6745132-1967_05_11.jpg
Digital In Arbeit

Zur Soziologie des Betriebes

Werbung
Werbung
Werbung

INDUSTRIESOZIOLOGIE I, Vorläufer und Frühzeit (Soziologische Texte 1) Herausgeber Friedrich Fürstenberg. Hermann-Luchterhand-Verlag GmbH., Neuwied/Rh., 1966. 368 Seiten, DM 38.— (Studienausgabe DM 14.—).

Die wachsende Bedeutung der ökonomischen Soziologie, deren Ergebnisse in erster Linie von der Nationalökonomie verwertet werden, ist vor allem im Anstieg der Betriebssoziologie ausgewiesen, die, so weit sie mit dem Fabriksbetrieb befaßt ist, als Industriesoziologie genannt wird.

Der Herausgeber des vorliegenden Buches, der dieses nunmehr bereits in einer zweiten Auflage vorlegt, führt uns in seiner Einleitung nicht nur in die Problemgeschichte ein, sondern vermittelt auch einen ausgezeichneten Uberblick über die Dogmengeschichte der Betriebssozio-logie. Hinsichtlich der vorgelegten Texte spricht der Herausgeber mit Recht von „Vorläufern“ und unter Bedachtnahme auf die Autoren des 20. Jahrhunderts von einer „Frühzeit“. So umfangreich und wesentlich auch die vom Standpunkt der Betriebssoziologie verwertbaren Unterlagen des Buches sind, sie stellen noch keine soziologischen Untersuchungen dar, sondern sind entweder Sozial- beziehungsweise Industriegeschichte, Sozialphilosophie oder Zustandsschilderungen im Bereich einer Kleinregion. Bestenfalls handelt es sich um Sozialpsychologie. Eine Ausnahme bilden die Arbeiten von Max Weber und Götz Briefs. Das soll beileibe keine Wertung sein, sondern eine Gegenstandszuweisung.

Von Andrew Ure wird eine Untersuchung über die soziale Relevanz der Arbeitsteilung vorgelegt, von Max Weber eine Analyse über die Arbeitszurückhaltung („Zur Psy-chophysik der industriellen Arbeit“). Sehr beachtenswert ist die arbeitswissenschaftliche Monographie von Wladimir Eliasberg über die „Psy-chotechnik und die Motivationsstufen der Arbeit“, während die dem Publikationsdatum jüngste der veröffentlichten Arbeiten von Götz Briefs stammt, der uns über die Hierarchie im Betrieb und das Phänomen der Führung unterrichtet. Ein Schüler von Briefs (Walter Jost) schreibt über die horizontale Kooperation im Betrieb und leitet auf diese Weise thematisch über zu dem was Fritz Roethlisberger über das Hawthorne-Experiment der Expertengruppe Elton Mayos zu berichten weiß, den wohl bedeutsamsten Versuch dieses Jahrhunderts, die letzten Ursachen von Leistungssteigerung und Leistungsvorenthalt zu ergründen. Alphons Thun legt eine sozialgeschichtliche Untersuchung über die Arbeitsverhältnisse im Aachener Bezirk vor, Hilde Weiss interpretiert eine wenig bekannte Arbeiteruntersuchung von Karl Marx („Enquete Ouvriere“). Die Begründer der theoretischen Sozialpolitik in England, Beotrice und Sidney Webb, schildern die Voraussetzungen des Aufwuchses der englischen Gewerkschaften („Gewerkvereine“). Von Gerhart Schulze-Gävernitz und Maria Bernay stammen Studien über die Auswirkungen der Industrialisierung auf die Industriearbeiter. Aus der berühmten „Werkstattaussiedlung“ Eugen

Rosenstocks wird ein Kapitel über die soziale Betriebsgestaltung veröffentlicht, von Theodor Geiger eine ebenso ressentimentgeladene wie kluge Untersuchung der dem Autor irreparabel scheinenden Konfliktsituationen im modernen (kapitalistischen) Betrieb. In einer interessanten Weise schildert Kurt Brigl-Mathiass die Position des Betriebsrates. Schließlich werden von Robert von Mohl, Gustav Schmoller und Carl Landauer Arbeiten veröffentlicht, die sich mit der Beziehung von Industrialisierung und Gesellschaft befassen. Das ausgezeichnet zusammengestellte und kommentierte Sammelwerk läßt hoffen, daß uns der Verfasser in Bälde einen zweiten Teil vorlegt, der uns einen Einblick in die Werke moderner Autoren vermittelt.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung