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Geschickt, aber einfallslos
Ich halte die Bekanntgabe der nach den Wahlen zu erwartenden Belastungen im Falle eines neuerlichen SPÖ- Wahlsieges für einen taktisch äußerst geschickten Schachzug der Regierung. Da ohnehin nicht mehr geheimzuhalten war, daß im Finanzministerium seit längerer Zeit alle Steuerschrauben durchgecheckt werden, ist es — vom Standpunkt der Regierung — sicher klüger die Karten auf den Tisch zu legen, als der Opposition die Gelegenheit zu bieten, die latent vorhandenen Ängste der Bevölkerung bis zu den Wahlen zu „pflegen“.
Auch wird das Belastungspaket so konzipiert sein, daß es bei den SPÖ-Kernwähler-
schichten kaum einen wahlentscheidenden Unmut aus- lösen dürfte:
Die 30-Schilling-Wohnungs- beihilfe, die für die Pensionsversicherung oder den Familienlastenausgleichsfonds zweckentfremdet werden sollen, zahlen die Unternehmen.
Die stärkere Besteuerung des 13. und 14. Gehalts wird erst bei Einkommen ansetzen, in deren Genuß trotz aller Verschiebungen der letzten Jahre mehr ÖVP- als SPÖ-Wähler kommen dürften;
Durch die Entscheidung, den Zinsenertrag von Spareinlagen, nicht aber die Guthaben selbst zu besteuern, wird die Maßnahme in Zeiten sinkender Zinsen vom sprichwörtlichen ,,kleinen Sparer“ kaum als „Sparbuchsteuer“ empfunden werden.
Am deutlichsten als zusätzliche Belastung würde vermutlich eine Erhöhung der Mehrwertsteuersätze empfunden werden. Ich persönlich glaube daher auch, daß noch am ehesten von einer Mehrwertsteuererhöhung Abstand genommen wird.
Die ÖVP ist jetzt einerseits in der angenehmen Situation, darauf hinweisen zu können, daß wirklich alles kommt, was sie vorausgesagt hat. Anderseits steht sie auch unter Zugzwang, konkret sagen zu müssen, was sie nach dem 24. April im Falle der Übernahme der Regierungsverantwortung nicht oder anders machen würde, so daß es fraglich ist, ob sie aus den angekündigten Belastungen Kapital schlagen kann. Daß es unter einer Regierung Mock keine zusätzlichen Belastungen geben würde, wird der Volkspartei jetzt kaum jemand abnehmen.
Die Chance der ÖVP liegt meiner Meinung nach in einer einfallsreicheren Sanie- rungsaltemative, die nicht nur die Einnahmenseite des Staatshaushaltes betrifft. Denn so politisch geschickt die neue ,JCarten-auf-den- Tisch“-Strategie der Regierung ist — sachlich ist sie einfallslos und höchstwahrscheinlich auch wirkungslos: Eine neue SPÖ-Regierung würde auch die zusätzlichen Einnahmen wieder sehr schnell „verputzen“ ohne daß sich an der grundsätzlichen Problemstellung etwas ändert.
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