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Volles Maß bei leeren Kassen?

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„Man war — der gute Glaube soll hier nicht in Zweifel gezogen werden — in der Vorstellung befangen, nach dem Maß des Menschen zu handeln und hat dabei übersehen, daß dieser Mensch bisweilen Mühe bekundet, zu erkennen, wann das Maß voll ist."

Für die Sozialpolitik meint Willy Linder, dessen Vortrag vor dem CA-Forum jetzt auch in einer kleinen Broschüre vorliegt, daß die Forderungen dementsprechend erheblich über jenes Maß hinausgegangen sind, das die Begünstigten gefordert hätten, wenn sie sich früher darüber im klaren gewesen wären, daß die Kosten auf sie zurückfallen".

Jetzt wird dies schon den meisten klar.

Sogar der Bundeskanzler spricht vom Bremsen.

Maßhalten setzt freilich Maßhaben voraus. Wenn

weiterhin das Wörtchen sozial allein Kritikverbot, Kritikverlust bedeutet, sind Milderung und Besserung noch lange nicht in Sicht.

Auch Linder macht grundsätzlich klar, daß unser ungutes Gefühl allein nicht ausreicht. Zur nötigen Ernüchterung muß nun die Analyse treten.

Nicht nur, daß Verteilungspolitik ausreichend mit der allgemeinen Wirtschaftspolitik verzahnt sein müßte, die Verteilung an und für sich muß viel mehr wirtschaftlich gestaltet werden.

Der ganze Gießkannen-Segen wäre wohl endlich zu prüfen, ob das Verhältnis von Belastung und Entlastung stimmt, ob wir uns jede Leistung leisten sollen.

Es liegt ja ein System vor uns, das wild gewachsen ist. Es wäre durchaus „öko — logisch", das System sehr gründlich zu durchforsten":

Nicht um es abzubauen, sondern um es umzubauen.

Skeptisch freilich muß man bleiben. Die Kraft des Status quo ist nämlich ungeheuer und nichts ist in Wirklichkeit schwerer als die Reform der Reform.

Einfach nur ein bißchen umzuschichten, da zu kürzen, hier zu straffen, dort ein wenig umzuschreiben, rettet diesen Sozialstaat kaum. Die Sicherung der sozialen Sicherheit müßte schon viel tiefer gehen, prinzipiellen Denkanstößen folgen.

Vor einer Wahl sind weder Mut noch Fähigkeit vorhanden, diese Arbeit zu beginnen. Vermutlich kann man sie nur leisten, wenn man gemeinsam regiert...

Die Regierten wären freilich reif dafür. Man hat ja nichts vom vollen Maß bei leeren Kassen.

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