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Naturschutz und Kirche: Das Kreuz mit der Wildnis

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Die Kirche hat sich lange kaum für die Natur und ihre Intaktheit interessiert. Heute ist der Papst selbst einer der entschiedensten Vorkämpfer für Umweltschutzrechte.

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Die Kirche hat sich lange kaum für die Natur und ihre Intaktheit interessiert. Heute ist der Papst selbst einer der entschiedensten Vorkämpfer für Umweltschutzrechte.

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Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie viel durchaus Positives nicht durch menschlichen Willen, sondern im Gegenteil durch menschlichen Unwillen geschaffen wurde. So verdankt Österreich sein letztes Stück Urwald, es sind 500 Hektar, eigentlich der Geistlichkeit dieses Landes. Es geht um eine sozusagen urkatholische Streiterei zwischen den Benediktinern des Stiftes Admont und den Kartäusern aus Gaming. Denn diese befeindeten einander über 300 Jahre lang wegen der Eigentums- und Nutzungsrechte des Waldes südlich des Dürrenstein, zwischen der Steiermark und Niederösterreich gelegen. Und aus diesem Grund geschah: nichts.

Der Rothwald wurde nicht gerodet oder gefällt oder mit Forstwegen durchzogen. Damit sind die ersten geistlichen Naturschützer solche wider Willen, aber immerhin selbst in ihrem Zank vielleicht einem göttlichen Plan gehorchend. Was also, so der Inhalt dieses Artikels, hat die Kirche national und international zum Schutz der Natur beigetragen, und wie steht sie zu den Dingen, die sich derzeit vor den Gerichten zutragen, Stichwort ­Klimaschutz, Karlsruhe, Den Haag und Schöpfungsverantwortung? Und gibt es das im christlich-philosophischen Sinn – ein Recht der Natur?

Biblische Naturliebe

Wenn wir in biblischen Zeiten anfangen wollen, dann lassen sich dafür schon einige Anhaltspunkte finden. Zum Ersten einen ernsten und logischen Satz im Buch der Weisheit: „Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von allem, was du gemacht hast; denn hättest du etwas gehasst, so hättest du es nicht geschaffen.“ Oder, um es mit Jesus auf einen ge­fiederten Punkt zu bringen: „Verkauft man nicht fünf Spatzen für ein paar Pfennig? Und doch vergisst Gott nicht einen von ­ihnen.“ So steht es beim Evange-
listen Lukas.

Während der Christus aber in aller der ihn auszeichnenden Zärtlichkeit die Natur würdigt und feiert, hat das die Menschheit – und mit ihr die Kirche – mit wenigen Ausnahmen lange nicht getan. Zwischen dem Fest der Tiere, Pflanzen mit Sonne und Mond als Geschwistern des heiligen Franziskus und einer neuen Sicht der Natur ab den 1960er Jahren liegen – zumindest kirchlicherseits – beinahe 800 Jahre Vernachlässigung. Und noch immer ist eine einheitliche Sicht der materiellen Dinge mit der dazugehörigen menschlichen Herrschaft nicht in Reichweite. Wir müssen uns also auf die Chefs konzentrieren, die da im Verlauf der Jahre doch Gewichtiges von sich gegeben haben und den Charakter ihrer Botschaft entsprechend den globalen Verhältnissen immer neue Schärfe gegeben haben.

Interessanterweise steht man hier zuvorderst nicht vor einem klassischen Rechtsstreit „Wem gehört was“ oder „Darf die Natur sich selbst gehören“, sondern vor einem Widerspruch menschlicher Vorstellungen von dem, „was zu sein hat“. Es ist das ein Konflikt zwischen Buntheit/Chaos und Sicherheit/Einfalt, zwischen Kreativität und industriellem Eifer/Gehorsam, der sich da zeigt.

Dieser Artikel erschien unter dem Titel "Das Kreuz mit der Wildnis" in FURCHE 23/2021

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