Krammer - © Foto: Mount Sinai Healthy System

Impfexperte Florian Krammer: „Ansturm auf US-Impfzentren“

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Florian Krammer ist zuversichtlich, dass wir schon bald ins „ganz normale Leben“ zurückkehren können. Der Experte in New York über Ängste und Hoffnungen rund um die Corona-Impfung.

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Florian Krammer ist zuversichtlich, dass wir schon bald ins „ganz normale Leben“ zurückkehren können. Der Experte in New York über Ängste und Hoffnungen rund um die Corona-Impfung.

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Als Professor für Impfstoffkunde an der Icahn School of Medicine am Mount Sinai Hospital in New York ist der gebürtige Steirer Florian Krammer derzeit ein weltweit gefragter Experte. Im FURCHE-Interview beantwortet er die wichtigsten Fragen zur Corona-Impfung.

DIE FURCHE: Herr Professor Krammer, wie ist die aktuelle Corona-Situation in den USA, verglichen mit Österreich?
Florian Krammer:
Grundsätzlich gibt es noch sehr viele Infektionen und Todesfälle, aber langsam gehen die Zahlen runter. Die USA hat am Anfang viel Impfstoff gekauft und der neue Präsident Joe Biden hat gerade 200 Millionen zusätzliche Dosen ausverhandelt. Bis Ende des Sommers sollte es möglich sein, die amerikanische Bevölkerung ausreichend zu schützen. Natürlich müssen sich die Leute auch impfen lassen, aber die Impfskepsis ist hier weitaus geringer als in Europa – es gibt einen regelrechten Ansturm auf die Impfzentren. In Österreich ist die Lage aufgrund der aktuellen Lieferengpässe schlechter einzuschätzen.

DIE FURCHE: Wie sehen Sie den globalen Kampf um die Impfstoffe?
Krammer:
Die COVAX Facility für weltweiten Zugang zu Covid-Impfstoffen hat zunächst versucht, die Verteilung der Impfstoffe möglichst fair zu gestalten. In Wahrheit ist es aber wie immer unfair: Der Westen hat die RNA-Impfstoffe größtenteils aufgekauft. Die globale Versorgung wird allerdings nicht aus dem Westen, sondern aus Indien und China kommen. Das sind die Big Player mit der größten Produktionskapazität, was Impfstoffe betrifft.

DIE FURCHE: Die Corona-Impfstoffe wurden in rekordverdächtigem Tempo entwickelt. Es gibt Bedenken, dass die Sicherheitsprüfung dabei zu kurz kam. Ist das berechtigt?
Krammer:
Absolut nicht. Für die rasche Impfstoffentwicklung gibt es mehrere Gründe: Zum einen wurden klinische Phasen parallel geführt und Zulassungsanträge vorgezogen. Auch dauern übliche Entwicklungsverfahren oft deshalb so lang, weil man die Impfeffizienz erst bei vielen Krankheitsfällen errechnen kann. Im Fall der Corona-Impfstoffe gab es so viele Fälle, dass dies binnen weniger Monate möglich war. Zudem hat man schon vor der Pandemie Impfungen gegen die Corona-Viren SARS und MERS designt. Für den Covid-19-Impfstoff musste man nur die Sequenz ändern. Und der größte Faktor: unlimitiertes Funding. Es gab genug Geld, um die einzelnen klinischen Testphasen schnell auszuführen. Theoretisch könnte man auch andere Impfstoffe in diesem Tempo entwickeln, aber das ist nicht unbedingt nötig.

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