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Wer verzeiht Boris Jelzin?
Viele, die jetzt mit dem Finger auf Boris Jelzin zeigen und rufen: Der demokratische Lack ist ab, haben vor noch nicht langer Zeit zur Unterstützung des russischen Präsidenten aufgerufen und konnten sich nicht genug tun in überschwenglichen Elogen für den Nachfolger Michail Gorbatschows. Die Furche gehörte nicht zu diesen unkritischen Kommentatoren. Diesbezüglich verhält sich der Westen - sprich: Deutschland, Frankreich, England und die USA - leider konsequent. Väterchen Boris, dem Sauna-Kollegen Helmut Kohls und guten Freund Bill Clintons, wird freie Hand gelassen in einer „inneren Angelegenheit”. Was die Vereinigten Staaten in ihrem lateinamerikanischen Hinterhof für selbstverständlich erachten, darf dem neuen Bruder in Moskau, noch dazu im eigenen Land, nicht verweigert werden.
Im August des Vorjahres lobte Jelzin noch, daß es Rußland gelungen sei, Konflikte zwischen den Völkern Rußlands zu verhindern. Er vertrat die Meinung, daß sich der gesamte Kaukasus erheben würde, sollte Rußland in Tschetschenien gegen dieses Prinzip verstoßen. „Das würde so schlimm und blutig werden, daß uns niemand verzeihen würde”, so der Präsident im Originalton.
Diese Worte hat er mittlerweile vollkommen vergessen. Getrieben von unzufriedenen Generälen, allen voran von seinem Verteidigungsminister Gratschow, hat er sich voll der Propaganda von einer Abwehr eines „Heiligen Krieges”, mit dem der Tschetschenen-Präsident Dschochar Dudajew tatsächlich mehrmals gedroht hat, sowie der „Abrechnung mit verbrecherischen Elementen und Mafiosi aus Grosny” verschrieben. Damit hat er scheinbar an Stärke und Entscheidungskraft gewonnen, zumindest in den Augeji derer, die, wie Jelzin seinerzeit Gorbatschow, nun ihm selbst Verrat an Rußland und Ausverkauf des Landes vorwerfen. Aber was ist mit jenen Kräften in der Armee und in der Politik, die diesen Weg nicht oder nicht mehr gehen wollen? Die Ausgrenzung von Kriegsgegnern kann nicht die Antwort auf die gespannte innenpolitische Situation im Vielvölker-reich Rußland sein. .
Vielleicht schaufelt sich Boris Jelzin mit diesem brutalen Krieg sein eigenes Grab. Der Westen schaut mit verhaltener Sympathie zu: geht es doch um „Abwehr der islamischen Gefahr und des internationalen Verbrechens”.
Osteuropa zittert. Verstehen wir jetzt, warum das ehemalige Moskauer Glacis so heftig in die NATO drängt? Sicherheit, das ist leider die Lektion aus den Kriegen in Tschetschenien und Bosnien, ist nach wie vor keine Frage von Sicherheitsräten oder Organisationen wie KSZE, sondern ein Gefühl, das am ehesten aus militärischer Stärke entsteht.
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