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Gespräche und Signale

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Dem persönlichen Einsatz des Wahlkärntners Walther Nowotny und seiner Frau Liesl ist es vor allem zu danken, daß der Kärntner Schriftstellerverband heuer wieder zum Autorentreffen einladen konnte, das alljährlich - diesmal zum 18. Mal - in dem Bergdörfchen Fresach stattfindet und nun schon zur Tradition geworden ist.

Schriftsteller aus Ost und West finden sich hier zu kollegialem Gespräch zusammen, viele von ihnen sind schon zu Freunden gewor den. Dies vor allem macht den Reiz dieser Veranstaltung aus: Man reist über die verschiedensten Landesgrenzen an, freut sich, einander wiederzusehen, tauscht Erfahrungen aus, bespricht das eine oder andere Projekt, bringt inzwischen publizierte Bücher mit.

So mancher Text ist aus Fresach in ein Nachbarland mitgenommen, dort übersetzt und abgedruckt worden. Die Problematik des Übersetzens stand schon mehrfach zur Diskussion - in Fresach wird vom Brückenschlag über Grenzen hin-

weg nicht nur gesprochen, er wird praktiziert, von Autor zu Autor, damit auch von Land zu Land.

Einzelne Referate, die im Rahmen der diesjährigen Tagung gehalten wurden, als Höhepunkte hervorzuheben, wäre ungerecht, jeder der eingeladenen Referenten verstand es, mit seinem Thema zu fesseln. Glanzlichter gab es trotzdem, die erwähnt werden müssen.

So nahm der Schweizer Heinz Stalder das siebenhundertjährige Jubiläum seines Landes zum Anlaß, die Eidgenossenschaft mit kluger Ironie kritisch zu apostrophieren; Heinz Janisch aus Wien hielt ein überzeugendes Plädoyer für die von Kritikern zu Unrecht vernachlässigte Kinder- und Jugendbuchliteratur; Lukas Hammerstein aus der BRD gab ein überzeugendes Beispiel seiner literarischen Produktion, und Maria Kajtar aus Budapest bot eine komparatistische Stu die über Peter Handkes “Wunschloses Unglück“ und Pėter Esterhäzys “Hilfswerben des Herzens“.

Hans Kitzmüller aus Italien faszinierte seine Zuhörer mit einem ausgezeichneten und höchst informativen Vortrag über den wiederentdeckten (und noch gründlich wiederzuentdeckenden) , aus Görz stammenden Philosophen Carlo Michel- staedter, der sich 1910, mit nur dreiundzwanzig Jahren, das Leben nahm und auf dem verlotterten jüdischen Friedhof von Görz begraben ist:

“Er liegt auf jugoslawischem Boden in der Rozna dolina - im Rosental -, einige hundert Meter vom Grenzübergang entfernt, am Fuße des Burgberges. Dort wird kein einziges Grab gepflegt und die neue Umfriedungsmauer begrenzt einen nunmehr dreieckig gewordenen Grund zwischen einem offenen Abwässerkanal, der Autobahn und einer Straßenüberführung, die somit den vielleicht endgültigen Grundriß dieser Gottesackerruine bestimmen.“

Fresach, wie jedes Jahr, war ein Treffen schreibender Freunde, zu denen in diesem Mai neue Freunde gestoßen sind. Die Impulse, die von solchen Begegnungen ausgehen, sind vielfältig und es ist nicht nur die Literatur, die von ihnen profitiert. Gedanken, Anregungen werden über die Grenzen mitgenommen und finden ihren Niederschlag in Geschriebenem, und über das geschriebene Wort, so hoffen wir Schreibenden immerhin oftmals zu Recht, werden Menschen erreicht und berührt.

“Ich baue meinen eigenen Turm, der aus meiner Liebe zum Leben und zu den Menschen wächst“, sagte France Filipic aus Jugoslawien in einem Diskussionsbeitrag. Daß von einem solchen Turm Signale ausgehen, ist anzunehmen.

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