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Reform ist zuwenig weitgehend
Kritik an der Reform kommt vom Verfassungsrechtler Peter Pernthaler: der Föderalismus dürfe nicht im Verwaltungsbereich stecken bleiben.
Kritik an der Reform kommt vom Verfassungsrechtler Peter Pernthaler: der Föderalismus dürfe nicht im Verwaltungsbereich stecken bleiben.
Ich bin skeptisch, was die Ver-wirkhchung des Föderahs-musgedankens in der Bundesstaatsreform betrifft!" - Peter Pernthaler, Verfassungsrechtler an der Innsbrucker Universität und Direktor des Instituts für Föderalismusforschung, kritisiert im FURCIIE-Gespräch, daß die gegenwärtige Reform „fast ausschließlich den Vollzugsbereich betrifft. Das ist zuwenig: notwendig wäre eine Aufwertung der Landesparlamente." Derzeit sei lediglich eine Aufwertung der Landtage bei den Kontrollrechten für den Bereich der ehemaligen mittelbaren Bundesverwaltung geplant.
Pernthaler bemängelt vor allem, „daß man über eine Neuordnung der Kompetenzverteilung in der Ge-
setzgebung nicht einmal diskutiert hat’. Vorstellbar wäre etwa eine Übertragung von Kultur-Kompetenzen (Schul- und Erziehungswesen, Museen, Medien) vom Bund an die Länder gewesen.
Grundsätzlich bleibe die derzeitige Reform im Detailbereich stecken, kritisiert der Föderalismus-Experte: „Ich habe eine ganz andere Vorstellung der Aufteilung von Zuständigkeiten. Das Konzept einer starren Kompetenzverteilung ist eigentlich überholt. Eigentlich müßte es für alle Sachthemen ein Zusammenspiel von allen Ebenen geben ~ die kommunale, die regionale und die Bun-destaats-Ebene." Eine derartige vertikale Kompetenzverteilung wäre im Gesundheitsbereich ebenso vorstellbar - und notwendig - wie im Sozial, Umwelt- oder Sicherheitsbereich.
Kritik übt der Verfassungsjurist auch daran, daß zwar die Kompetenzen der Länder, nicht aber jene der Konununen gestärkt werden: „Die Gemeinden sind zu kurz gekommen. Der Föderalismusgedanke sollte sich bis hin zu den kleinsten Einheiten fortsetzen. Und wenn einzelne
Klein-Gemeinden nicht in der Lage sind, gevnsse Aufgaben alleine zu lösen, dann könnte man diese Gemeindeverbänden übertragen."
Sorge bereitet Pernthaler die Entwicklung, daß die „Föderalisierung", also die Übertragung von Kompetenzen auf kleinere Ebenen, zusehends nur den Vollzug betrifft, nicht aber die Grundsatzentscheidungen: „Das ist in der EU genauso zu beobachten wie in Deutschland und der Schweiz, aber auch bei der jetzigen Bundesstaatsreform in Osterreich."
Skeptisch ist Pernthaler auch, was eine Aufwertung der Landeshauptleutekonferenz durch deren Verankerung in der Bundesverfassungbetrifft: „Eine Föderalismusreform müßte mit einer Demokratiereform einhergehen. Wenn ich aber die Landehauptleute stärke, ist das ein Schritt in Richtung Regierungsdemokratie, vergleichbar etwa mit den EU-Strukturen, wo ja auch der Ministerrat das höchste Gremium ist."
Wenig kann Pernthaler daher auch der Einführung einer Landeshauptleute-Direktwahl abgewinnen. Stattdessen empfiehlt er eine Aufwertung des Bundesrates: „Dieser müßte aus dem Griff der Parteien befreit werden. Denn wozu habe ich eine zweite Kammer im Parlament, wenn im Koahtionsübereinkommen vereinbart wird, daß die Fraktion im Bundesrat genauso abzustimmen haben wie im Nationalrat?"
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