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Ein offenes Herz für die Herde

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Den neuen Wiener Erzbischof gibt es mit dem Tag, an dem er-von Johannes Paul II. offiziell ernannt wurde. Mittwoch, Schlag zwölf. Daran ändert auch eine Indiskretion nichts.

Bedauerlich genug, daß es sie gegeben hat. Immerhin handelt es sich um einen Bruch der strengen Vertraulichkeit, die im Konkordat zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich vereinbart ist.

Bedauerlich erst recht, daß dies in jüngster Vergangenheit bereits zum zweiten Mal passiert ist, wodurch sich dann vormals die Ernennung justament verzögert hat.

Es geht nicht um Geheimniskrämerei, sondern um einen Staatsvertrag. Das macht die Indiskretion — mit und von der wir im innerstaatlichen Bereich schon ungeniert leben — besonders peinlich. Auch dem neuen Erzbischof von Wien wurde damit kein guter Dienst erwiesen.

Ungewöhnlich genug, daß der Betroffene seine vorgesehene Ernennung aus den Medien erfahren mußte, von kirchlichen Stellen und Amtsträgern ganz zu schweigen. Das offenbart wohl auch Schwächen des innerkirchlichen Informationsprozesses, der im Lichte solcher Erfahrungen grundlegend überdacht gehörte. Die langen Monate der Spekulationen und Gerüchte waren ja auch nicht gerade dienlich.

Für jene, die schon immer gewußt haben wollen, wer die Nachfolge von Kardinal Franz König als Oberhirte der Erzdiözese antreten wird, muß der Name Hans Groer eine besonders große Uber-raschung darstellen, auch wenn sie jetzt um Deutungen nicht verlegen sein werden, warum die Wahl des Papstes gerade auf den Benediktinerpater Groer mit dem Ordensnamen Hermann gefallen ist.

„Die Gläubigen brauchen keine Kirchenfunktionäre oder tüchtige Verwaltungsbeamte, sondern geistliche Führer und Erzieher ..

Der polnische Papst ist konsequent. Und er steht auch für apostolischen Geist aus marianischer Frömmigkeit. Für Gehorsam in der Kirche und nachkonziliare Behutsamkeit.

Der Lebehsweg von Hans Groer ist ebenso geprägt, auf die innere Erneuerung der Kirche ausgerichtet. Lebensform und Lebensauffassung werden durch sein Wirken in der Legion Mariens ebenso deutlich wie durch seinen Eintritt in den Benediktinerorden. Ein Seelsorger mit spezifischer Spiritualität.

Ein Hirte für eine Herde, in der Religiosität und Kirchlichkeit auseinanderfallen. In der Kirchenaustritte und Scheidungen zunehmen; in der Priestermangel herrscht; und in der Laien selbstbewußt an ihre Mündigkeit erinnern.

Den Seelsorger zeichnet nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch ein offenes Herz aus. Daß es weit geöffnet ist, wünschen wir dem neuen Oberhirten. Und Gottes Segen.

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