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Vor harten Zeiten

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Das österreichweite Interesse an den Vorarlberger Gemeindewahlen konzentrierte sich auf das Bregenzer Ergebnis. Dort gelang es der SPÖ ihre 1975 eroberte knappe I9:17-Mehrheit auf ein solides 20:I6-Verhältnis auszubauen und damit die Landeshauptstadt langfristig in den Griff zu bekommen.

Die tatsächlichen Kräfteverhältnisse werden in Bregenz aber erst sichtbar, wenn man berücksichtigt, daß nun die ÖVP als einziger einigermaßen ernst zu nehmender Rivale nur noch über 12 Mandate in der Stadtvertretung verfügt und damit auch Stadträte stellt, während die Freiheitlichen von vier auf zwei Mandate im Stadtparlament dezimiert wurden. Die freie „Bregenzer Liste” blieb mit einem Achtungserfolg von zwei Sitzen deutlich hinter den Erwartungen zurück.

So weit Gemeindewahlen allgemeine Trends überhaupt zur Geltung kommen lassen, zeigten sich in Vorarlberg vor allem zwei: In Orten, wo während der vergangenen Funktionsperiode der Bürgermeister im „fliegenden Wechsel” ausgetauscht wurde, konnte der Nachfolger seiner Partei klare Gewinnebringen. In Orten, wo die überstarken ÖVP-Mehrheiten im Wahlkampf hart attackiert wurden, büßten sie zum Teil überraschend viele Stimmen und Mandate ein.

Trotz verschiedentlich starker Bewegungen kam es aber in den vier Städten und den großen Gemeinden zu keinem Umkippen der bisher bestehenden Mehrheitsverhältnisse.

Sichtbare Dauerwirkungen dieser

Gemeindewahlen werden sich also auf Verschiebungen in den Stadt- und Gemeinderäten, den Führungskollegien der Kommunen, und in der Zuteilung der Referate (wo es solche gibt und nicht der Bürgermeister die gesamte Exekutivkompetenz auf sich vereinigt) ergeben.

Hier wird sich innerhalb der nächsten Wochen (bis spätestens 17. Mai müssen die konstituierenden Sitzungen der neu gewählten Gemeindevertretungen mit der Wahl des Bürgermeisters und der Gemeinderäte stattfinden) zeigen, ob die Sieger den Sinn für Maßhalten bewahrt haben und ob die Verlierer sich nicht in Trotzreaktionen verlieren.

Viel subtilere, aber auf Dauer vielleicht tiefergehende Wirkungen werden diese Gemeindewahlen im zahlen- und prozentmäßig nicht ausdrückbaren Bereich ausüben. Da wird Für den Beobachter vor allem der „Fall Bregenz” oder besser gesagt, „Bürgermeister Fritz Mayer”, interessant sein.

Der SPÖ-Erfolg in Bregenz geht eindeutig auf das Kontodes von ihr gestellten Bürgermeisters. Nachdem er 1970 mit Hilfe der Freiheitlichen gewählt worden war, konnte er 1975 den Sprung in die knappe absolute Mehrheit schaffen. Sicher haben Autobahntrasse und andere Verkehrsfragen ebenso wie der Bau des Festspielhauses in Bregenz eine Situation geschaffen, in der für die Ortspolitik beträchtliche Teile der Bürgerschaft ihre traditionellen Partei-Prioritäten verlassen.

Ein Vergleich mit den Bregenzer Ergebnissen bei Landes- und Bundeswahlen bestätigt dies. Aber Bürgermeister Mayer konnte diese latent vorhandenen Strömungen für sich aktualisieren. Er regierte nicht nur mit harter Hand, sondern quetschte mit der dauernden Alternativfrage „Wollt Ihr Bregenz oder nicht?” auch seine Ministerparteifreunde in Wien aus wie Zitronen und erreichte damit viel für die Stadt. Nun haben sie Bregenz und nun werden die Genossen in vielen anderen Städten nicht mehr länger zurückstehen wollen.

Aber auch die zweite Funktion des Bregenzer Bürgermeisters, nämlich die Funktion des Landesobmannes der SPÖ, wird jetzt, da Bregenz abgesichert ist, nicht leichter werden. Ausgleichende Kulanz zählt nicht gerade zu den hervorstechendsten Eigenschaften des „Machers Mayer”, aber er wird sie künftig als Parteiobmann mehr brauchen als bisher.

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