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Wie lernt man, an Gott zu glauben ?

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Nach den Schulbüchern für Philosophie und Psychologie sowie Literatur (siehe Nr. 45 und 50/1981) nun eine kritische Würdigung der Religionsbücher.

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Nach den Schulbüchern für Philosophie und Psychologie sowie Literatur (siehe Nr. 45 und 50/1981) nun eine kritische Würdigung der Religionsbücher.

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Die Frage im Titel soll darauf zurückführen, einmal — nicht aus der Sicht des Religionslehrers, des Pädagogen oder beamteten Schulbuch-Uberprüfers — grundsätzliche Überlegungen anzustellen, was ein Religionsbuch leisten soll, kann oder muß.

Ohne jetzt hier lange über Aufgaben und Inhalte des Religionsunterrichtes zu debattieren, kann vielleicht festgestellt werden: ein Schulbuch für das Fach Religion ist weniger ein Lehrbuch im enggefaßten Sinn als vielmehr ein Arbeitsbehelf, der nicht in erster Linie Fakten und Zusammenfassungen, sondern Anregungen und Denkanstöße liefert.

Das Phänomen des Glaubens, der aktiven Glaubensentscheidung kann das Religionsbuch nicht „lehren". Wichtigste Aufgabe wäre, die Jugendlichen für Fragestellungen und Problemlösungen der Glaubensentscheidung geistig vorzubereiten.

Weitgehend als Orientierungshilfe an der Schwelle zum Er-

wachsenwerden versteht sich das Buch von Johannes Parizek „Glaube gefragt", das vom Inter-diözesanen Katechetischen Fonds herausgegeben wird. In einer eher ungewöhnlichen Form von nachskizzierten Erfahrungen Heranwachsender, literarischen Zitaten, Texten und Sprichwörtern erarbeitet der Autor Basisfragen und „Schlüsselsituationen" der Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen. Dabei zeichnet sich die Darstellung durch Offenheit, kritische Einsicht auch in eigener Sache und eine lebendige Sprache aus (besonders Seite 41).

Wie der Titel des Buches in der Interpretation des Autors besagt, soll der Glaube um Antworten „gefragt" werden. Es zeigt sich hier eine neue Möglichkeit, sich dem Christentum zu nähern. Es sollen kritische Fragen an den Glauben selbst gestellt werden.

Die zu den einzelnen Kapiteln gestellten Merksätze, die Erkenntnisschritte präzisieren und knapp zusammenfassen sollen, sind allerdings manchmal eintrichternd und etwas banal. Der Anspruch, der in den Textcollagen, zitierten Reflexionen und Frageblöcken gestellt ist, wird in den teils stammbuchartigen Sprüchen (etwa S. 8, S. 12 etc.) nicht durchgehalten. Der Sache kaum angemessen sind Vergleiche wie beispielsweise S. 13 „Jeder junge Mensch kniet gespannt in den Startlöchern des Lebens" oder S. 20 von der „Menschheits-

karawane" und der Malerpalette S. 46.

Merksätze wie „Es gehört zum Stolz eines Christenlebens: Sein Leben als Grenzgänger auszuhalten, nicht von der harten Lebenswirklichkeit wegzuschauen" (S. 59) haben einen unangenehmen Beigeschmack von „Auserwähltsein".

Wert(vor)urteile, besonders in Zusammenhang mit dem öfters beschworenen „studierenden Menschen" (S. 52/53: „Was hebt Sie denn heute als Schüler einer .höheren Schule' hinaus über Ihre Klassenkollegen der Pflichtschule von einst, die jetzt in Lehrwerkstätten und Büros, in Läden und Betrieben sich bereits ihr Geld verdienen?") sind eigentlich in ei-

nem Religionsbuch, das zur Achtung vor dem Mitmenschen und christlicher Demut miterziehen soll, fehl am Platz, (vgl. S. 96: „Letzte Orientierung" nur für den gebildeten Menschen?)

Das für die 6. Klasse vorgesehene Religionsbuch von Norbert Hofer „Christus gefragt" ist im Aufbau und in der Grundintention als „Schul- und Werkbuch", das nicht „einfach einen .Lehrstoff* anbieten", sondern „für den erarbeitenden Unterricht Bild-und Textmaterial in die Hand des Schülers geben" will (S. 7), dem vorher besprochenen Band ähnlich, zu dem es eine Art Fortsetzung bildet. Schrittweise soll es an Fragen und Probleme der Heiligen Schrift, ihrer Uberlieferung, Auslegung und Bedeutung heranführen.

Die historischen Angaben, wissenschaftlichen Fakten, Glaubenssätze, Orientierungshilfen und durch Fragen initiierten Denkanstöße liefern eine Menge Informationen, bedürfen aber der Erklärungen seitens des Lehrers, da sie teilweise etwas unvermittelt und apodiktisch mitgeteilt sind. Einem ganzheitlichen Verstehen dessen, was Religion ist.

kommt die Ubersicht über die großen Weltreligionen (S. 64/65) zustatten, wie überhaupt der Autor um eine kritisch-offene und tolerante Sichtweise bemüht ist (vgl. S. 147). Auch vom optischen Eindruck her ist das Buch recht ansprechend gestaltet.

Den anspruchsvollen Titel „Unterwegs zur Freiheit" trägt der „Fortsetzungs"-Band von Stefan Blaskovic, der für die 7. Klassen der AHS vorgesehen ist. Auch hier sollen dem Schüler anhand literarischer Zitate, wissenschaftlicher Fakten und Erkenntnisse aus Philosophie, Biologie, Psychologie etc. Informationen von verschiedenen Standpunkten aus dargeboten werden. Nur ist hier der Ton der Darstellung im Vergleich zu den vorangegangenen Bänden weitaus dozierender. Die Fragen erscheinen im Hinblick auf das angestrebte Niveau zu einfach (zum Beispiel S. 17,32,74 usw.).

Stellenweise werden Formulierungen durchsichtig und lassen unterschwellig mitlaufende Wertungen und Beurteilungen erkennen, die expressis verbis nicht aktualisiert sind. Die (Gewissens-) Fragen auf Seite 76/77 sind so gestellt, daß eine negative Antwort notwendigerweise einem Werturteil gleichkommt (auch S. 63: „Sind Sie eine Persönlichkeit?"). Ähnliches gilt im weiteren Sinn auch für Passagen des Kapitels über die partnerschaftliche Ehe (etwa Gleichberechtigung der Frau, aber ihre „Berufung" nur in der Familie).

Auch bei der Darstellung wissenschaftlicher Fakten unterlaufen dem Autor manche Fehler (S. 111/112: Animus-Anima, der griechische Mythos spricht nicht von Yin und Yang). Im Kapitel „Natur-Mensch-Technik" (S. 151 ff) werden eine Reihe sehr wesentlicher Fragen (z. B. über Atomenergie) kurz angeschnitten und einfach dargestellt.

Eine eigenartige Gesinnung und Einstellung, die bedenklich stimmt, wird in den Ausführungen über den Krieg deutlich (S.

162:. „.. es muß ... der Unterschied betont werden, ob der Krieg dem Wesen der Kirche und ihrer Lehre entspricht..."). Im Abschnitt mit dem Titel „Du und der Friede" findet sich allerdings die Forderung, dem Krieg entgegenzuwirken: „... mit der Waffe in der Hand verteidigen und schützen...". (S. 163)

Das Religionsbuch, ebenfalls von Stefan Blaskovic, „Unterwegs zur Vollendung" für die 8. Klassen versteht sich, wie explizit dargelegt wird (S. 10), als „Lehrbuch", das dem Schüler „das Angebot der Religion" vorlegt: „Jesus Christus in seinem wahren Wesen kennenzulernen und den Möglichkeiten der Verwirklichung seines Menschseins in der Gesellschaft nachzuspüren."

Das Buch bietet mit philosophiegeschichtlichen Rückblicken, stark gerafften Zusammenfassungen, Bibelzitaten u. a. m. eine Fülle von Informationen. Der Autor legt eine große Zahl von Bestätigungen und Belegen vor. Es kommt dabei zuweilen zu verkürzten Skizzierungen, die mit Schlagworten vergröbernd Entwicklungen nachzuzeichnen suchen. (S. 24: Entwicklung der Naturwissenschaften)

Insgesamt erweckt die Gesamthaltung des Buches den Eindruck eines gewissen Ubereifers. Gegenstimmen werden zwar genannt, Raum für eine echte Auseinandersetzung mit ihnen bleibt jedoch keiner. Die historische Entwicklung der Kirche von der Römerzeit bis zum Konzil von Trient und von der Barockzeit bis zur Gegenwart zeichnet die Kirchengeschichte von Josef Stadl-huber (Band I in Zusammenarbeit mit Alois Beck) nach.

Die übergroße Fülle von Daten, Zahlen und Namen ist teüweise etwas verwirrend, die Zeittafeln erleichtern dafür die Ubersicht. In einem Schulbuch sollte allerdings eine einheitliche Schreibweise bei Eigennamen eingehalten werden, was hier nicht immer der Fall ist (z. B. Calvin und Kal-vin, William Occam und Wilhelm Ockham). Eine merkwürdige Formulierung findet sich in Band I, Seite 57: „Die christliche Lehre, daß jeder Mensch und natürlich auch jede Frau eine unsterbliche Seele hat..."

Ein Schulbuch sollte sich auch subjektiv gefärbter Darstellungen enthalten, wie beispielsweise der Verteidigungstendenz in den Ausführungen zum Nationalsozialismus. Humanes Verständnis und christliche Toleranz drückt sich dagegen im Abschnitt zur Missionierung in Entwicklungsländern aus (S. 135).

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