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Frage nach Gott nur teilweise beantwortet

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Schon auf den ersten Blick ist Hans Küngs neuestes Buch in mancher Hinsicht bemerkenswert: Auffällig zunächst, daß der Theologe den Titel nicht im sentenzenhaften Indikativ, sondern vielmehr als Frage formuliert. Der heutige, vielfach suchende Mensch, für den Kiing schreibt (S. 17-19), wird dies dankbar aufgreifen: denn das Fragezeichen ist durchaus ernstgemeint; nicht die Lösung als „Gottesbeweis“ wird dem Leser vorgesetzt, vielmehr der Weg aufgezeigt, der ihn selbst zur Antwort führt (der sich auch der Verfasser nicht entzieht, obgleich sie vielleicht angesichts der langen Argumentation sehr kurz ausfällt, (S. 767). - Zum Zweiten ist die ignatianische Widmung ,Jid maiorem Dei gloriam“ hervorzuheben, die - ernst überdacht - in sich ein gewaltiges Unterfangen darstellt. Ihr gerecht zu werden, ist Küng wohl bemüht. Erfolg in diesem Sinne (als nicht faßbare Resonanz im einzelnen Leser) könnte dem Buch entsprechen.

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Schon auf den ersten Blick ist Hans Küngs neuestes Buch in mancher Hinsicht bemerkenswert: Auffällig zunächst, daß der Theologe den Titel nicht im sentenzenhaften Indikativ, sondern vielmehr als Frage formuliert. Der heutige, vielfach suchende Mensch, für den Kiing schreibt (S. 17-19), wird dies dankbar aufgreifen: denn das Fragezeichen ist durchaus ernstgemeint; nicht die Lösung als „Gottesbeweis“ wird dem Leser vorgesetzt, vielmehr der Weg aufgezeigt, der ihn selbst zur Antwort führt (der sich auch der Verfasser nicht entzieht, obgleich sie vielleicht angesichts der langen Argumentation sehr kurz ausfällt, (S. 767). - Zum Zweiten ist die ignatianische Widmung ,Jid maiorem Dei gloriam“ hervorzuheben, die - ernst überdacht - in sich ein gewaltiges Unterfangen darstellt. Ihr gerecht zu werden, ist Küng wohl bemüht. Erfolg in diesem Sinne (als nicht faßbare Resonanz im einzelnen Leser) könnte dem Buch entsprechen.

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Die in der Theologie immer neu gestellte Frage „an sit Deus“ (Thomas v. Aquin, Summa theologica 11 q. 2) wird in außergewöhnlich umfassender Weise aufgerollt. Dabei steht nicht die strenge Argumentation im Vordergrund, vielmehr der Versuch, den Leser in das Verständnis selbst einzuführen. Küng will nicht beweisen, vielmehr erklären und einsichtig machen: Er versteht sein Buch als Weiterführung und Vertiefung von „Christ sein“ (S. 19), wobei dies eine selbstentlastende Tendenz miteinschließt (S. 877).

Um die Frage nach Gott einer Antwort zuzuführen, holt der Verfasser weit aus. In vier großen Abschnitten (A-D) führt Küng den Leser an Hand eines geistesgeschichtlichen Rückblickes durch die philosophischen Strömungen der Neuzeit bis hinein in die Gegenwart hin zu den Alternativen zwischen Bejahung der Wirklichkeit oder Nihilismus (E) und zwischen Atheismus oder Annahme der Existenz eines Gottes (F). Diese zunächst abstrakte Vorstellung Gottes als (auch von der Vernunft her vorzuziehende) Alternative, ist für den Verfasser Basis für die inhaltlich bezogene Darstellung des christlichen Gottes (G), den Küng

besonders als biblischen Gott (Gill) und als „Gott Jesu Christi“ (G/III) erschließen will.

Dem Leser, der sich an die 870 Seiten heranwagt, bieten sich als Lese- und Verständnishilfe „Zwischenbilanzen“ und Zusammenfassungen an. Der flüssige, lebendige Stü des Verfassers können das Lesen überdies erleichtern. Wer aus dem Werk allerdings nutzen ziehen möchte, hat es wohl (mit dem etwa 100 Seiten starken Anmer-kungsteü) durchzuarbeiten und wird sich angesichts der Breite der behandelten Thematik nicht leicht tun. Ob das Buch in diesem Sinne für weite Kreise die Ergänzung zu „Christ sein“ werden kann, bleibe also dahingestellt.

Das Hauptinteresse wird wohl meist (auch im Hinblick auf die vom Verfasser in diese Richtung gemachten Ankündigungen) auf dem letzten Abschnitt und der Darstellung des christlichen Gottes liegen. Sieht man davon ab, daß der Verfasser gerade hier selbst die Polemik um „Christ sein“ neu aufgreift (S. 744 und dazu Anm. 11 auf S. 855, die aus dem Rahmen fällt), ist der Abschnitt als gelungene Darstellung christlicher Theologie zu bezeichnen. Freüich wird der hier neuerdings vorgetragene Ansatz einer Christologie „von unten“ (S. 743-752) kaum den Glaubensvorstellungen aller gerecht werden können, obwohl Küng seine Aussagen doch etwas präzisiert hat. Der gegenteüige Ansatz „von oben“ ist zwar nicht direkt ausgeschlossen, was über die Präexistenz zu lesen ist (S. 746-747), wäre allerdings (trotz Berufung auf Rahner, Thüsing, Mußner und Schelkle) nochmals zu diskutieren, ebenso wie die Formulierung, daß man Jesus „das Antlitz oder Gesicht Gottes, aber auch Wort oder Sohn Gottes nennen“ kann (S. 750) -was doch eine deutliche Verkürzung darstellt (dies wird auch durch den durchaus einleuchtenden Kommentar S. 749-750 nicht überbrückt).

Trotz dieser kritischen Anmerkung sei festgehalten, daß die Lektüre des Buches eine phüosophisch-theologi-sche und auch religiöse Bereicherung sein kann. Der Leser bleibe aber (durchaus im Sinne Küngs) kritisch, er prüfe alles und nehme das für ihn Gute und im Glauben Weiterführende auf.

EXISTIERT GOTT? Antwort auf die Gottesfrage der Neuzeit, von Hans Küng, Piper-Verlag, München 1978, 878 Seiten, öS 327,60.

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