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Widerhall

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Welchen Widerhall die neue Ostpolitik der deutschen Bundesregierung in der Bevölkerung findet, untersuchte kürzlich das Institut für angewandte Sozialwissenschaft in Godesberg. Wir entnehmen die Ergebnisse dieser umfangreichen Untersuchung über die innerdeutschen Untersuchungen einer deutschen Wochenzeitung:

„Es zeigt sich, daß die große Mehrheit der Bevölkerung eine pragmatische Politik für richtig hält. Fast drei Fünftel befürworten ein Vorgehen in kleinen Schritten — im Frühjahr 1966 waren es 48 Prozent und Ende 1966 59 Prozent. Extreme Auffassungen haben wenig Anhänger. Eine Anerkennung der Ostberliner Regierung als Mittel zur Wiedervereinigung scheint nur einem Zehntel unumgänglich. Die These, die Wiedervereinigung werde schon kommen, wenn man dem Osten gegenüber nur hart bliebe, verliert immer mehr Anhänger. Zu Anfang des Jahres 1966 waren es noch 27 Prozent, zum Jahresende dann 19 Prozent. Für den Fall der Wiedervereinigung ist die Bevölkerung zu einigen Zugeständnissen bereit. Allerdings sind die Auffassungen darüber, über welche Fragen man mit dem Osten reden könne, sehr verschieden. Die Anerkennung der DDR finden 26 Prozent diskutabel (CDU/CSU-Anhänger 21 Prozent, SPD 30, FDP 32, NPD 29), eine Anerkennung der Oder-Neiße-Linie halten 34 Prozent für möglich. Hier unterscheiden sich die Anhänger der verschiedenen Parteien nur wenig; nur die FDP liegt mit 39 Prozent deutlich über dem Durchschnitt. Veränderungen in der Bundesrepublik wollen nur wenige in Kauf nehmen; elf Prozent wollen über die Stationierung russischer Truppen in Westdeutschland mit sich reden lassen, 20 Prozent über eine Verstaatlichung der Grundstoffindustrie, immerhin 37 Prozent halten eine Niederlassung der KP für möglir Die Einsicht, daß die Bundesrepublik den anderen Teil Deutschlands nicht einfach schlucken kann, ist weit verbreitet: 41 Prozent sind der Meinung daß die sozialen Reformen drüben nicht rückgängig gemacht werden sollen, für finanzielle Hilfen treten 60 Prozent ein.

Der Anteü derjenigen, die sich um die Wiedervereinigung Gedanken machen, ist seit Jahren rückläufig. Unerträglich fanden die Teilung Deutschlands Ende des Jahres 1966 nur noch 26 Prozent (Winter 64/65 noch 38 Prozent), nur 18 Prozent hätten nach eigenen Angaben ,ganz persönlich etwas davon, wenn Deutschland wiedervereinigt würde'. Die Sorge um die Wirtschaft der Bundesrepublik ist weit wichtiger geworden.“

Solche Umfragen stellen zwar nicht den Ersatz für politische Entscheidungen dar, wie der Meinungsforschung manchmal fälschlicherweise unterstellt wird, sie können und sollen in der Demokratie jedoch ein wichtiges Korrektiv und eine Legitimierung des politischen Handelns bilden.

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