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Digital In Arbeit

Arbeit als Schöpfungswerk

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Wieder steht eine Katholisch- Soziale Tagungvorder Tür, bei denen das Kummer-Institut jährlich Bilanz in der Frage zu ziehen versucht, von der Walter Suk kürzlich treffend bemerkte, der Sozialethik ergehe es ein wenig wie der Sexuälethik der Kirche: alle sind „im Prinzip“ dafür, aber eben nur im Prinzip …

Daß der katholische Christ nie zu mehr gehalten war als zu einer Anerkennung ihrer Prinzipien, führte der zitierte Linzer Sozialwissenschafter Suk in seinem Vortrag (beim Wiener Kummer-Institut) klar aus: Nie habe die Kirche in diesem Bereich unfehlbares Lehramt auszuüben vorgegeben.

„Die katholische Soziallehre ist keine Datenbank, von der mit Knopfdruck fertige Antworten abzurufen sind", sagte Suk. Auch solle man nicht nur Enzykliken befragen, sondern auch Sozialwissenschafter, Experten usw. aus dem mittleren und unteren Bereich. Und eine stärkere Berücksichtigung der Ergebnisse der Sozialwissenschaften würde auch „das kirchliche Sprechen über Sozialfragen sachlicher, wirklichkeitsnäher" machen.

Andererseits muß man verstehen, daß ein an die Weltkirche gerichtetes Papstwort, das geographisch bedingte Mammutunterschiede berücksichtigen muß, zu einer gewissen Unkonkretheit verurteilt ist. So gesehen, ist die letzte Sozialenzyklika „Laborem exercens" eine Leistung von hoher Qualität.

P. Johannes Schasching S J (den viele für einen der maßgeblichen Entwurfsautoren halten) sieht in ihr vor allem die große Sinngebung der Arbeit: Voraussetzung für Menschsein, Teilhabe am Schöpferwerk.

Die Konsequenzen sind noch lange nicht in Theorie und Praxis daraus gezogen. Der pflegliche Umgang mit unserem „Garten Eden" ist darin ebenso enthalten wie eine klare Bejahung von Technik: Das Ökonomie/Ökologie-Problem harrt weithin noch immer der sorgfältigen Aufarbeitung.

Solange drei Fünftel der Menschheit im Elend leben, kann man nicht über eine Einschränkung der Arbeit als „Weltlösung" reden, sagte Schasching jüngst mit Recht bei mehreren Vorträgen in Osterreich. Aber über das.

was Arbeit ist, muß geredet werden.

„Laborem exercens" liegt erstmals ein sehr weiter, umfassender Arbeitsbegriff zugrunde: von der Hausfrauenarbeit bis zur wissenschaftlichen Tätigkeit. Dieser umfassende Arbeitsbegriff spiegelt sich im Thesenpapier der Katholikentags-Studientagung „Christ und Weltgestaltung" wider, wo es heißt: „Arbeit ist wertvoll, ob sie im Beruf oder außerberuflich, bezahlt oder unentgeltlich, von Selbständigen oder von Arbeitnehmern geleistet wird…"

Um die praktischen Konsequenzen darf man sich dann allerdings nicht herumdrücken. Wenn Arbeit zur Menschwerdung notwendig ist, wird Arbeitsbeschaffung zu einer hohen ethischen Verpflichtung.

Aber ob es sich um die Verpflichtung zur Beschaffung eines bezahlten Arbeitsplatzes oder nur sinnstiftender Tätigkeit im weitesten Sinn handelt, wird dann zu einer Kardinalfrage. Man wird sehr darauf zu achten haben, daß sich nicht durch die Hintertür einer weitgefaßten Definition von Arbeit wieder eine Verharmlosung der sozialen Verantwortung einschleicht (wofür es bisher glücklicherweise keinerlei Anzeichen gibt).

Daß Johannes Paul II. im Regelfall doch die bezahlte Arbeit vorschwebt, belegt wohl jene Aussage, die P. Oswald von Nell-Breung zum Titel seines interpretierenden Buches machte: „Arbeit vor Kapital." Darüber hat es allerlei Aufregung gegeben, weil viele darin entweder eine Leerformel oder eine Verkennung der Tatsache erblickten, daß Kapital praktisch „geronnene Arbeit" sei.

Nell-Breuning (der wieder glaubt, daß der Papst selber ohne Geisterschreiber die Enzyklika formulierte) weist hier ein Mißverständnis nach: Daß Kapital die „Frucht der Arbeit vieler Generationen" ist, steht auch in der Enzyklika, so daß es sich bei dem zitierten Postulat nur um eine so-

ARBEIT VOR KAPITAL. Von Osxoald von Netl-Breuninp. Hrsg. Kath. Sozialakademie, Europaverlag, Pb., 192 S., öS 98,-.

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