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Wettbewerb der Ideen für Wien
Am 4. Oktober wählt das Burgenland. Am 8. November wählt Wien. Knapp neun Monate nach dem turbulenten Wahljahr 1986 (mit der Kür des Bundespräsidenten sowie der Abgeordneten, zum Nationalrat) beginnt der Reigen der regionalen Urnengänge.
Der österreichische Wähler hat in den letzten Jahren zunehmend unter Beweis gestellt, daß er bei seiner Stimmabgabe sehr wohl zu differenzieren versteht. Die alten Lagerbindungen brechen auf. Immer weniger Bürger lassen sich in die Rolle des Stimmviehs drängen.
Diesen Bewußtseinswandel haben auch die Wiener Sozialisten zur Kenntnis nehmen müssen. Als sie die Landtagswahl des Jahres 1983 an den Termin der fälligen Nationalratswahl koppelten, rechneten sie nicht zuletzt mit der Wahllokomotive Bruno Kreisky.
Die Rechnung ist nicht aufgegangen.
Bei den Rathaussozialisten gab's nach Auszählung der Stimmzettel lange Gesichter: ihr Landtagswahlergebnis lag noch unter ihrem Stimmenanteil bei der Nationalratswahl.
So gesehen sind alle Spekulationen über den Testwahlcharakter der Wiener Landtagswahl 1987 für die Bundespolitik bloß ein Scheingefecht. Das gilt gleichermaßen für die Parteien wie für die Personen.
Erhard Busek zum Beispiel ist nach dem 9. November eine genauso gute oder eine genauso schlechte personalpolitische Option für die Führungsfunktion in der Bundes-ÖVP.
Bei der Wiener Gemeinderatswahl geht's diesmal um mehr.
Die großen Infrastrukturprojekte, die in den sechziger und siebziger Jahren in Angriff genommen wurden - Stadtranderschließung, U-Bahn-Bau, Hochwasserschutz, Neubau des Allgemeinen Krankenhauses und so weiter —, sind weitgehend abgeschlossen oder stehen vor der Fertigstellung.
Jetzt braucht die Bundeshauptstadt Visionen — von mehr Bürgerbeteiligung an der Stadtpolitik bis zu einem neuen Lebensgefühl der Menschen in einer Millio-nenmetropole.
Der Vorteil solcher Anstrengungen: sie benötigen keine Milliardeninvestitionen, sondern bloß Ideen. Auf einen solchen Ideenwettstreit sollten sich die Wiener Wahlkämpfer zuallererst einlassen.
Die Wiener Sozialisten haben in den letzten Jahren Lernfähigkeit gezeigt. Auch wenn sie dabei in weiten Bereichen den Initiativen und Ideen der ÖVP-Opposition gefolgt sind.
Dem Wiener Wähler stellt sich daher am zweiten Sonntag im November jedenfalls auch die Frage, ob Buseks Volkspartei als Regierungspartei nicht noch mehr erreichen kann. In der Oppositionsrolle hat sie die Bürgermeisterpartei rund um Helmut Zilk bereits gehörig unter Druck gesetzt.
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