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Teure Staatsomnipotenz

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Die Entwicklung neuer Wirtschaftsformen und die Zunahme der Staatsaufgaben haben auch in der Finanzgebarung des österreichischen Staates bedeutende Veränderungen hervorgerufen; und so wie alle österreichischen Bundesvoranschläge der Nachkriegszeit zeigt auch das Budget für 1952 die Tendenz einer starken Ausweitung. Das Bundesfinanzgesetz kommt mit seinen Zahlen der 20-Milliarden-Grenze so nahe, daß man ohne weiteres von einem 20-Milliarden-Budget für 1952 sprechen kann. Gegenüber dem vor Jahresfrist erstellten Voranschlag bedeutet dies eine Erhöhung um mehr als 50 Prozent und gegenüber den Zahlen des Bundesrechnungsabschlusses für das Jahr 1950 beinahe eine Verdoppelung.

Es ist demnach begreiflich, daß der Widerhall, den die Erstellung ' eines Staatsvoranschlags in weiten Kreisen der Öffentlichkeit heute hervorruft, nicht mehr vergleichbar ist mit dem viel geringeren Interesse, das etwa noch um die Jahrhundertwende dem Staatshaushalt von seifen der Staatsbürger entgegengebracht wurde, über die rein politische Bedeutung hinaus hat der Staatshaushalt des modernen — auch als mächtiger Wirtschaftsfaktor in Erscheinung tretenden — Staates einen der artigen Einfluß auf die gesamte Volkswirtschaft und die materielle Existenz jedes Staatsbürgers erhalten, daß seine Zahlen zum Spiegelbild des gesamten öffentlichen Lebens, zum Teil sogar zum verläßlichsten Auskunftsmittel über das Verhältnis von Staat und Gesellschaft, von Staatsgewalt und Einzelperson geworden sind. In diesem Sinne ist es eine lohnende Aufgabe, das Bundesfinanzgesetz für das Jahr 1952 einer eingehenden Würdigung zu unterziehen, um an Hand konkreter Zahlen Zustände unseres Landes aufzuzeigen, die vielfach nur als unbewiesene Schlagworte zum Repertoire politischer Propaganda gehören oder — was vielleicht noch viel schlimmer ist — einem Großteil unserer Staatsbürger noch nicht zum vollen Bewußtsein gekommen sind.

Die Aufgaben, die man dem österreichischen Staate heute zuteilt, sind um ein Vielfaches gegenüber der Zeit vor 1938 gewachsen. Preislenkung, Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit lebenswichtigen Bedarfsgütern, der Verkehr mit den Besatzungsmächten, die Durchführung des Marshall-Plans usw. stellen die Hoheitsverwaltung vor Aufgaben, die sie in früheren Zeiten der österreichischen Staatsgeschichte niemals zu erfüllen 'gezwungen war.

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