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Schwarzer Sonntag
Ihr Österreicher seid doch weder mit den Berlinern noch mit den Hessen richtig stammesmäßig verwandt, sondern nur mit uns Bayern. Tatsache ist aber, daß am vergangenen Sonntag bei uns in Hessen ähnlich wie kurz zuvor schon in Berlin und nun auch bei Euch in Kärnten, Salzburg und Tirol die schwarzen“ Parteien gewaltige Schlappen erlitten haben.
Bei uns ist seit Oktober 1982 eine rechtsliberale Koalition in Bonn mit dem Ziel angetreten, das sinkende Wirtschaftswachstum und die steigenden Arbeitslosenzahlen aufzuhalten, die sozialistische Schuldenpolitik zu beenden und Wohlstand wieder auf Leistung zu begründen. Heute haben wir nicht weniger Arbeitslose, aber noch mehr Schulden. Und die Leistung des kleinen Mannes lohnt sich wieder — aber nicht für ihn, sondern für die Reichen.
An unserer Bundesregierung ist viel Konservatives und Kapitalistisches zu finden, aber wenig Christliches und schon gar nichts Soziales. Steuerreform wie Krankenkassenreform und Einschränkung des sozialen Wohnungsbaus benachteiligen am meisten die Familien mit mehreren Kindern.
Zudem haben Politiker der CDU und vor allem der CSU seit Jahren die Probleme mit zweifelhaften Asylbewerbern maßlos dramatisiert. Sie haben sich gleichzeitig um die Aussiedlung für echte oder sogenannte Deutschstämmige aus dem Osten bemüht, und für die Ausreise von immer mehr Deutschen aus der DDR in die BRD gekämpft, aber ohne für humane Aufnahmebedingungen durch Wohnraum und Arbeitsplätze zu sorgen.
Gerade bei sozial Schwachen, bei schlichten Denkern und schlecht Informierten wachsen da nur Vorurteile, Ängste und Neid gegenüber den durchwegs sozial schwachen Ausländem an. Gastarbeiter und EG-Ausländer, Asylanten und Aussiedler, Wirtschaftsflüchtlinge und direkt politisch Verfolgte werden in einen Topf geworfen und pauschal abgelehnt.
Man muß schon sehr naiv sein, um wie die CDU in Hessen zu glauben, man brauche sich nur schnell an die Spitze der ausländerfeindlichen Kampagnen zu werfen. So schnell vergessen die Bürger nicht, wer die Probleme geschaffen, nicht gelöst und durch Nachlässigkeit sogar noch vergrößert hat.
Wenn man nationale und reaktionäre Parolen als richtig bestätigt, sie aber aus Rücksicht auf Reste demokratischer Seriosität nicht in die Praxis umsetzen kann, dann gehen halt faschistisch Eingestimmte nicht zum feineren Schmiedl, sondern gleich zum groben Schmied mit dem größeren Hammer.
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