Ein Land am Rande der Welt

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Die Welt ordnet sich neu, aber Österreich ist nicht dabei. Es fehlt hierorts an einem Denken und an einem Handeln in politischen Strategien, die zeigen, was die große Welt befruchten könnte, würde sie das, was in der kleinen keimt, als Saatgut nutzen.

Was abstrakt klingt, ist konkret. Das Konkrete sind die ergebnislos gebliebenen Anstrengungen von Ursula Plassnik und von Franz Fischler, in der OSZE und in der FAO mit jenen Spitzenpositionen betraut zu werden, denen sie als Persönlichkeit in ihren Fähigkeiten und in der Bereitschaft zur Verantwortung gewachsen wären. Es ist ein Debakel. Dieses hat seine Ursachen nicht nur in den Umständen, dass die Großen groß und die Kleinen klein sind, dass weiters ein jeglicher Staat Interessen verfolgt, die mehr seinen subjektiven Notwendigkeiten denn objektiven Normen folgen. Nein, die Ursachen liegen in Österreich.

Wir spielen keine Rolle

Knapp einhundert Jahre nach dem Untergang des großen Österreich, das nicht nur stupide Macht, sondern auch eine Vorstellung von wohl geordneten Verhältnissen war, steht unser kleiner Staat vor der Marginalisierung, ja der Exklusion im Konzert der Welt. Um im Bild zu bleiben: Wir, die Republik Österreich, spielen nicht nur nicht die zweite oder sonst eine nachgeordnete Geige in der Tutti-Gruppe, es ist schlimmer: Wir haben kein Instrument zur Hand, mittels dessen wir im Orchester einen Anspruch auf Platz und Mitwirkung sowie Gehör des Publikums hätten. Es ist erbärmlich.

Man nehme nur die FAO, die Organisation für Ernährung der Vereinten Nationen. Zugegeben: Die Europäer hatten einen Österreicher und einen Spanier ins Rennen gelassen. In der globalisierten Welt der Vereinten Nationen wurde daher gerätselt, was denn die in einer angeblichen Union zusammengeschlossenen Kleinstaaten der eurasischen Halbinsel wirklich wollten. Der anderen Kontinente Verwirrung war perfekt, als Frankreich dann Brasilien Unterstützung für dessen FAO-Kandidaten zusagte, um solcherart die eigene Kandidatin auf den IWF-Chefsessel hieven zu lassen.

In diesem global angelegten politischen Tauschgeschäft wurde Franz Fischler, entwürdigend genug, zum Zählkandidaten. Natürlich beschieden ihm alle seine Gesprächspartner, fachlich und persönlich bestens geeignet zu sein. Das wurde ja auch Plassnik versichert. Aber die Lage der Interessen und des Politischen gebiete ein Abstimmungsverhalten, das dem Zustimmenden mehr an Gewinn einbrächte, als einen Österreicher auf einem internationalen Posten platziert zu haben.

Wir haben keine Rolle

Das Ende der Bipolarität und der Blöcke war strukturbedingt das Ende der Blockfreien und der Neutralen. Diese, allen voran Österreich, suchten ihre neue Rolle in der Mitgliedschaft der Europäischen Union. Teils sind sie, auch Österreich, dort noch immer nicht ganz angekommen. Teils fehlt es dieser Union an schlüssiger politischer Strategie in internationalen Angelegenheiten. Wo bleibt Österreich? Oder andersrum: Wie wirkt Österreich von außen betrachtet?

Der Staat kürzt die Gelder für Entwicklungszusammenarbeit! Da darf man sich nicht erwarten, ausgerechnet in der FAO einen Chefposten zu ergattern. Dieses Land kürzt weiters die Mittel für das Militär. In einer Welt voll von nötigen Friedensmissionen erntet man dafür Missfallen. Dieses Land wehrt sich gegen Nukleartechnologie, gegen Gentechnik, legt unterdotierter Forschung etwa in der Biomedizin noch Ketten an, verliert mit letzten Militärmaschinen den Anschluss an die Spitze in der Luftfahrtechnik. Und so weiter.

Wir spielen keine Rolle, weil wir keine haben. Weil eine selbstbezogene, von engstirnigen Boulevardmedien getriebene Regierungspolitik Österreich aus dem internationalen Rennen genommen hat. Die heimischeWirtschaft verhält sich anders. Sie hat sich von der Politik entkoppelt - und ist erfolgreich. Ein Lehrstück.

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