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Mobilisierung und Aufmarsch

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Wenn auch der offizielle Startschuß nooh nicht gefallen ist, so haben doch die Wahlmanager von ÖVP und SPÖ bereits die mehr oder weniger fertigen Konzepte in der Schublade. Nachdem der große Zampano, Bruno Kreisky, seiner Ankündigung zum Trotz, er werde Wahlen vorverlegen, wenn die Opposition einen derartigen Antrag im Parlament einbringe, sich für den 5. Oktober entschieden hat, können die Wahlstrategen nunmehr auf einen Fixpunkt hinarbeiten.

Für den SP-Werbechef BrantI steht die Marschrichtung bereits fest, denn er kann mit der Marke Kreisky unbekümmert in einen Persönlichkeitswablikampf marschieren.

Der VP-Werbestratege Steinbauer zeigt Gelassenheit. Seiner Meinung nach wird der Kanzlerbonus nicht nur infolge eines immer deutlicher werdenden Abnützungseffektes kleiner, sondern auch deshalb, weil sich der Kanzler im Wahlkampf zum „Kanzlerkandidaten“ verringert. Dennoch besteht kein Zweifel daran, daß Nationalratswahlen in zunehmendem Ausmaß zu Kanzlerwahlen werden.

Kein Wunder, wenn man in der SP darangeht, ein „Kreisky-Wahlkomitee“ zu basteln. Honorige Bürger, bevorzugterweise aus nicht- sozialistischen Kreisen (Liberale, CVer und andere Rechtskreise) sollen für den Sonnenkönig werben (während von SP-Seite gleichzeitig das Gerücht lanciert wird, daß die ÖVP ein Anti-Kreisky-Komitee im Sinn habe). Während BrantI in der Komiteefrage ausweicht, ist der VP-Werber Steinbauer präzise. An ein Kreisky-Komitee als Novität glaubt er nicht; sollte dennoch eines zustande kommen, „so wird es sich um das bekannte Komitee mit dem Sitz in der Auerspergstraße handeln,

dem wieder einmal au 90 Prozent die bereits’ bekannten Leute angehören“.

Während von der Kärntnerstraße Karl Schleimzer als seriöse, verantwortungsbewußte und stabilisieren de Kanzleralternative mit dem „besseren Programm für Österreich“ präsentiert wird, muß Kreisky, der keine Alternative mehr ist, noch einmal in eine Wahlisoblacht gehen. Die Frage ist nur, wird auch der nunmehr 64jährige (im Falle eines sozialistischen Wahlsieges) weitere vier Jahre als Kanzler durchhalten, oder wählt Herr Österreicher am 5. Oktober unbewußt bereits einen künftigen Kanzler Androsch, Gratz oder gar einen ganz anderen? Die SPÖ wird auf diese Frage noch Antwort geben müssen, denn bislang hat sie für Kreisky noch keine Nachsicht von der Altersklausel beschlossen und es steht zu erwarten,

daß sich eine starke Minderheit in der SPÖ (insbesondere der immer noch existierende Kreis um Pittermann) einer Ausnahmebestimmung widersetzen wird.

Es verwundert nicht, daß die ÖVP die Stärke ihrer Argumentation in der Sachpolitik sieht. Sicherheit, Stabilität und besseres Wirtschaften werden die Grundströmungen bilden. Während BrantI und sein Team bereits jetzt mit „Versprochen-und- gehalten“-Inseraten in den Tageszeitungen eine rosige Regierungsbilanz zu malen versuchen, werden die VP-Werbestrategen insbesondere die Versäumnisse in der Wirtschaftspolitik und deren Folgen (Inflation, Staatsfinanzen usw.) plakatieren.

Beide Wablmanager werden sich insbesondere auch auf die Fernsehwerbung konzentrieren und arbeiten derzeit sorgfältig an den Belangsendungen („mit keinem anderen Medium kann man so ein großes Publikum ansprechen“, laut Steinbauer). Was das Fernsehen betrifft, so ist Steinbauer mit dem neuen Programmschema nicht ganz zufrieden.’ Der Wegfall des „Konsuma1- tianszwamgs“ von „Zeit im Bild“ trifft, so Steinbauer, eher die Opposition, da die jeweilige Regierungspartei kraft ihrer größeren Möglichkeiten auf dem Pressesektor, unzweifelhaft den „Sohlagzeilenvor- sprung“ hat.

Überhaupt zeige sich, daß die Regierungspartei, die es zwangsläufig mit der Öffentlichkeitsarbeit leichter hat, bemüht ist, die Opposition in ihrer Publizitätsarbeit immer mehr einzuengen.

Dies könnte vielleicht für die ÖVP ein Anlaß sein, die SPÖ wieder einmal nach ihrem Demokratiever- ständnis zu fragen.

Die Abtreibungsfrage wird von Steinbauer als „kein Wahlkampf-

thema“ bezeichnet und man darf hoffen, daß dies auch für die SP gilt, obwohl es in der letzten Zeit nicht immer diesen Anschein hatte. So war Kreisky ln einer parlamentarischen Anfrage, ob das ORF- Kuratoriumsmitgtied Wotruba irgendwelchen Pressionen seitens der SPÖ ausgesetzt gewesen sei, ohne auf diese Frage konkret zu antworten, gegen die ÖVP-Bänke gerichtet der Meinung, daß er in letzter Zeit von nicht-linken Kreisen als Kindermörder bezeichnet werde.

Die politische Haut des Österreichers dürfte aber auf jeden Fall weitaus dicker sein als der Tiroler SP-Obmann Saloher jüngst vermutet hat, denn auch das nationalsozialistische Extempore Wagners wurde gut heruntergespielt. Bleibt zu hoffen, daß es ein Wahlkampf und keine Schlammschlacht wird.

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