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Eine Woche Österreich

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Stephan Tull, seit 1962 ober-österreichischer SPÖ-Abge-ordneter zum Nationalrat, derzeit Obmann des parlamentarischen Finanzausschusses und Finanzsprecher der Regierungspartei im Hohen Haus, wurde vom Schiedsgericht der SPÖ Oberösterreichs am 12. Juni wegen „parteischädigenden Verhaltens” aus der Partei ausgeschlossen. Ausschlaggebend dürften aber auch private Unstimmigkeiten gewesen sein. Sollte die Bundespartei nach einer Berufung zu keiner entgegengesetzten Entscheidung gelangen, würde der Tull-Aus-schluß zur Folge haben, daß der gefeuerte Parteimann bis zum Ende der Legislaturperiode 1983 als „wilder” Abgeordneter im Nationalrat sitzt.

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Die Atomdiskussion geht munter weiter: die Initiative zur Aufhebung des Atomsperrgesetzes hat bereits die notwendigen Unterstützungsunterschriften zur Einleitung eines diesbezüglichen Volksbegehrens beisammen, die Kernkraftgegner bemühen sich noch eifrig um Unterstützung, um den Umbau Zwentendorfs in ein normales Kraftwerk zu begehren. Dabei muß man den Kernkraftbefürwortern für ein offenes Wort durchaus Anerkennung zollen: Es geht ihnen nicht nur um die Inbetriebnahme Zwentendorfs allein, sondern auch um die Nutzung der Kernenergie für mehrere Kernkraftwerke in Österreich. Unabhängig davon, ob man mit ihnen in der Sache selbst übereinstimmt, ist der Mut zu loben: auch Zwebendorf allein könnte unsere Energieprobleme nicht lösen. *

Bei den Wirtschaftsgesetzen, deren Gültigkeit mit Ende Juni befristet ist, zeichnet sich auch diesmal wieder eine Einigung in letzter Minute ab. Ob es freilich gut ist, daß die schwierige Materie jedesmal unter derartigem Zeitdruck verhandelt wird? *

Eine Steuerreform mit Jahreswechsel will die Volkspartei trotz der ablehnenden Haltung von Finanzminister Hannes Androsch im Parlament beantragen. Dabei kann es sich allerdings nur mehr um einen Demonstrationsakt handeln: Die Würfel sind bereits bei der jüngsten Budgetregierungsklausur gefallen. Gleichzeitig will die ÖVP ihren schon länger angekündigten Vorstoß für ein erstes Eigentumsbildungsgesetz starten.

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Das Leistungsbilanzdefizit

Österreichs bleibt weiterhin Sorgenkind. Heuer könnte es sich auf nicht weniger als 35 Milliarden Schilling belaufen, um rund zehn Milliarden Schilling mehr als prognostiziert. Zum Vergleich: Im Vorjahr lag es bei 17,7 Milliarden Schilling. Hier zeigt sich auch, wie kurzlebig politische Erfolgsmeldungen sein können: Daran, daß das Maßnahmenpaket, mit dem unter anderem die 30prozentige Luxusmehrwertsteuer eingeführt wurde, unter dem anspruchsvollen Titel lief, unsere Zahlungsbilanz entscheidend zu sanieren, denkt man heute kaum mehr. Anders als in früheren Jahren gesteht man aber heute freimütig ein, daß im Budget kein Spielraum zum Gegensteuern mehr vorhanden ist.

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