6593341-1952_41_03.jpg
Digital In Arbeit

eine ernste Gewissensverantwortung,

Werbung
Werbung
Werbung

die es zur Pflicht macht, die menschlichen Rechte des Arbeiters, die er unabdingbar in das Arbeitsverhältnis mitbringt, zur möglichst vollen Geltung zu bringen. Es wurde darauf hingewiesen, daß trotz aller Enttäuschungen immerwiederneue Versuche nötig sein werden, das weithin nicht vorhandene Interesse am Betrieb und an einer Mitverantwortung zu wecken. Selbstverständlich müssen dabei neben den menschlichen Erfolgen auch wirtschaftliche Vorteile für den Arbeitnehmer sichtbar werden. Aber dort, wo der Arbeitgeber auf dem Standpunkt stünde, daß der, der die besseren Nerven oder den längeren Atem hat, sich durchsetzen wird, kann nie die soziale Initiative erwartet werden, die imstande ist, die diesbezüglichen — zum Teil schon in der österreichischen Gesetzgebung vorhandenen — Anregungen und Möglichkeiten im Interesse de sozialen Friedens zu konkretisieren. Nur genügend zahlreiche Beispiele einer sozial befriedeten betrieblichen Arbeitsgemeinschaft können den Arbeiter von der ihm eingeflößten Illusion befreien, daß er in einem Kollektiv seine menschliche und soziale Geborgenheit erhoffen dürfte. Der Erfolg-bei all diesen Bemühungen hängt primär nicht davon ab, ob der Arbeitgeber leutselig ist oder aber eine rauhe und steife Schale zeigt, überzeugend ist nur der Wille und die Tat für das menschliche und soziale Recht. Vorgegebene Beispiele, vor allem auch aus dem amerikanischen Raum, zu überprüfen, zu erproben und neue Wege zu finden, ist die Aufgabe, die von der sozialen Gerechtigkeit gestellt ist.

Als zweites großes Anliegen im Kampf gegen die Vermassung führt Pius XII. in seiner Botschaft an den österreichischen Katholikentag die Eigentumsbildung an. Daß der Zustand der Proletarie- sierung durch wachsende Verbindung des Menschen mit Eigentum nicht erbljch werde, ist ebenso Anliegen der Kirche wie ein Anliegen, das auch der der Frei-heit entfremdete Mensch versteht und bejaht. Es ist dies zugleich eine schwerere, einschneidendere Forderung als alles Rufen nach Mitbestimmung. Grundsätzlich sollte der Lohn als Entgelt für die Arbeitsleistung diese Eigentumsbildung ermöglichen. Die Versuche, Miteigentum an den Produktionsmitteln zu schaffen, sind Bemühungen auf dem Wege zum gleichen Ziel (siehe auch Qu. a. 65). Auch hierin haben Amerika und andere Länder bereits sehr beachtliche Versuche unternommen, die in Österreich bis jetzt noch keine Nachahmung gefunden haben. Freilich kann dabei ein Entschluß, Miteigeniums- rechte zu gewähren, nicht auf Grund von Rechten gefordert werden, die sich angeblich schon aus der Natur des Arbeitsvertrages ergäben. Die Gründe für eine solche freie Gewährung liegen woanders. Auch darin, daß, wer Eigentum schafft, seinen eigenen Besitz schützt.

Dem gleichen Anliegen der Vermögensbildung dienen die Bemühungen der industriellen Genossenschaften. Mögen auch hier theoretisch und praktisch — besonders für Österreich — noch große Probleme vor uns liegen, und mag auch der Anwendungsbereich aus verschiedenen Gründen relativ beschränkt sein, so wäre es doch unverantwortlich, diese versuchenden Bemühungen zu diskreditieren und die Benützung von Möglichkeiten zu verhindern. Zu den Mitteln, Eigentumsbildung zu fördern, gehören ferner auch die Schulung zu einem vernünftigen Konsum, die Überprüfung der Steuersätze und der Sozialversicherung, die Siedlungsge nossenschaften, das Wohnungseigentum usw. Wie nahe oder wie weit weg noch dieses Ziel sein mag, das alles kann nichts daran ändern, daß eine weite Vermögensund Einkommenstreuung nach wie vor zu den Grundforderungen christlicher Soziallehre gehört.

Wenn wir uns auf die sozialen Botschaften der Päpste, und da gerade auch auf die Ansprache des Heiligen Vaters an den österreichischen Katholikentag 1952 besinnen, so müssen wir den sozialen Frieden im Betrieb und die Schaffung von persönlichem Eigentum für den einzelnen und die Familie als die vordringlichen sozialen Anliegen der Katholiken Österreichs bezeichnen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung