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Aus dem Gebiet der Medizin
Die kranke Frau. Von Ludwig Kraul. In: Heilkunde für alle. Herausgegeben von Hugo Glaser. Verlag Hölder-Pichler-Tempsky, Wien. 94 Seiten. 16 Abbildungen. Preis 11 S.
Auch für den Fachgelehrten gibt es kaum eine schwierigere Aufgabe als eine populäre Darstellung aus dem Gebiete seiner Wissenschaft. Man muß anerkennen, daß Kraul diese Aufgabe ausgezeichnet gelöst hat: Er hat sein Fachgebiet leichtfaßlich dargestellt, ohne zu verflachen. Nachdrücklich wendet er sich gegen die allgemein grassierende Krebsangst, die fast zur Psychose wird. Die physiologischen Funktionen der weiblichen Fortpflanzungsorgane werden gut dargestellt. Nicht unterschreiben würde Referent die Formulierung des Verfassers auf Seite sieben, daß „der Eierstock das Sinnbild des ewigen Lebens“ sei. Hierin liegt eine biologistische Auffassung, die aus der Anwendung der „Keimbahn-Theorie“ auf den Menschen resultiert. Gleichfalls bedürfte der nötigen Einschränkung und Unterscheidung die These auf Seite 71: „Die Empfängnisverhütung und Sterilisierung der Frau kann in Fällen schwerer Erkrankung empfehlenswert erscheinen. Es ist Sache der ärztlichen Sprechstunde, über sie zu beraten.“ Dieser Satz darf nicht als unterschiedslose Empfehlung empfängnisverhütender Mittel interpretiert werden. Eine bessere Formulierung ist notwendig.
Der Erstgeborene. Ein Bild des Menschen. Von Herbert Fritsche. Ernst-Klett- Verlag, Stuttgart. 254 Seiten.
Das Buch ist zweifellos ein höchst beachtenswerter Beitrag zu einer universalistischen Anthropologie. Es bemüht sich in anerkennenswerter Weise, sich von der bisherigen mechanistischmaterialistischen Betrachtungsweise freizumachen, was dem Verfasser allerdings dem Evolutionismus gegenüber nicht recht gelingt. Das Buch zeigt aber auch, daß Universalismus allein nicht genügt und die exakte Tatsachenforschung des Positivismus nicht überflüssig macht, sondern vielmehr gediegene positive Sachkenntnis voraussetzt, wenn Universalismus nicht in nebu-lose Spekulation führen soll.
Wenn auch der Verfasser an einer Stelle (p. 105) das scholastische Prinzip „anima forma corporis“ ausdrücklich anerkennt, so schreibt er an zahlreichen anderen Stellen grundlegende Erkenntnisse der Scholastik wie z. B. die Lehre „homo mikrokosmos“ (p. 35, 201) dem Anti-scholastiker Paracelsus zu, dertheosophischer Gnostiker war; wie überhaupt die geistige Grundeinstellung des Verfassers unzweifelhaft die der Anthroposophie ist, mit welcher er die trichotomistische Unterscheidung zwischen „Leib, Seele und Geist“ aufrechterhält und die Lehre vom Aetherleib und Astralleib teilt. Ungeachtet dieser grundsätzlichen Irrtümer enthält das Buch sehr tiefe und zum Teil sogar hervorragende Gedanken über die einzigartige Stellung des Menschen in der Natur und seinen ihn über das Tierreich weit hinaushebenden Bauplan. Das Schlußkapitel „Das Sterben“ enthält tiefe und schöne Gedanken über den Tod des Menschen, die einer universalistischen Thana-tologie nahe verwandt sind.
Ermüdung, ihre Erscheinungsformen und Verhütung. Beiträge zur neueren Ermüdungsforschung. Teil l. Von Bornemann. Verlag Psychotechnisches Institut, Wien. 78 Seiten.
Das Problem der Ermüdung ist eines der grundlegendsten in der Arbeitsphysiologie und der Arbeitsmedizin; darauf bemiht seine Bedeutung für die Sozialhygiene. Das vorliegende Werk besteht aus einer Reihe von Einzelbeiträgen: Bornemann berichtet über die neuere Entwicklung der Ermüdungsforschung, S t e n d e r-h o f über die Ermüdung und Erholung auf Grund klinischer Erfahrung; Prof E. A. Müller vom Max-Planck-Institut für Arbeitsphysiologie in Dortmund über Beurteilung der beruflichen Ermüdung und Erholung in der Arbeitsphysiologie; Prof. Jores, Hamburg, über Ermüdung als klinisches Symptom, Prof. W ö h 1 i s c h, Würzburg, über Schlaf und Erholung; Dozent Bornemann, Münster,' über Probleme der psychologischen Ermüdungsforschung; Prof. von Bracken, Braunschweig, über die Psychopathologie der Ermüdung; Prof. J. H. Schultz, Berlin, über Neurose, Ermüdung und Schlaf.
Wenn Referent zu den angeführten Themen aus eigener Erfahrung etwas bemerken kann, so betrifft dies nur die beiden Beiträge von W ö h-lisch und J. H. Schultz über den Schlaf: Keiner der beiden Autoren hat den konstitutionellen Unterschied in den beiden Hauptschlaftypen und die Unterschiede in der Kurve der Schlaftiefe, ihres Maximums und Minimums bei den beiden Typen erwähnt, die ihrerseits zwei Grundtypen des individuellen Lebensrhythmus darstellen. Die Bedeutung dieser beiden Typen (matinale und noktuale Menschen) wird bisher noch nicht genügend gewürdigt. — Vom Standpunkt der Sozialhygiene ist das Werk als Ganzes sehr bedeutsam.
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