieser hervorragenden Gelegenheit, den Österreichern Unangenehmes zu verordnen, ohne daß es von diesen richtig wahrgenommen wird, fragt man sich, warum sich Vizekanzler Hannes Androsch mit seinem neuerlichen Abgabenänderungsgesetz geradezu vornehme Zurückhaltung auferlegt hat. Sein Maßnahmenkatalog enthält im Grunde genommen einen einzigen ins Fleisch gehenden Punkt: nämlich die drastische Anhebung der Gebühren. Der Rest sind Retuschen, Anpassungen und das Stopfen von Steuergesetzlücken (wie etwa beim Leasing). Den Belastungspaukenschlag haben wir zweifellos noch vor uns: den Wegfall der staatlichen Förderung, wo immer es möglich ist, eine partielle und/oder generelle Erhöhung der Umsatzsteuer, die Einführung einer eigenen Energie-Steuer.

Daß uns dieser Paukenschlag vorerst erspart blieb, wird wohl kaum am Mitleid der Regierenden mit den Regierten liegen. Eher daran, daß weite Kreise der Regierung und der Regierungspartei derzeit nicht die Zeit finden, sich mit den explodierenden Defiziten aller Orten zu beschäftigen.

Wenn es nicht mehr anders geht, wird man die Zeit für neue Steuern, Abgaben, Gebühren u. ä. gerade noch aufbringen. An eine überlegte, tiefgreifende Beseitigung des Defizites ist heute weniger denn je zu denken. Und das könnte uns noch sehr teuer kommen.

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