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Wenn Dornbirn zur Landeshauptstadt würde

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Im Bregenzer Landhaus stehen die Zeichen auf Sturm: Während die ÖVP-dominierte Landesregierung - nicht zuletzt aus Prestigegründen - bemüht ist, ein neues modernes Landhaus aus dem Boden zu stampfen und dafür die Baugenehmigung vom Magistrat Bregenz zu bekommen, legt sich der Bregenzer Bürgermeister und frischgebackene SP-Landesobmann Fritz Mayer quer: Mit dem Hinweis auf die geplante, angeblich nicht vorschriftsmäßige Ölheizung lehnt er die Baugenehmigung ab. Nun hat der ÖVP-Bürgermeister von Dornbirn, Karl Bohle, der Landesregierung das Angebot gemacht, mit dem Landhaus nach Dornbirn zu kommen.

Die Vorarlberger Landesregierung, in der die Sozialisten bekanntlich nicht vertreten sind, plant seit einiger Zeit die Errichtung eines neuen Landhauses, da das bisherige, in der Bregenzer Montfortstraße gelegene in keiner Weise mehr den Anforderungen entspricht und angeblich vom Arbeitsinspektorat als gewerblicher Betrieb gar nicht mehr zugelassen würde. Zudem sind die Ämter auf zwei gleichermaßen unpraktische wie häßliche Gebäude und einige Dependancen verteüt.

Für den Neubau im Bregenzer Stadtzentrum hat die Landesregierung ein geräumiges Gelände an der Arlbergstraße ausersehen, auf dem das neue Landhaus bergwärts gestaffelt bis hinauf zum Landesarchiv angelegt werden könnte. Aber Bürgermeister Fritz Mayer lehnte das Projekt bisher mit der Begründung ab, es müßte eine andere Heizung als die geplante Ölheizung eingebaut werden, daneben wartet er aber noch mit einem ganzen Katalog verschiedener Mängel auf. SP-Landeschef Mayer steuert einen harten Kurs.

Obwohl Dornbirns Bürgermeister Karl Bohle, in dessen Kommune die Volkspartei über eine fast 70prozen- tige solide Mehrheit verfügt, für das Unternehmen „Landhaus nach Dom- bim,’ einen geeigneten Baugrund sofort zur Verfügung zu stellen und auch sonst keine Schwierigkeiten zu machen bereit ist, dürfte sein Wunsch kaum in Erfüllung gehen: Die Landes verfassung müßte geändert und Dornbirn zur Landeshauptstadt erklärt werden. Die dafür erforderliche Zweidrittelmehrheit wird die ÖVP wohl kaum bekommen. Schon im Jahre 1945 haben übrigens Besatzungsmacht und Widerstandsbewegung Bregenz als Landeshauptstadt zu entthronen versucht (zugunsten von Feldkirch), was aber am erbitterten Widerstand des Vorsitzenden des provisorischen Landesausschusses, Ulrich Ilg, scheiterte.

Die Ankündigung der Jungen ÖVP Vorarlbergs, Finanzämter zu besetzen und ein „zweites Fussach“ heraufzubeschwören, um ihrem Unmut über die Steuer- und Gebührenlawine ein Ventil zu schaffen, hat eine weitere Verschärfung der Gegensätze bewirkt. Wenngleich die Sozialisten auch nicht immer geschickt so gut wie alle Maßnahmen ihrer Bundesregierung decken, so ist die Drohung der Jungschwarzen mit einem „zweiten Fussach“ alles andere als klug. Das erste Fussach war zwar ein voller Erfolg der Demonstranten, ging aber mit Gesetzwidrigkeiten einher, die vom rechtsstaatlichen Standpunkt kaum noch vertretbar waren. Landeshauptmann Kessler distanzierte sich denn auch recht eilig von allen Maßnahmen, die den Gesetzen zuwiderlaufen könnten.

Aber auch im Landtag selbst sind Krachszenen immer häufiger an der Tagesordnung. Erstmals seit Kriegsende kam es jüngst zu saftigen Ehrenbeleidigungen zwischen Vertretern aller drei Parteien, die nur noch ein entschiedener Landtagspräsident Martin Purtscher mit dem Hinweis auf die Würde des Landtages in die Schranken weisen konnte. Die Sozialisten sind überdies interessiert, den Landtag aus seinem Schattendasein, das er zugunsten der Landesregierung führt, in der alle wichtigen Entscheidungen auch ohne SPÖ fallen, zu reißen. Eine Entschließung der Sozialisten will den Landtag aufgewertet wissen, um die Auseinandersetzungen SPÖ/Landes- regierung besser ins Blickfeld zu rük- ken.

‘ Der politische Weihnachtsfriede ist heuer im „Ländle“ ausgeblieben.

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