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Gottesdienst feiern ohne Priester

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Keine Sonntagsmesse wegen Priestermangels - was dann? Oberösterreichs Kirchenleitung ermutigt die Laien solcher Gemeinden zu Wortgottesdiensten.

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Keine Sonntagsmesse wegen Priestermangels - was dann? Oberösterreichs Kirchenleitung ermutigt die Laien solcher Gemeinden zu Wortgottesdiensten.

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Ideallösungen sind in der heutigen Situation bei der Lösung seelsorglicher Schwierigkeiten kaum möglich. „Theologisch verantwortbar und pastoral angemessen“ will die „Rahmenordnung“ für die „Liturgische Sonntagsfeier ohne Priester“ dennoch sein. Seit der Veröffentlichung in der Jännerausgabe des Diözesanblattes der Diözese Linz gilt sie für den Diözesanbereich verbindlich. Zwei Jahre lang wurde bei Tagungen und in Gremien darüber beraten, ehe die Liturgiekommission die Neuregelung fertig hatte.

Linz will damit keinen Sonderweg beschreiten/So wird ausdrücklich Bezug genommen auf die Richtlinien der Österreichischen Bischofskonferenz von 1984 und 1992, ebenso auf das Römische Direktorium von 1988. Und schließlich gibt es in der Erzdiözese Salzburg seit 1992 schon eine sehr ähnliche Regelung, in Feldkirch sind Überlegungen in diese Richtung im Gange.

60MAL KEIN PRIESTER AM ORT

Wo in oberösterreichischen Pfarren am Sonntag keine Eucharistiefeier möglich ist, soll „ein anderer Gottesdienst gefeiert werden, der dem Leben der Christen entspricht“. Das ist der Kernsatz der Rahmenordnung. Mit dieser Regelung wird, so sieht es Pastoralamtsleiter Willi Vieböck, auch Vorsitzender der diözesanen Liturgiekommission, Pfarrverantwort- lichen eine Last von den Schultern genommen, die immer drückender geworden ist. Erkrankte ein Pfarrer oder wollte er einen Urlaub antre- ten, mußte ein Aushilfspriester herbeigeholt werden. Und das ist beim derzeitigen Priestermangel immer schwieriger zu bewerkstelligen. Freilich: „Das Bewußtsein der Bedeutung der sonntäglichen Eucharistiefeier soll nicht schwinden“, heißt es einleitend dazu im selben Satz.

Über 60 Pfarren haben in der Diözese Linz keinen eigenen Priester am Ort. Für sie ist die Neuregelung von besonderer Wichtigkeit. Die Rahmenordnung empfiehlt den Einsatz von Gottesdienstverantwortli- chen, die sich um die verschiedenen liturgischen Dienste sorgen. Diese sollten Ansprechpersonen für Aushilfspriester sein, selbst Gottesdienste leiten oder mit Gottesdienstleitern Wortgottesdienste vorbereiten.

Die Rahmenordnung will zugleich einen Akzent der Gerechtigkeit setzen und auch kleineren Pfarren entgegenkommen. Alle Pfarrge- meinden, heißt es in der Rahmenordnung, sollten sich „bemühen, daß nicht die kleinen Pfarren allein die Last dieser Notsituation zu tragen haben“. Es sollte also „vermieden werden, daß in einzelnen Pfarren regelmäßig, in anderen hingegen sehr selten Eucharistie gefeiert wird“. Angeregtes Ideal: ein Hauptgottesdienst als Eucharistiefeier in jeder Pfarre.

VERZICHT AUF KOMMUNION?

„Die Zusammenkunft zum sonntäglichen Gemeindegottesdienst im eigenen Ort soll… Vorrang haben vor der Teilnahme an einer Eucharistiefeier in einer Nachbargemeinde.“ Dieser Satz dient nicht nur der Gewissensentlastung jener, die nach einem Wortgottesdienst meinen, zur Erfüllung der Sonntagspflicht noch in einer anderen Pfarre eine Messe besuchen zu müssen. Er drückt zugleich eine Vorentscheidung der Diözese Linz für die Erhaltung gewachsener Pfarren aus, auch wenn diese sehr klein sind. Leben und Eigenständigkeit solcher Pfarren sollen auch in Zeiten des Priestermangels nicht gefährdet sein.

Großer Wert wird in der Rahmenordnung auf die Unterscheidbarkeit eines Wortgottesdienstes von einer Eucharistiefeier gelegt. Die Frage nach der Kommunionspendung ist dabei ein Angelpunkt. Während man in anderen Diözesen die Spendung der Kommunion beim Wortgottesdienst strikt ablehnt, trifft Linz eine weichere Regelung. „Wortgottesdienste sollen nicht mit Kommunionspendung gehalten werden, wenn am selben Tag eine Meßfeier ist“, heißt es zwar einerseits. Doch etwas weiter: „Immer öfter bewußter Verzicht auf die Kom munionspendung bei gleichzeitigem Bemühen um festliche Gestaltung des Wortgottesdienstes …“ Zwischen dem in Oberösterreich besonders stark ausgeprägten Volkswunsch nach der Kommunionspendung und dem Ideal der Liturgiker mußte hier ein Kompromiß gefunden werden.

Daß Laien in Wortgottesdiensten auch predigen können, ist auch vom Kirchenrecht her möglich. Die Rahmenordnung betont dabei die Notwendigkeit einer entsprechenden Ausbildung „durch ein abgeschlossenes Theologiestudium beziehungsweise durch biblisch-theologische Kurse“.

Es werden neben Pfarrassistenten, wie sie ja bereits in die Leitungsaufgaben von Pfarren in Oberösterreich eingebunden sind, und Pastoralassi- stenten zunehmend auch Ehrenamtliche sein, die Wortgottesdienste leiten. In den letzten Jahren wurde daher das Weiterbildungsangebot für solche ehrenamtliche Mitarbeiter ausgebaut.

Willi Vieböck rechnet damit, daß die neue Rahmenordnung auch wirklich in die Praxis umgesetzt wird, angefangen bei den Gottesdiensten an Wochentagen, zunehmend mehr auch an Sonntagen.

Die von Amerika her kommende und seit kurzem auch in Österreich etablierte „Rent a priest-Bewegung“ wird in Oberösterreich skeptisch betrachtet. Nicht zuletzt Öberöster- reichs „Priester ohne Amt“ können sich diesen Weg des Leih- oder Mietpriesterwesens nicht als sinnvoll vorstellen, wie sie bei einem Zusammentreffen mit Diözesanbischof Maximilian Aichern erklärten.

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