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Denkmalschutz für Parteidogmen
Eigentlich sollten die Klubklausuren der Parlamentsparteien wenig spektakuläre, dafür sehr intensive Arbeitstagungen sein.
Doch die Abgeordneten und Bundesräte der Fraktionen werden seit Jahren immer mehr zu Statisten, die den Aufputz für die Stars auf der politischen Bühne abgeben, die Beifall spenden dürfen.
Nicht die Parlamentarier haben das Sagen, sondern hochrangige Regierungs- und Parteifunktionäre führen das große Wort. Man spricht sich nicht aus, man sagt es beim offenen Fenster hinaus, dem politischen Gegenüber hinein.
Das Ergebnis ist weder Fleisch
noch Fisch, weder Arbeitstagung noch Fast-Parteitag.
Das ist den Klubklausuren der Vorwoche (die SPÖ tagte in Wien, die OVP in Villach und die FPÖ im mederösterreichischen Dürnstein) gemeinsam.
Wer da noch gehofft hatte, daß sich über die Fraktionsgrenzen hinweg gemeinsame Lösungen anstehender Probleme abzeichnen könnten, wurde enttäuscht. Im Gegenteil: Die jeweils eigene Position wurde gleichsam unter politischen Denkmalschutz gestellt.
Die wenigen positiven Ansätze wurden postwendend negativ bewertet.
Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Sozialminister Alfred Dallinger und Finanzminister Herbert Salcher über die Finanzierungskrise des Pensionsversicherungssystems, wobei Dallinger Beitragserhöhungen und Salcher höhere Bundesbeiträge aus dem Budget ausschließt, könnte Ausgangspunkt für eine grundsätzliche Diskussion sein.
Sollte freilich diese Diskussion aus falsch verstandener Parteidisziplin unterbunden werden, ist
auch diese Hoffnung dahin.
Parteidisziplin war jedenfalls zuerst für Ex-ÖVP-Obmann Josef Taus kein Grund, nicht mit seinen Vorschlägen zur Rettung der verstaatlichten Industrie an die Öffentlichkeit zu gehen. Jetzt hat sich die Volkspartei geschlossen zu einer Kooperation mit der SPÖ bekannt.
Anstatt aber die ausgestreckte Hand zu ergreifen, stößt man sich im Lager der Regierungspartei daran, daß die Opposition nicht bedingungslos der Regierung unter die Arme zu greifen bereit ist.
Wenn schon bei brennenden Problemen die Verständigungsschwierigkeiten derart groß sind, wundert es nicht, daß über die Leitlinien der Budgetpolitik kein Konsens hergestellt werden kann.
Erstmals hat jetzt die ÖVP jene Überlegungen zusammengefaßt, die ihr in der Steuerpolitik vorschweben: Neben der Uralt-For- derung nach einem Steuerstopp und nach einer Steuerreform will sie die Steuerprogression automatisch im Zwei-Jahre-Rhyth- mus der Geldentwertung anpassen und überdies langfristig die steuerliche Belastungsquote, die derzeit bei 42,4 Prozent des Bruttosozialproduktes liegt, auf unter 40 Prozent drücken.
Finanzminister Salcher hält die am 2. November präsentierten ÖVP-Pläne für eine Illusion. „Es hat noch keinen Finanzminister in Österreich gegeben, der eine solche Vorgangsweise für zweckmäßig gehalten hatte“, schloß er im Gespräch mit der FURCHE jede Anpassungsautomatik aus. Und was die Gesamtbelastung betreffe, halte er eine Verminderung angesichts der prekären Budgetlage auf Jahre hinaus für ausgeschlossen.
In dieser Absage liegt eine weitere Hoffnung für die Zukunft: Sie müßte die Volkspartei nun provozieren, konkret aufzuzeigen, wie der Staat mit weniger Geld gleich viel zu leisten imstande ist.
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