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Währungspolitisches Memento

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Die Österreichische Nationalbank und ihr Präsident, Bundesminister a. D. Dr. Wolfgang Schmitz, konnten ihrem langjährigen Präsidenten, Minister a. D. Professor Dr. Reinhard Karnitz, kein nobleres und seinem Rang als Wirtschaftspolitiker und Wirtschaftswissenschaftler adäquateres Präsent zum 65. Geburtstag machen als eine Ehrengabe, die weit mehr ist als eine der landläufigen Festschriften. Es liegt vielmehr ein inhaltsschweres Kompendium der Grundprobleme nicht nur der modernen Weltwirtschaft, sondern auch der Völkergemeinschaft im letzten Drittel dieses Jahrhunderts vor.

Bewußt sei darauf verzichtet, einzelne Autoren herauszuheben, handelt es sich doch bei jenen, die freudig und mit starker persönlicher Profllierung Beiträge zur Verfügung gestellt haben, um die Elite der Wirtschafts- und Währungspolitiker der westlichen Welt. Die Österreichische Nationalbank pflegt seit Jahren intensiv auch die Verbindung zu den Notenbanken im Osten und Südosten Europas, und es entspricht der verbindenden Tendenz Österreichs, daß auch Notenbankleiter östlicher Nachbarstaaten zu Wort kommen.

Das internationale Währungssystem ist von einer Desintegration bedroht, die, wenn sie weiter anhalten sollte, auch für den Welthandel nicht ohne Folgen bleiben kann. Dennoch ist die Ordnung, die 1944 in Bretton Woods eingerichtet wurde, weit besser als ihr Ruf, wie das jüngst einer der maßgebenden internationalen Fachpublizisten festgestellt hat. Denn nicht das System ist falsch, es wurde vielmehr durch Nichteinhaltung der Spielregeln und durch Sünden wider die Gesetze der ökonomischen Vernunft und vor allem der ökonomischen Disziplin aus dem Gleichgewicht gebracht.

Reinhard Karnitz, der die Szene glücklicherweise wieder als interessierter Beobachter verfolgt, gab mit seiner Arbeit als Finanzminister und Notenbankpräsident auch ein immer aktuelles Memento. Denn ohne seinen und seiner Gesinnungsgenossen zähen Kampf um Konvertibilität der Währungen, Multilaterismus im Außenhandel und vor allem wirtschaftliche Freiheit in Ordnung stünde die Welt anders da als heute. Wohlstand, soziale Sicherheit, Fortkommenschancen für jeden — dort sind sie begründet. In Verstößen gegen diese Grundsätze liegt auch die Gefährdung des einzelnen.

Es liegt auf der Linie der Wirtschafts- und Gesellschaftspbiloso-phie von Reinhard Karnitz, daß eine Reihe von Autoren sich nicht nur mit den Kernproblemen der Währungsordnung befaßt, sondern die Sonde tiefer einführt, um die Bedrohung der Freiheit der Persönlichkeit in dieser Zeit auszuloten. Denn Karnitz war nie ein Wirtschafts- und Währungspolitiker, der fasziniert bloß an der Veränderung statistischer Daten hing und einen Wachstumsfetischismus pflegte, für ihn war die Wirtschaftspolitik primär eine geistige Aufgabe, eine Verantwortung für das Gemeinwohl.

CONVERTIBILITY, MULTILATERALEM AND FREEDOM. World Economic Policy in the Seventies. Essays in Honour of Reinhard Karnitz. Edited by Wo If g ang Schmitz. With 1 Portrait. XVI, 426 pages. 8vo. 1912. Cloth S 442.—.

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